Ein ägyptisches Amulett mit Bes-Darstellung aus Arrabona (original) (raw)
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2007
Unter den zahlreichen Amuletten der unlängst aufgelösten Aegyptiaca-Sammlung von Hans Becker 2 findet sich auch ein aus hellgrüner Fayence gefertigtes Amulett in Form einer Kopfstütze. 3 Das vorliegende Objekt-Amulett, das 3,5 cm in der Höhe, 5,4 cm in der Breite und 1,7 cm in der Tiefe misst, ist nach unten durch eine deutlich abgesetzte Standlinie, nach oben durch einen konkav geformten Bogen begrenzt. Insgesamt entsteht so eine in sich geschlossene, kompakte Form. 4 Zwischen den Begrenzungen ist auf der Vorderseite ein Bes-Kopf in erhabenem Relief wiedergegeben, wobei der Bart des Gottes durch eine intensive Blaufärbung der Glasur deutlich abgesetzt ist. Die Rückseite der Stütze ist glatt gearbeitet. Die Seiten laufen konisch zu und sind entsprechend der Standlinie durch eine deutlich abgesetzte Begrenzung markiert. Beide Seitenflächen weisen mittig angebrachte, kuhlenförmige Vertiefungen auf. Kopfstützen-Amulette dieses Typus sind äußerst selten und erst seit ptolemäischer Zeit belegt. 5 Ein weiteres Exemplar mit der Darstellung eines Bes(-Kopfes) ist mir nicht bekannt. In der Funktion eines Möbels finden Kopfstützen in Ägypten spätestens seit der 3. Dynastie Verwendung. 6 Von der Zeit des Alten Reiches bis in griechisch-römische Zeit kann der Terminus wrs als Bezeichnung der Kopfstütze belegt werden. 7 Darüber hinaus sind als 1 Für Hinweise, Kritik sowie Durchsicht meines Manuskriptes danke ich Peter Pamminger. Abkürzungen richten sich in der Regel nach W. Helck u. W. Westendorf (Hg.), Lexikon der Ägyptologie (= LÄ ) VII, 1992, p. XIV-XXXVIII. Des weiteren Hannig-Lexika 1 = R. Hannig, Großes Handwörterbuch Ägyptisch -Deutsch (2800-950 v. , mit weiteren Belegen); b) Schreibvariante von swr, "Salböl", vgl. Hannig-Lexika 1, p. 206 (wrs), 679 (swr); c) weitere Bezeichnungen die Fachtermini wTs, 8 offensichtlich von dem Verbum wTs, "hochheben, tragen", 9 abgeleitet, und dnj.t 10 überliefert. Seit dem Neuen Reich wurden Kopfstützen mit apotropäischen Figuren, insbesondere Darstellungen des Gottes Bes, versehen. 11 Bes tritt dabei, wie auch auf zahlreichen anderen Objekten des Schlafzimmers, als Schutzgott der Nacht auf, der potentiell angreifende, gefährliche Dämonen abwehrt. 12 Das Verständnis der Ägypter vom Tod als ein dem Schlafen vergleichbarer Zustand 13 bedingt die Aufnahme der Kopfstützen in die Grabausstattung. 14 Die unmittelbare Verbindung der Stütze mit dem Kopf des Schlafenden bzw. des Verstorbenen und der unverzichtbare Erhalt des Kopfes für die Weiterexistenz führten bereits im Mittleren Reich dazu, dieses Möbel und den darauf ruhenden Kopf durch den speziell zu diesem Zweck formulierten Sargtext-Spruch 232 abzusichern. 15 Spruch für die Kopfstütze (wrs): Möge dein Kopf erhoben sein, möge deine Augenbraue lebendig sein, mögest du sprechen für deinen eigenen Körper, mögest du ein Gott sein, mögest du immer ein Gott sein. Spruch für die Kopfstütze (wrs): Schwalben wecken dich auf, der du schläfst, sie heben dein Haupt empor zum Horizont (Ax.t). 17 Richte dich auf, damit du über das triumphierst, was dir angetan wurde! Ptah hat deine Feinde zu Fall gebracht, und es soll gegen den vorgegangen werden, der gegen dich vorging. Du bist Horus, der Sohn der Hathor, der Feurigen, die zum Feuer gehört, dem sein Kopf zurückgegeben wurde, nachdem (er) abgeschnitten war. Danach kann dein Kopf nicht (mehr) von dir fortgenommen werden, dein Kopf kann dir nicht fortgenommen werden bis in Ewigkeit (nHH). Dieser Totenbuch-Spruch findet sich, neben der Wiedergabe apotropäischer Gottheiten, auch direkt auf der Stütze verzeichnet. 18 Der Kopfstütze kommt somit eine regenerative Funktion zu. Das zunächst als Möbel konzipierte Objekt findet daher seit dem Neuen Reich en miniature auch als (Schutz-)Amulett 19 in der Grabausstattung Verwendung. 20 Eine aus blauer Fayence gefertigte Miniaturkopfstütze wurde neben einem Opfer-und einem Gefäßständer-Modell im Grab der Prinzessin Achmose-Tumerisi, Zeit Amenophis' I., gefunden. 21 Das im Bereich des Nacken der Mumie von Tutanchamun abgelegte Kopfstützen-Amulett verweist auf die Funktionsweise solcher Scheinobjekte als Substitut des jeweils wiedergegebenen Möbels. 22 den Leib der Himmelsgöttin empor hebt. 23 Im Dekorationsprogramm des großen Tempels vom Gebel Barkal ist Bes in der Form von Karyatiden wiedergegeben, die das als Himmel gedeutete Tempeldach stützen. 24 In entsprechender Weise fungiert der Schutzgott der Geburt auch in den Mammisi der griechisch-römischen Zeit. 25 Im Geburtshaus in Dendera aus der Zeit von Nero bis Trajan beispielsweise stützt der Gott, ganzfigurig auf der Abakusplatte wiedergegeben, das Tempeldach. 26 In der Konzeption des vorliegenden Kopfstützen-Amuletts dürfte die Darstellung des Bes-Kopfes zwischen der Standlinie und dem oberen Abschluss folglich auch den Aspekt des Gottes als Himmelstütze versinnbildlichen. Das Objekt-Amulett würde somit, in stark abstrahierter Weise, solchen Kopfstützen entsprechen, die als Nachbildung einer Tempelfassade gedeutet werden können. 27 Bes, durch die Wiedergabe seines Kopfes präsent, agiert dabei in der Art des Gottes Schu. 28 Schu seinerseits kann als Mittelteil einer Kopfstütze dargestellt werden. 29 Wie den Himmel, so erhebt er den auf der oberen, konkav geformten Platte ruhenden Kopf. 30 Diese Idee des "in die Höhe(= in den Himmel) erheben" thematisieren bereits solche Kopfstützen des Alten Reiches, in deren Konzeption die obere Platte von zwei Händen gestützt und folglich der darauf ruhende Kopf in die Höhe gehalten wird. 31 Des weiteren bedingt die Wiedergabe zweier die Sonnenscheibe haltender Hände auf einer Kopfstütze die Assimilation des Kopfes mit diesem Gestirn. 32 Die kosmische Ausdeutung der Kopfstützen-Amulette wird im Fall des vorliegenden Objekt-Amuletts m.E. durch die Silhouette weiter untermauert. Das Amulett erinnert an die Form der 23 Petrie, Hawara, p. 9, pl. 2 (links, Szenen auf dem Sargdeckel des anx-rw.wj, 30. Dynastie); Dw-Hierogylphe. 33 Die so entstehende imaginäre Berg-und Tallandschaft ergänzt sich durch den auf der Stütze liegenden Kopf zum einem die Ax.t-Hieroglyphe 34 assoziierenden Gesamtbild. 35 Mit der Wiedergabe des Bes-Kopfes im Zentrum stützt der Gott den Kopf des Verstorbenen zwischen den beiden Gebirgsgipfeln, wodurch jener, der Sonne gleich, zwischen den beiden Horizont-Endpunkten in mitten des Himmels befindlich ist. Eine entsprechende kosmische Konnotation spiegeln insbesondere die Beispiele von Kopfstützen wider, die an beiden Seiten ein wAs-Zepter als Himmelstütze bzw. einen liegenden Löwen als Zeichen des östlichen bzw. westlichen Horizontes wiedergeben. 36 Des weiteren evoziert die Darstellung des Bes-Kopfes eine ergänzende Implikation des vorliegenden Amuletts. Aufgrund seines fratzenhaften, bärtigen Gesichts wurde der Gott auch als eine Form des alten, noch vor der (Wieder-)Geburt stehenden Sonnengottes verstanden. Bes kann daher etwa als "O du Greis, der sich zu seiner Zeit verjüngt, Alter, der (wieder) zum Jüngling wird" angesprochen werden. 37 Die mit einem solchen Bes-Kopf versehene Stütze verweist somit auf eine regenerative Qualität des Bes. Einen entsprechenden Aspekt des Gottes dürfte auch bei der Ausgestaltung eines Spiegelgriffes mit einer Bes-Figur vorliegen. 38 Entsprechend dem Kopf auf der Stütze kann die runde, reflektierende Spiegelfläche als Sonnenscheibe gedeutet Die vermeintliche Beschränkung auf die Wiedergabe den Bes-Kopf evoziert m.E. mehrere Implikationen. Zunächst kann die Darstellung des Götterkopfes als Verweis auf die ursprüngliche Zweckbestimmung des Objektes als "Stütze für den Kopf" erklärt werden. Zudem führt diese Form der Bes-Darstellung zu einer Fokussierung des oben dargelegten regenerativen Aspektes der mit Bes verknüpften Sonnengottform und nicht zuletzt assoziiert der Kopf in der Konzeption einer Kopfstütze, wie bereits dargelegt, immer auch eine Sonnenscheibe. Dem Gott Bes können in der Konzeption des besprochenen Kopfstützen-Amuletts insgesamt folgende, sich gegenseitig stützende Aspekte zuerkannt werden: Bes fungiert als Schutzgott der Nacht sowie Himmelstütze und garantiert als alte, unmittelbar vor der Erneuerung stehende Sonnengottform die regenerative Kraft der Stütze für den Verstorbenen. Diese Ausdeutung und Funktionsweise der Kopfstützen-Amulette basieren auf religiösen Vorstellungen, die in der Zeit des Neuen Reiches aufkommen und verstärkt in der Spätzeit und der griechisch-römischen Zeit zu belegen sind. Das vorliegende Amulett kann aufgrund der Form, des Materials sowie der Dekoration in die griechisch-römische Zeit datiert werden. Ausgestattet mit einer solchen Kopfstütze konnte der Tote, entsprechend den Ausführungen des oben zitierten Totenbuch-Spruches 166, einer ewigwährenden Existenz seines unversehrten Körpers (mit Kopf) sicher sein. Mit Hilfe des Gottes Bes als Stütze zwischen Himmel und Erde ist der Verstorbene, repräsentiert durch seinen Kopf, der Sonnenscheibe gleich, eingebettet in den Kreislauf der zyklischen Erneuerung, d.h. der nHH-Ewigkeit. Schadeck, August 2005 Kirsten Konrad Abbildungen Vorderseite Rückseite Unterseite Abstract A probably unique amulet of a headrest made of light-green fayence which can be dated to the
Zierde, Zauber, Zeremonien. Amulette zum Schutz von Körper, Hab und Seele, 2007
"Amulets in Ancient Egypt" - Essay for the publication which appeared in conjunction with the exhibition "Zierde, Zauber, Zeremonien. Amulette zum Schutz von Körper, Hab und Seele" (Adornment, Magic, Ceremonies. Amulets for the Protection of the Body, Possessions and the Soul / Schriftenreihe des Landesmuseums für Natur und Mensch, Heft 51 / 2007, pages 47-58) at Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg / Germany (10 June – 26 August 2007). - The PDF also includes the foreword by Mamoun Fansa (p. 7-8), the introductory chapter by Katharina Herrmann (p. 9-21) and the catalogue with selected objects of the amulet collection of the famous ethnologist and Islamic amulets expert Peter W. Schienerl (1940-2001). - Parts of his huge collection of mainly modern Egyptian amulets are nowadays in Vienna (Weltmuseum), Berlin (Ethnologisches Museum), Dresden (Museum für Völkerkunde) and what had remained was bequested to the Oldenburg museum by his widow Jutta Schienerl (1937-2002) and entered the Landesmuseum für Natur und Mensch in 2003. - (in German)
in: Joachim Friedrich Quack , Daniela Christina Luft (Hrsg.), Erscheinungsformen und Handhabungen Heiliger Schriften, Materiale Textkulturen 5, Berlin/Boston/München: de Gruyter 2014, 53-77, 2014
Aus altorientalistischer Perspektive kann der Begriff der ,heiligen Schrift' oder des ,heiligen Textes', der diesem Konferenzband zugrunde liegt, durchaus ein Problem darstellen. Die Begriffsbildung erfolgte eindeutig mit Bezug auf die Schriften der jüdisch-christlichen Tradition und beschreibt Umgangsweisen mit Texten und Textträgern, die sich so in den mesopotamischen Kulturen nicht finden. Zwar kennen die altorientalischen Sprachen durchaus Begriffe, die wir heute mit ,heilig' übersetzen, und die vor allem die kultische Reinheit und die Adäquatheit von Orten und Objekten für den rituellen Umgang mit dem Göttlichen beschreiben, doch werden diese Begriffe nicht im Zusammenhang mit bestimmten Texten verwendet, es gibt mithin keine emische Perspektive, die ausgewählte Texte als ,heilig' beschreibt. Auch eine ethische Definition eines heiligen Textes, die, etwa mit der Theorie des Heiligen von Karl-Heinz Kohl,2 auf einen besonderen, dem Alltag entzogenen Umgang mit einem Text bei gleichzeitiger Einschreibung einer besonderen, ,magischen' Wirkmächtigkeit abzielt, bringt uns bei der babylonisch-assyrischen Kultur nicht weiter. Dies liegt vor allem daran, dass sich, jedenfalls bislang, keinerlei Belege für eine spezielle, sich von anderen, ,profaneren', etwa wissenschaftlich-technischen, historischen oder lexikalischen Texten unterscheidenden Umgang der die Kultur fundierenden und normierenden Texten feststellen lässt.
Ein Bronze-Amulett aus Kibyra mit Reiterheiligem und griechischem Psalm 90,1
Das hier vorgestellte Amulett wurde im Bereich des spätantiken Gebäudeensembles (Agora, Theater, Odeion/Bouleiterion und die Tempel) gefunden, dabei unmittelbar vor dem Odeion/Bouleiterion. Das Objekt aus Bronze (Kupferlegierung) im heutigen Erhaltungszustand misst 35 mm in der Höhe, 43 mm in der Breite, ist 1 mm dick und besteht nur mehr aus dem unteren Teil eines ovalen Amuletts.
Ein außergewöhnlicher Typ – Ägyptisches auf einer Terrakottaplatte
Geschichte(n) in Ton - Römische Architekturterrakotten, 2012
"An unusul type - Egyptian (motives) on a (Roman Campana) terracotta-plaque" - Presentation an discussion of an unusual Campana-Relief with Egyptian motives and hieroglyphes in Museum August Kestner, Hannover / Germany (inv. no. 2008.233), previously considered to be a fake. However, two other plaques probably even from the same mould are known and have since been studied in detail by the author (British Museum and Louvre), both of which are complete plaques, however, by far not as well conserved as the piece in Hannover, only a fragment (approx. a little less than the left half). - PLEASE NOTE: By Christian E. Loeben is also the (much shorter) English (!) entry on this piece in the following, more recent exhibition catalogue: BEYOND THE NILE - EGYPT AND THE CLASSICAL WORLD, The J. Paul Getty Museum, Los Angeles (2018), p. 273-274, cat. 172. - (in German)
Ein ägyptischer Siegelabdruck aus Tunesien
Studien zur Altägyptischen Kultur, 2022
Der vorliegende Beitrag bietet eine neue Deutung eines 2008 im tunesischen Al-Ğamm gefundenen Siegelabdrucks. Durch die Entzifferung des in einer Kartusche befindlichen Könignamens ist eine zeitliche Einordnung des Skarabäus in die Hyksoszeit möglich. Entweder stammt der Siegelabdruck ursprünglich aus der Nekropole von Karthago oder aus einem bisher unbekannten Grab in Al-Ğamm, das eventuell noch weitere ägyptische Funde beinhalten könnte.