Neue Formen der ambulanten Versor- gung: Was wollen die Versicherten? Ein Discrete-Choice-Experiment 1 (original) (raw)

Auf dem Weg zu neuen Versorgungsstrukturen. Integrierte Versorgung zwischen Anspruch und Praxis

DGB-Bundesvorstand (Hg.): Die Krankenkassen und die neuen Versorgungsformen im Gesundheitswesen, 97-143, 2004

Während der letzten Jahre sind eine Reihe von unterschiedlich komplexen Versorgungsmodellen entstanden, die in der einen oder anderen Weise Leistungen unterschiedlicher Leistungserbringer oder/und Leistungen aus unterschiedlichen Disziplinen und Sektoren miteinander verzahnen. Diese Modelle stellen alle in irgendeiner Weise Innovationen dar, und zwar insofern, als sie sich von den "herkömmlichen“ Versorgungsformen unterscheiden und eine tatsächliche Verbesserung der Behandlung aus Patientensicht mit sich bringen oder zumindest das Potential dafür in sich tragen. Sie sind deshalb aber nicht gleich unbedingt als integrierte Versorgung zu begreifen. Vor dem Hintergrund des Problemhorizonts, dass die wechselseitige Abschottung der Versorgungssektoren maßgeblich verantwortlich zeichnet für die Versorgungsdefizite im deutschen Gesundheitssystem, muss „Integration“ immer auch die Überwindung der Sektorengrenzen meinen. In diesem Verständnis ist ein wesentliches Merkmal integrierter Versorgung nicht nur die horizontale (innersektorale), sondern immer auch die vertikale (sektorübergreifende) „Verzahnung“ gesundheitlicher Dienstleistungen. Integrierte Versorgung zielt mithin auf eine patientenorientierte interdisziplinäre Versorgung quer durch die einzelnen Sektoren des Gesundheitssystems durch eine enge Kooperation unterschiedlicher Leistungserbringer. Leitbild ist dabei eine umfassende, koordinierte und kontinuierliche Versorgung, die den Patienten ohne Informationsbrüche und ohne widersprüchliche Therapiekonzepte so begleitet, dass er optimal wieder zur Gesundung oder zumindest zu einem bestmöglichen Umgang mit seiner Krankheit oder Behinderung gelangen kann. In der Praxis kann integrierte Versorgung recht unterschiedliche Formen annehmen. Beispielsweise kann sie sich auf einzelne Krankheitsbilder konzentrieren, wenn für deren Behandlung ein sektorenübergreifendes Management angezeigt ist. Sie lässt sich aber auch als Regelversorgung für das gesamte Krankheitsspektrum der Versichertengemeinschaft vorstellen. Die integrierte Versorgung kann räumlich großflächig angelegt sein; sie kann sich auch auf kleine räumliche Zonen beschränken. Sie kann indikationsbezogen, fallbezogen, versichertenbezogen oder populationsbezogen sein. In jedem Fall aber ist sie mehr als ein elegant ausgestattetes und gut organisiertes Ärztehaus, der Kooperationsvertrag mit einem Pflegeanbieter oder die Ansiedlung einer Facharztpraxis am Krankenhaus.

Intensivbetten: Versorgen muss man wollen (14. April 2021)

Laut Ansagen der österreichischen Regierung richtet sich die Länge von Lockdowns wesentlich nach der Zahl verfügbarer Spitals-Intensivbetten. Diese Zahl ist offenbar gottgegeben und keinesfalls zu erhöhen. Oder ist es politisch signifikant, wenn mögliche Mehrversorgung kaum diskutiert wird? – – – Erschienen in gekürzter Fassung als Kommentar der Anderen in der Tageszeitung Der Standard 14. April 2021, S. 31.

Inanspruchnahme der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Deutschland

Der vorliegende Beitrag liefert auf Basis der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) und des Bundes-Gesundheitssurveys (BGS98) aus den Jahren 2008–2011 und 1997/98 repräsentative Eckdaten und Trends zur Inanspruchnahme ärztlicher und therapeutischer Leistungen der 18- bis 79-jährigen Wohnbevölkerung in Deutschland. Die DEGS1-Daten zeigen, dass Frauen viele der einbezogenen medizinischen Leistungen häufiger in Anspruch nahmen als Männer. Mit dem Alter werden die Unterschiede nach Geschlecht geringer. Bei fast allen Leistungen ist mit zunehmendem Alter ein Anstieg der Inanspruchnahme zu verzeichnen. Große Unterschiede in der Inanspruchnahme bestehen in Abhängigkeit von der selbst eingeschätzten Gesundheit, geringere Unterschiede nach Sozialstatus, Krankenversicherung und Region. Zu beiden Erhebungszeitpunkten ist der Anteil der Bevölkerung, der mindestens 1-mal im Jahr ärztliche Hilfe (ambulant oder stationär) in Anspruch nahm, nahezu unverändert hoch. Gleichzeitig sind in diesem Zeitraum ein signifikanter Rückgang der Kontakte zu Arztpraxen pro Jahr und der Krankenhausverweildauer sowie eine Zunahme der konsultierten Facharztgruppen zu verzeichnen. Dies verweist auf Steuerungswirkungen früherer Reformen. The article provides representative benchmarks and trends for the use of medical and therapeutic services in Germany on the basis of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1) and the German National Health Interview and Examination Survey 1998 (GNHIES98) from the years 2008–2011 and 1997/98, respectively. DEGS1 shows that women seek most medical services more often than men. Differences by gender decreased with age. In almost all services, an increase in utilisation is recorded with age. There are large differences in utilisation depending on self-rated health, as opposed to fewer differences by social status, health insurance and region. At both time points, the proportion of the population that utilised outpatient or inpatient medical assistance at least once a year, is almost unchanged high. At the same time, a significant reduction in the annual number of contacts with medical practices and the length of hospital stay was recorded as well as an increase of the consulted specialist groups. This may be explained due to regulation effects of earlier reforms. An English full-text version of this article is available at SpringerLink as supplemental.

Mein Wille entscheidet - oder etwa nicht? Wie „Advance care Planning“ helfen kann, dem Willen des Patienten gerecht zu werden

2015

Die Idee einer Patientenverfügung ist es, den eigenen Willen hinsichtlich medizinischer Behandlungs-und Betreuungspläne auch für zukünftige Situationen festlegen zu können, in denen man selbst akut oder dauerhaft nicht urteilsfähig ist. Der Vertreter des Patienten hat in dieser Situation die gleichen Rechte wie ein Patient selbst: Er vertritt den Willen des Patienten gegenüber den Behandlungsteams, muss daher über medizinische Behandlungsentscheide und Massnahmen anstelle des urteilsunfähigen Patienten aufgeklärt werden und rechtskräftig in sie einwilligen oder sie ablehnen. Das Erwachsenenschutzrecht sieht hierbei eine genaue, hierarchisch gegliederte Kaskade der Vertretungsberechtigung vor (s. Kasten). Nach Schweizer Recht muss man hierzu rechtlich nur «urteilsfähig», nicht aber voll handlungsfähig sein; das heisst, auch minderjährige, psychisch kranke und bereits betreute Personen können eine rechtlich gültige Patientenverfügung verfassen, wenn sie bezüglich der Situation, um die es geht, urteilsfähig sind. Auf die Besonderheit des Schweizer Rechtes, dass Patientenverfügungen bezüglich der vorausverfügten Behandlung psychischer Erkrankungen nur beachtlich, nicht jedoch verbindlich sind, was teilweise zu Verwirrungen und falschen Vorstellungen führt (z.B. dass Patientenverfügungen von Patienten mit psychiatrischer Diagnose grundsätzlich nicht verbindlich seien), soll hier nur kurz hingewiesen werden. 100 ARS MEDICI 2 ■ 2015 FORTBILDUNG Mein Wille entscheidet-oder etwa nicht? Wie «Advance Care Planning» helfen kann, dem Willen des Patienten gerecht zu werden Obwohl gesetzlich alles geregelt scheint, scheitert die Umsetzung einer Patientenverfügung in der Realität häufig an vielerlei Faktoren, die zuvor nicht ausreichend bedacht wurden. Abhilfe könnte ein strukturiertes Vorgehen schaffen. Dieses Konzept hat sich in den letzten 20 Jahren als sogenanntes «Advance Care Planning» (APC), als interdisziplinärer Prozess einer gesundheitlichen medizinischen Vorausplanung entwickelt, in welcher Hausärzte eine zen-B1 Keine Herz-/ Lungenwiederbelebung und keine invasive (Tubus) B e a t m u n g , ansonsten uneingeschränkte Notfalltherapie B2 Keine Herz-/ Lungenwiederbelebung, keine invasive (Tubus) Beatmung und keine Behandlung auf einer Intensivstation, ansonsten uneingeschränkte Notfalltherapie B3 Keine Herz-/ Lungenwiederbelebung, keine invasive (Tubus) Beatmung, keine Behandlung auf einer Intensivstation und keine Mitnahme i n s S p i t a l , ansonsten uneingeschränkte ambulante Notfallbehandlung Lebensqualität in jedem Fall C0 Uneingeschränkte lindernde/ palliative Therapie auch stationär C1 Uneingeschränkte lindernde/ palliative Therapie nur ambulant