2013 - Epistemische Dissonanz. Zur Vervielfältigung von Entwurfalternativen in der Architektur (original) (raw)

in Wissenschaft Entwerfen, hrsg. von Sabine Ammon und Eva M. Froschauer

An einem späten Nachmittag im Oktober 2009, nach fast zwei Monaten teilnehmender Beobachtung in einem Architekturbüro in Santiago de Chile, fragte mich Rodrigo, 1 ein dort für mehrere Projekte zuständiger Architekt, ob ich mir vorstellen könnte, auch als Architekt zu arbeiten -eine Frage übrigens, die in allen drei untersuchten Büros immer wieder auftauchte, zusammen mit der Unterstellung, dass Architekt der spannendste Beruf überhaupt sei. Ich antwortete knapp, dass Architektur ein ziemlich prekärer Beruf sei. Rodrigo gab mir Recht. Letztendlich, fügte er hinzu, stünden einem oft nur unvollständige Informationen zur Verfügung und man müsse deshalb immer wieder Entscheidungen treffen, denen es an einer hieb-und stichfesten Grundlage mangele. Ich musste ihm erklären, dass ich eigentlich die prekären Arbeitsverhältnisse vieler nicht festangestellter, nicht sozialversicherter Architektinnen und Architekten meinte, die mit dem Ende jedes Auftrages immer wieder um ihre Existenzgrundlage fürchten müssen. Ja, erwiderte Rodrigo, der schon seit einigen Jahren festangestellt arbeitet, das sei auch wahr. Aber mit prekär meine er eher die Methoden und Arbeitsweisen der Architektur. In der Situation wusste ich nicht, was ich sagen sollte und das kurze Gespräch war zu Ende. Etwas später am selben Tag traf Ignacio Farías Epistemische Dissonanz. Zur Vervielfältigung von Entwurfsalternativen in der Architektur