Der erfolgreiche Mensch. (original) (raw)

Bilder des „überflüssigen“ und des „erfolgreichen“ Menschen um 1930

Monatshefte, 2017

Die unten gezeigten zwei Bilder entstammen grundunterschiedlichen Serien: Das erste Bild ist dem enzyklopädischen Werk Der erfolgreiche Mensch entnommen, einer aufwendigen dreibändigen Sammlung von Sach-und Ratgebertexten, herausgegeben von Ludwig Lewin. Das zweite Bild ist eine Aufnahme des selbsternannten ,,Arbeiterfotografen" (Ballhause 8) Walter Ballhause. Die erste Aufnahme erschien 1928, die zweite erst 1981 in der DDR-Veröffentlichung Der überflüssige Mensch, einer Gesamtschau von Ballhause-Fotos mitsamt zeitgenössischen expressionistischen Gedichten von Johannes R. Becher, von dessen Hand auch der Titel des Bandes stammt. Die Kombination Ballhause/Becher hatte offensichtlich die Funktion, den Fotografen zu adeln. Becher war bekannt als Verfasser des Textes der DDR-Nationalhymne und war von 1954 bis 1956 der erste Kulturminister der DDR. Die Buchtitel geben es bereits vor: Unterschiedlicher gerahmt könnten die affektiv geladenen Bilder nicht sein. Die erste Aufnahme funktioniert als Gegenbild einer virtuellen Serie erfolgreicher Männer. Hier ist der Arbeitslose Versager. Die zweite ist der Platzhalter einer potenziell end-und zeitlosen Serie von Aufnahmen von Opfern des politischen Systems. Um es mit Becher zu formulieren: ,,Der überflüssige Mensch, / Er weiß es nicht, / Daß er in Ü berfluß lebt / Und überflüssig ist." (Becher 11) Die beiden Bilder unterscheiden sich offensichtlich in ästhetischer Hinsicht. Das Bild aus der Erfolgsanthologie wurde in eine Serie exemplarischer Ufa-Aufnahmen 1 montiert, die, separat auf Fotoglanzpapier gedruckt (Bildtafel 221), einen Aufsatz zum Thema Wie man eine Stellung sucht und findet begleiten. Es handelt sich hierbei um einen Text des Ratgeberpioniers Gustav Großmann, der sehr erfolgreich ein patentiertes, streng rationalisiertes System für Zeit-und Selbstbeobachtung zum Zwecke der Selbstoptimierung vermarktete. Lasse sich der Angestellte auf das System Großmann ein, existiere ,,der Begriff ,Konkurrenz, schwierige Wirtschaftslage'" für ihn nicht (Großmann 81). Bei der zweiten Aufnahme handelt es sich um eines der ikonischen Bilder des "überflüssigen" und des "erfolgreichen" Menschen Abb. 1: Nicht-identifizierbare UFA-Aufnahme. Abb. 2: Mit freundlicher Genehmigung von Rolf Ballhause.

Der imperfekte Mensch

Germanistische Mitteilungen, 2014

Die Entdeckung der Langsamkeit als literarischer Entwurf einer Medienkulturanthropologie der Moderne Sten Nadolnys 1983 erschienener Roman Die Entdeckung der Langsamkeit zählt zweifelsohne zu den-auch international-erfolgreichsten Texten der deutschen Gegenwartsliteratur. Der Autor hat es nicht nur geschafft, mit seinem Werk weite Kreise der lesenden Bevölkerung zu erreichen, es ist ihm darüber hinaus auch gelungen, mit dem Titel ein mediengängiges Schlagwort zu prägen, das seinen Weg in den intellektuellen Diskurs unserer Zeit gefunden hat. An Erklärungsversuchen für die außerordentliche Resonanz, auf die der Roman gestoßen ist, fehlt es nicht. Es wurde etwa darauf hingewiesen, dass Nadolny in erzähltechnischer Hinsicht gezielt verschiedene Narrationsmuster miteinander amalgamiere und die daraus resultierenden "karnevalesken Momente" mit "postmodernen Ironiegesten" 1 anreichere, dabei aber rezipientenfreundlich an einem stabilen Protagonisten festhalte, dessen Leitbildhaftigkeit eine leichte Identifikation gestatte. 2 Was Inhalt und Thematik des Werks angeht, so hat die Forschung in erster Linie seine "sozial-und zivilisationskritische" 3 Komponente in den Blick genommen und seinen "ideologiekritischen Ansatz" 4 hervorgehoben, der letztlich ein "Normsystem" bestätige, das "zur Sicherung" des "Selbstverständnisses" "einer breiten, aus den neuen sozialen Bewegungen der späten siebziger Jahren hervorgegangenen, aka

Der vollkommene Mensch

Der vollkommene Mensch. Zur Genese eines frühchristlich-gnostischen Konzepts, 2019

Diese Arbeit beleuchtet das Motiv des vollkommenen Menschen in frühchristlich-gnostischen Schriften. Als Aus-gangs¬punkt dient das Evangelium nach Maria, das in Bezug auf den vollkommenen Menschen und das damit zusammenhängende Konzept der Selbstwerdung analysiert wird. Weitere Schriften, die in den Blick kommen, sind das Evange¬¬lium des Judas, das Apo¬kryphon des Johannes und das Evange¬lium nach Philippus. Vor dem Hintergrund der Religionsgeschichte und des Neuen Testaments wird das Konzept des vollkommenen Menschen geschärft und nach möglichen Vorstufen gefragt. Methodisch arbeitet die Studie v.a. begriffs-, traditions- und religionsgeschichtlich.

Der Mensch. Handelnd gestaltend bis in den Grund

Ist der Mensch in der Welt, so ist er als sozial verwobenes Wesen bereits in Handlungsvorgänge verstrickt. Das räumliche Dasein des Menschen zeichnet sein Bewusstsein über diese aus, womit er in der Lage ist, sein Wirken und Gestalten von Welt mitzubestimmen oder besser: selbst zu konstruieren. So wie Bewusstsein als organischer Teil des Erkenntnisprozesses zu verstehen ist, wandelt sich die Reflexionsebene hin zur Frage, ob ein Ich bereits angenommen werden muss. Dieses als Ort wie im Denken Nishida Kitarôs aufzugreifen, zeigt, wie wenig Substanz notwendig ist, um das menschliche Leben als Gestaltungsakt aufzuzeigen. Diese Betrachtung möchte strukturelle Differenzen zwischen Rombach und Nishidas Denken aufzeigen.

Der Stolz des Ausnahmemenschen

2017

Und wie ertrüge ich es Mensch zu sein, wenn der Mensch nicht auch Dichter und Räthselrather und Erlöser des Zufalls wäre?" Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra Es ist kein Geheimnis, dass meine aktive Studienzeit schon ein wenig zurückliegt; das Leben hielt andere Aufgaben bereit. Nietzsches Denken blieb mir stets ein wertvoller Begleiter: Er hat brisante Mitteilungen für die Menschen unserer Zeit, er ist aktueller denn je, seine Philosophie birgt etwas, das über unsere Zukunft entscheiden könnte. Geraume Zeit hegte ich den Verdacht, dass Nietzsches Ausnahme-Sein etwas kultivierte, das den direkten Zugang zu seiner Philosophie entsiegelt; und ein Vorgefühl davon, ganz nah davor zu stehen: Die Schleier, die mich von ihm trennten, rissen mit einem Mal im Februar 2017: Bei erneuter Lektüre seines Ecce Homo fiel mir mit ungeahnter Macht jene Einsicht über Nietzsches Philosophie zu, der jede Priorität einzuräumen war, um sie zu Papier zu bringen.-Ich gebe zu: meine klugen und stolzen schwarzgefiederten Freunde hatten keinen kleinen Anteil daran. Wiesen sie auf etwas hinaus, das Nietzsche in seiner ursprünglich-natürlichen wie in seiner nobilitierten Form der Philosophie, der Kultur, vor allem aber: dem Menschen zurückgewinnen wollte?-Kurzum: Der Access-Code zu Nietzsches Denken, Werk, Leben und Mission war entdeckt: der Instinkt. Dieser Zufall und Einfall schien es mir wert, ihn in seinen spannenden Einsichten und seiner zukunftsweisenden Dimension das Licht der akademischen Welt zu erblicken zu lassen. Dank an meine Lehrer Ich sehe es als großes Vorrecht an, solche geistigen Väter meines Denkens und meiner Dissertation gehabt zu haben-und immerhin: so viele! Ihnen allen verdanke ich sehr wertvolle Meme; dazu die Ansteckung mit der Begeisterung für das Denken, auch wenn ich diese Schrift letztlich ganz ohne jede äußere Einwirkung verfasst habe-sodass auch alle freigesprochen sind davon, hierfür Verantwortung übernehmen zu müssen. Tatsächlich würde es mich aber doch sehr freuen, wenn sie stolz auf mich wären-denn ihnen-meinen Professoren und Lehrern ist es zu verdanken, dass ich mir so große Freude an der philosophischen Weltschau gewann.