Thomas Hensel: Wie aus der Kunstgeschichte eine Bildwissenschaft wurde. Aby Warburgs Graphien (Rezension), in: H-ArtHist, 16.07.2012 (original) (raw)

"Lieber Maler-Fürst als Foto-Graf". Lois Renners fotografische Inszenierung der Gattungen im Atelier, in: Im Agon der Künste : paragonales Denken, ästhetische Praxis und die Diversität der Sinne, München 2007, S. 542-562.

Sieht man vom Aspekt des Wettbewerbs ab und konzentriert sich stattdessen auf die Voraussetzungen des paragonalen Vergleichs der Gattungen in der Frühen Neu­ zeit, macht die Einbeziehung der zeitgenössischen Kunst in diesen Band durchaus Sinn. Denn diese Voraussetzungen bestehen im Ausloten der Möglichkeiten und Grenzen der spezifischen Visualität und Leistungsfähigkeit der verschiedenen Kün­ ste und sind damit Folge eines neuen medialen Bewußtseins in der Frühen Neuzeit, welches der Paragone gleichzeitig auch generierte. Gerade für die verhältnismäßig junge, erst seit etwa einer Generation als »hohe« Kunstform anerkannte und seither boomende Gattung der Fotografie ist ein entsprechendes Reflexionsbedürfnis und ­niveau zu postulieren, was mit der Komplexität und Ambivalenz ihrer konstitutio­ nellen Bedingungen zu erklären ist. 1 Neben der »Universalität« dieser Kunstform, die ihr u. a. die Möglichkeit verleiht, alle anderen Gattungen abbilden und damit auch thematisieren zu können, 2 ist hier der der Fotografie eigene paradoxale Cha­ rakter zu nennen. Er wird generiert durch die aus der »automatischen Genese« 3 re­ sultierende topische Wirklichkeitsbezogenheit, Objektivität und »Wahrheit« der Fotografie einerseits, und ihrer durch Motivwahl, Ausschnittsetzung und Beleuch­ tung durch den Fotografen oder durch dessen Inszenierung der Welt vor der Linse bedingten Subjektivität andererseits. 4 Dieser gattungsimmanente Dualismus ist der Fotografie seit ihrer Entstehung eingeschrieben, potenziert sich aber in den letzten Jahren durch die Möglichkeit der digitalen Bearbeitung und Erzeugung von Bil­ dern.