zu Christian Kiening, Schwierige Modernität. Der 'Ackermann' des Johannes von Tepl und die Ambiguität historischen Wandels. Tübingen 1998 (MTU 113). In: Arbitrium 19 (2001), S. 36-41. (original) (raw)
Gerd Dicke fern sie im epischen Geschehen prozeßhaft entfaltet wird, gleichermaßen aber auch Gegenstand der Gespräche zwischen den Figuren und der textinternen Erzählinstanz im Prolog ist, wo die Bedingungen ihres Gelingens oder Scheiterns diskutiert werden. Von den Situationen* leitet Wenzel über zu der durch die ,zerdehnte Situation* unter erschwerten Bedingungen gestalteten kommunikativen Ordnung höfischen Erzählens. Weil die schriftliche Erzählung im Gegensatz zur mündlichen, die stets aktualisiert und angepaßt werden kann, noch lange Zeit der Legitimation bedarf, ist literarisches Erzählen im Interaktionsraum noch potentiell gefährdet; zunächst, weil sich die poetische Kommunikation gegenüber der übermächtigen Alltagssituation durchsetzen muß, dann, weil sie -anders als die mündliche Aufführung -durch die Ordnung des Redens im Text ihre Legitimation und Stabilität erst selbst erzeugen muß. Diese Ordnung des Redens ist nun aber nicht nur Struktur, sondern gleichermaßen auch Gegenstand des Textes, so daß sich die Paradoxie ergibt, daß die Verhandlung gelungener höfischer Interaktion, indem sie zum Gegenstand der Kommunikation wird, gelungene Kommunikation erzeugt -solche Strategien dienen der Textsicherung und der Integration von Rezeptionssituationen und -bedingungen in die Erzählung selbst, die den Erzähler in seiner gefährdeten Vermittlerfunktion bestätigen (S. 207). Im letzten Kapitel veranschaulicht Wenzel, wie und welche Strukturen zur Erschließung der (erzählten) Welt genutzt werden. Der Willehalm verknüpft das Brautwerbungsschema mit dem arthurischen aventiure-Schemz und erzeugt durch diese Kombination verschiedener narrativer Muster neue Deutungsangebote. Es ist also die Strukturierung und Formalisierung der höfischen Kommunikation selbst, die ihren eigenen diskursiven Raum hervorruft.