Vielfältige Säkularitäten (original) (raw)
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Seit mehr als 15 Jahren herrscht in der religionssoziologischen Debatte um Säkularisierung eine wenig produktive Pattsituation: Auf der einen Seite der Auseinandersetzung stehen die – meist europäischen – Verfechter der Säkularisierungstheorie oder jene, die auch nach kritischen Revisionen zumindest an deren Kernaussagen festhalten. Auf der anderen Seite befindet sich die – meist amerikanisch besetzte – Front derjenigen, die die Säkularisierungstheorie für konzeptionell unschlüssig und empirisch unhaltbar ansehen. Gleichzeitig hat sich – im Fahrwasser des Zuwachses religionsbezogener Forschung – das Forschungsfeld zum Verhältnis von Moderne, Religion, Säkularisierung und Demokratie durch substantielle Beiträge aus den Bereichen der politischen Philosophie, der Politikwissenschaft und der Sozialanthropologie wesentlich verbreitert. Die damit einhergehende Zerfaserung des vergleichsweise kohärenten Sets theoretischer Annahmen, das für die frühere Debatte noch kennzeichnend war, reflektiert die (durchaus gewollte) Polyphonie der neueren, in erster Linie modernisierungskritisch inspirierten und auf Macht- und Normativitätsaspekte des Säkularismus fokussierenden Beiträge.
Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte. Beiheft, 2015
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Das Werk ist als Open-Access-Publikation im Sinne der Creative-Commons-Lizenz BY-SA International 4.0 (»Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen«) unter dem DOI 10.13109/9783666101434 abzurufen. Um eine Kopie dieser Lizenz zu sehen, besuchen Sie https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/. Jede Verwertung in anderen als den durch diese Lizenz erlaubten Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Coverabbildung: Darstellung einer Moriskin aus Granada aus dem Trachtenbuch des Christoph Weiditz (um 1530-1540). Der almalafa genannte weiße Schleier wurde bis zu einem entsprechenden Verbot auch von Altchristinnen getragen. © Mit freundlicher Genehmigung des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg.
Eine Allianz gegen den Säkularismus
Osservatore Romano, Deutsch , 2010
Nachdem Italien vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der Anbringung von Kreuzen in öffentlichen Schulen verurteilt worden war, da dies als Verstoß gegen die Menschenrechte anzusehen sei, hat der Fall Lautsi in Europa großes Aufsehen erregt. Um seine Entscheidung auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, hat der Gerichtshof eine neue Pflicht eingeführt, nach der der Staat »in öffentlichen Schulen die Neutralität in Glaubensdingen zu wahren hat«. Der Gerichtshof fügte hinzu, daß nicht zu erkennen sei, »wie die Anbringung eines Symbols, das normalerweise mit dem Katholizismus (mehrheitliche Religion in Italien) in Verbindung gebracht werde, in den Klassen öffentlicher Schulen, dem Pluralismus in der Erziehung dienen könne, die grundlegend sei für die Bewahrung einer ›demokratischen Gesellschaft‹, wie sie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstanden werde
Jenseits des Säkularisierungsparadigmas?
KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2011
Zusammenfassung: Mit seinem Buch A Secular Age hat der sozialphilosoph charles taylor einen aufsehenerregenden Alternativentwurf zum klassischen säkularisierungsparadigma vorgelegt. das Ziel dieses Artikels ist es, ihn auf die religionssoziologische diskussion um säkularisierung und deren verschiedenen teilprozesse zu beziehen. es werden drei Ansprüche formuliert, an denen Alternativentwürfe zu messen sind. erstens müssen sie verständlich machen, warum "säkularität" zu einer so wichtigen selbstbeschreibungskategorie moderner Gesellschaften werden konnte. Zweitens müssen sie das in Jahrzenten religionssoziologischer Forschung akkumulierte Wissen über entkirchlichung mit den von kritikern hervorgehobenen Befunden genuin moderner religiöser Vitalität integrieren. und drittens müssen sie die vielfältigen Muster der differenzierung religiöser und politischer ordnung im Gesellschafts-und kulturvergleich beschreiben und erklären können. in kritischer Auseinandersetzung mit taylor werden Grenzen kulturalistischer theorien moderner säkularität und bleibende Aufgaben historisch-soziologischer Forschung zu Religion in der Moderne identifiziert.
Der Wert der Digitalisierung, 2021
Zivilgesellschaftliche Organisationen setzen sich seit Jahrzehnten für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung ein. Für sie ist Digitalisierung kein Mittel zum Zweck, sondern ein Werkzeug, mit dessen Hilfe wir auf eine soziale, gerechte und nachhaltige Digitalisierung und Gesellschaft hinarbeiten können. Während Technologiekonzerne heute den digitalen Fortschritt dominieren und die Politik in erster Linie versucht, sie reaktiv zu reglementieren, entwickelt die Zivilgesellschaft einen Gegenentwurf: Dieser sieht vor, digitale Technologien dem Gemeinwohl zu unterstellen. Dafür gestaltet sie Werkzeuge und erprobt neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und der Verbreitung von Wissen. Zivilgesellschaftliche Organisationen setzen sich für ein freies und offenes Internet und eine gerechte Digitalisierung ein, von denen möglichst viele profitieren. Dabei vertreten sie auch die Interessen von marginalisierten Gruppen und denjenigen, die von neuen Entwicklungen oft ausgeschlossen oder von negativen Auswirkungen betroffen sind. In diesem Beitrag zeigen wir auf, wie zivilgesellschaftliche Organisationen Digitalisierung mitgestalten, welche Visionen sie antreiben und was Politik und Wirtschaft von ihnen lernen können, damit der digitale Wandel möglichst gemeinwohlorientiert gelingt und der digitale Fortschritt der gesamten Gesellschaft zugutekommt.