Frühes Nachleben der mittelalterlichen Kunst [Tagungsbericht über ‘Rezeptionen mittelalterlicher Kunst vor 1700’] (original) (raw)

Tagungsbericht: Ausstellungen zur Ur- und Frühgeschichte im kurzen 20. Jahrhundert

Tagungsbericht: Workshop Wissenschaftsgeschichte der Ur- und Frühgeschichte: Ausstellungen zur Ur- und Frühgeschichte im kurzen 20. Jahrhundert. Veranstaltet vom Mittel- und Ostdeutschen Verband für Altertumsforschung e. V. in Kooperation mit dem West- und Süddeutschen Verband für Altertumsforschung e. V. am 31.3.2016 in Chemnitz

Präsentation und Rezeption: Inszeniertes Heiltum im späten Mittelalter Zur Interaktion von Bildern und Reliquien 1250 -1420 URN: urn:nbn:de:bsz:16-artdok-64528

Präsentation und Rezeption: Inszeniertes Heiltum im späten Mittelalter Zur Interaktion von Bildern und Reliquien 1250 -1420 , 2019

Die vorliegende Arbeit thematisiert Bereiche der mittelalterlichen Kunstgeschichte, die in den vergangenen Jahren ganz besonders im Fokus der Forschung standen: Zum einen geht es um die Funktion und die Kontextualisierung von „Bildern“, womit auch der Bildbegriff im Mittelalter berührt ist, zum anderen um „Reliquien“ als verehrte Überreste von Heiligen oder Dingen, die mit ihnen im weitesten Sinn in Kontakt gekommen sind, als sakralisierte Objekte einer liturgischen, paraliturgischen oder auch persönlichen Erinnerungskultur. In der Untersuchung steht die bisher im größeren Zusammenhang kaum diskutierte Frage im Zentrum, inwieweit im Spätmittelalter, genauer gesagt seit der Zeit des mittleren bis ausgehenden 13. Jhs., eine neue Justierung des komplexen Verhältnisses zwischen Bild und Reliquie zu beobachten ist, die Auswirkungen auf beide „Werkgruppen“ hat: einerseits auf das sich transformierende Verständnis der verehrten Heiltümer in Frömmigkeit und Liturgie, andererseits auf die Bedeutung, die den figürlichen Bildern in diesem Prozess zukommt. Der Zeitraum, um den es geht (1250 bis 1420), ist nicht zufällig gewählt. Um 1250 lässt sich auf verschiedenen Ebenen eine neue Verbindung des „Irdischen“ mit dem „Ideellen“ feststellen, was einem gewissen Paradigmenwechsel gleichkommt, der auch die bildliche Ausgestaltung von Reliquienbehältern betrifft. Als chronologischer Endpunkt sind die Jahre um 1400 mit ihrem experimentellen Charakter gewählt, der entscheidende Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Bild und Heiltum in einer Zeit differenzierter Wirklichkeitserfahrung hatte. Die Beschränkung auf den geographischen Raum nördlich der Alpen bzw. West- und Mitteleuropa ist einerseits der der Materialfülle, andererseits einer gewissen Homogenität geschuldet, die den Werken hinsichtlich der hier gestellten Fragen anhaftet. Die Arbeit ist in fünf Hauptkapitel gegliedert: Das Reliquiar: Visualisierung und Imagination Ausgehend von der Frage, was eigentlich unter einem Reliquiar im späten Mittelalter zu verstehen ist, geht es vor allem um das Thema der „Verbildlichung“ der Reliquie bzw. um deren Objektivierung und Instrumentalisierung im ikonischen Kontext. Dabei kommt dem „Betrachter“ eine ganz neue, aktive Rolle zu, die wiederum in den Bildprogramen berücksichtigt wird. Ein weiteres Augenmerk liegt auf dem Thema der Sichtbarkeit der Reliquien (vermehrt seit dem 13. Jahrhundert) und ihrer Bedeutung für deren Rezeption, wobei deutlich wird, dass das immer wieder bemühte angebliche „Schaubedürfnis“ des späten Mittelalters als Erklärung nicht hinreichend ist. Bildwerke als Reliquiengefäße und Bilder als Reliquien Dass auch Bildwerke als Reliquienbehälter dien(t)en, ist eine lange bekannte Tatsache. Inwiefern diese Funktion ihre Rezeption sowie ihren Kontext im fraglichen Zeitraum bestimmt hat, ist eine hier zur Diskussion stehende Frage, womit problematische Begriffe wie „Kultbild“ und „Andachtsbild“ berührt werden. Auf die Rolle des Bildes als Heiltum wird anhand des reliquienähnlichen Status´ von Bildern, die direkt mit Christus in Verbindung stehen, eingegangen. Das Reliquienretabel: Formen der Verehrung und Inszenierung Als neu aufkommendes, im Laufe des 14. Jahrhundert sich etablierendes Requisit der Altarausstattung kommt dem mit Flügeln verschließ- und wandelbaren Reliquienretabel besondere Bedeutung für unsere Fragestellung zu. Der Vorgang des Verhüllens und Verbergens von Bildern und Reliquien steht hier im Mittelpunkt der Betrachtung, wobei ersichtlich wird, dass den pignora eine ganz eigene, unverzichtbare Rolle im „Verständnis“ der Retabel zukommt und diese als Ergänzung der Bilder – und umgekehrt – zu werten sind. Räume und Schreine Das Kapitel weitet den Begriff des Reliquiars bewusst aus und bezieht größere räumliche Kontexte in die Untersuchung ein. Als Ausgangspunkt dient die Sainte-Chapelle in Paris mit ihrer Inszenierung der aus Konstantinopel erworbenen Passionsreliquien. Hier geht es um die Frage, ob und in welcher Form dieses Konzept an anderen Orten mit bedeutendem Reliquienbesitz nachgeahmt oder abgewandelt aufgegriffen wurde und welche Bedeutung dabei dem bildkünstlerischen Programm zukommt. Bild und Reliquie um 1400: Das Reliquiar als Kunstwerk Materialästhetische Aspekte stehen hier im Vordergrund und verdeutlichen, wie das Reliquiar selbst – ähnlich der Reliquie - zu einem „exotischen“, erlesenen und intimen joyau wird, dessen Ästehetik und „Kunstfertigkeit“ nunmehr bewusst eingesetzt sind, um dem verehrten Heiltum eine ihm gemäße Bildwelt an die Seite zu stellen. Die Kostbarkeit der verwandten Materialien – etwa das email en ronde bosse in Frankreich oder die mit teuren Werkstoffen und aufwändigen Techniken hergestellten kleinformatigen Tafelbilder der Zeit – korrespondiert mit den verehrten Heiltümern, die sie bergen oder auf die sie verweisen.

„Schaffen und Nachahmen. Kreative Prozesse im Mittelalter“. 18. Symposium des Mediävistenverbandes, Tübingen, 17.–20. März 2019

Das Mittelalter, 2019

In der Gegenwart wird das Verhältnis von Schaffen und Nachahmen und deren Bedeutung für kreative Prozesse neu ausgehandelt: Die Postmoderne hat das Subjekt dezentriert und intensiv über den Tod des Autors diskutiert. Die Möglichkeiten, die erst die Informationstechnologie und das Internet eröffnet haben, generieren neuartige Debatten über die Grenzen von Urheberschaft und das Verhältnis von Original und Kopie, Zitat und Plagiat. Im Internet ist ein Urheberrecht kaum zu behaupten, "Copy and Paste" sind längst Praxis. Hier werden Seiten gespiegelt, Aussagen, Bilder und Filme anderer Seiten kompiliert, Zitate nicht mehr angeführt, sondern verlinkt. Symptome dieses Wandels kreativer Prozesse sind etwa die Diskussionen über Helene Hegemanns Roman "Axolotl Roadkill" (2010) und das Kompilieren als künstlerisches Verfahren oder auch diedurchaus politischen-Debatten über die Grenzen des Plagiats in der Wissenschaft. Für das Tübinger Symposium möchten wir diese aktuellen Veränderungen zum Anlass nehmen, nach dem Spannungsverhältnis von Schaffen und Nachahmen im Mittelalter zu fragen und uns so der Frage der Kreativität im Mittelalter zuzuwenden. Wir gehen davon aus, dass die Manuskript-und Objektkulturen dieser Epoche Vorstellungen, Diskurse und Praktiken hervorgebracht haben, die es in dieser Hinsicht zu analysieren lohnt. Zu diskutieren wäre auch, inwiefern die historischen Phänomene dabei gegenwärtigen Entwicklungen nicht sogar näher stehen als jenen der westlichen Moderne mit ihren spezifischen Konzepten von Autorschaft, Urheberrecht, Originalität, Plagiat. Damit ist selbstverständlich keine Rückkehr ins Mittelalter behauptetsehr wohl aber die Frage aufgeworfen, ob sich das Verhältnis unserer eigenen Kultur zu den Kulturen des Mittelalters noch ohne weiteres über dieselben dichotomischen Modelle der Alterität von Mittelalter und Moderne beschreiben lässt, wie es spätestens seit den 1980er Jahren vielfach üblich gewesen ist. Der Spannung von Schaffen und Nachahmen bei kreativen Prozessen in dem weiten Zeitraum vom 6. bis zum 15. Jahrhundert wollen wir interdisziplinär be

Exkurs: Anmerkungen zum Stralsunder Maleramt bis ca. 1700

Schriftenreihe Stralsunder Denkmale Heft 5 Wand- und Deckendekorationen des 14. bis 20. Jahrhudnerts in Stralsund, 2018

Die Erkenntnisse zum Stralsunder Maleramt sind für das Spätmittelalter und auch die Neuzeit nur dürftig. Bis heute fehlt eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Handwerks für Stralsund. Deshalb können zum jetzigen Zeitpunkt hier auch nur einige Aspekte angerissen werden.