Antagonismus und Agon: Chantal Mouffes kritische Aneignung Carl Schmitts (2014) (original) (raw)

Chantal Mouffe und der faule Zauber Carl Schmitts Der "agonistische Pluralismus" diskutiert im Licht des Neopluralismus

Das, was Carl Schmitt für eine Theorie des Pluralismus zu bieten hat, ist überschaubar. Hingegen hätte Mouffe alles, was sie meint, aus Schmitt herausdestillieren zu müssen, einsatzbereit bei Fraenkel finden können. Mouffes souveräne Schmitt-Rezeption führt zu einer Reihe von Inkonsis­tenzen, die Zweifel daran aufkommen lassen, wie pluralistisch der agonistische Pluralismus tatsächlich (gemeint) ist. Der Mehrwert von Schmitt für Mouffes politisches Denken liegt weniger daran, dass er eine scharfsinnige Kritik der liberalen Demokratie vorgelegt hat, als vielmehr darin, dass sein Begriff des Politischen und dessen Semantik des Ernstfalls attraktiv ist für eine postmarxistische Linke, die sich von der Revolution verabschiedet hat. Der emphatische Begriff des Politischen wirkt in diesem Kontext auch als ein Mythos.

Für einen konfliktiven Liberalismus - Chantal Mouffes Verteidigung der liberalen Demokratie

Zeitschrift für Politische Theorie (2/2014), 2014

Co-Authored with Grit Straßenberger. Generally, Mouffe’s political theory is labeled as a radical democratic concept. We are going to challenge this common view by showing that Mouffe derives her theory from the tradition of a conflictive liberalism. Coping with the political problems of the present, she re-narrates the history of democracy in order to generate a normative foundation of society that likewise acknowledges its own contingency. In sharp contrast to the commonalities of enlightenment liberalism and socialism, the acceptance of contingency makes clear that liberal democracy must always be both conceptually incomplete and nevertheless actively defended. Re-narrating democracy, Mouffe therefore encourages a liberal connection of pluralism and conflict. Both function as the antibodies to the threats of liberal democracy, debunked by Carl Schmitt. We reconstruct the intellectual references for Mouffe’s conflictive liberalism and finally propose to reconsider the relationship between liberalism and republicanism from this point of view. - peer reviewed -

Die postmoderne Querfront. Anmerkungen zu Chantal Mouffes Theorie des Politischen (erweiterte Version)

In: Ingo Elbe, Gestalten der Gegenaufklärung, Würzburg 2020

Chantal Mouffes gemeinsam mit Ernesto Laclau erarbeitete ‚postmarxistische‘ Theorie des Politischen ist derzeit der wohl meistdiskutierte Beitrag zum Thema Populismus. Mouffes und Laclaus Theorie stellt ein sowohl für den akademischen als auch den politischen und feuilletonistischen Diskurs attraktives Angebot dar: Sie gibt dem stets nach ‚Paradigmenwechseln‘ und Neologismen hungernden akademischen Betrieb eine neue ‚Beschreibung‘ der gesellschaftlichen Wirklichkeit; sie gibt der politischen Verunsicherung angesichts des vermeintlichen Scheiterns bürgerlicher wie kommunistischer Emanzipations- und Fortschrittsideen sowie des Untergangs ihrer Träger (des rationalen Individuums bzw. der proletarischen ‚Klasse für sich‘) einen ‚kontingenztheoretischen‘ Ausdruck; sie bietet aber zugleich das Versprechen neuer politischer Handlungsfähigkeit, indem sie die mit Ohnmacht assoziierbare Kontingenz und ‚Intransparenz des Sozialen‘ sowie das Fehlen des einen adressierbaren, politisch gestaltenden Subjekts als Möglichkeit neuer ‚hegemonialer Projekte‘ und sozialer Bündnisse begreift. Dieses Versprechen politischer Handlungsfähigkeit ist besonders für eine Linke attraktiv, die sich von der pluralen Version einer neoliberalen Einheitspartei in den Metropolen abwenden und sich zugleich das Erstarken nationalistischer, autoritärer und faschistischer Kräfte erklären will, das unter dem Label des ‚Aufstiegs des Rechtspopulismus‘ gerade in aller Munde ist. Beide Tendenzen – die ‚There is no Alternative-Politik‘ von Sozialdemokratie und klassischen Neokonservativen und das Erstarken der populistischen Rechten – werden insbesondere von Mouffe in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht. Als Heilmittel empfiehlt sie eine ‚antiessentialistische‘ linkspopulistische Strategie, die gegen ‚die neoliberalen Eliten‘ und die völkische Rechte zugleich gerichtet sein soll. Im Folgenden werde ich diesen postmarxistischen Zugang zum Phänomen des Populismus darstellen und einige seiner Grundannahmen einer Kritik unterziehen. Die Grundthese lautet, dass der postmarxistische Ansatz eine irrationalistische Sozialontologie und ‚essentialistische‘ Massenpsychologie impliziert, die es nicht gestatten, den gegenwärtigen Populismus zu begreifen. Stattdessen bewegt sich Mouffe reflexionslos in populistischen Denkformen und Carl-Schmitt’schen Ideologemen, deren rationale Erklärung einer analytischen Sozialpsychologie in der Tradition der Kritischen Theorie obliegt. Es handelt sich dabei um eine Querfront von linken Theoretikern und Rechtsradikalen auf der Ebene der grundlegenden Beschreibung gesellschaftlicher Verhältnisse, die mit einer Ablehnung von Vernunft und moralischem Universalismus einhergeht und auf der politischen Ebene im Ressentiment gegen den Westen im allgemeinen, gegen die USA im Besonderen, besteht.

Kritik am Staatsverständnis von Chantal Mouffe

Anhand einer Dekonstruktion des Staates, versuche ich eine Kritik am Staatsverständnis (der radikalen Demokratietheorie) von Chantal Mouffe zu üben. Dabei vergleiche ich systematisch die radikale Demokratie und verorte diese zwischen einem postnationalem Republikanismus und einer basisdemokratischen Anarchie.

Der Zwang zur Tragödie. Zur Selbstdurchbrechung des Politischen bei Carl Schmitt

Deutsche Zeitschrift für Philosophie – Zweimonatsschrift der internationalen philosophischen Forschung 67), 952-973, 2019

https://doi.org/10.1515/dzph-2019-0070 Abstract in English (the article is written in German): The concept of the political in Carl Schmitt’s works is not only defined by the distinction between friend and enemy, but also by the criterion of breaching the rules in a normatively unbound act of decision. According to Schmitt, this decision is, however, not arbitrary, but provoked by the necessity of a historical situation. This aspect of necessity calls the freedom of the decision into question and leads to tensions within Schmitt’s theory of the political. More explicitly than in Schmitt’s political and legal writings, this conflict between freedom and necessity is exposed in his theory of tragedy. In a reading of his book "Hamlet or Hecuba", published in 1956, I will show, in a first step, how the act of breaching the rules is not external to normativity, but occurs from within normativity itself. It is the act of self-breaching – of breaking the rules of its own genre – by which, according to Schmitt, modern tragedy is defined. This breach, however, is compelled by the necessity of a real, i. e. extraliterary, event. In a second step, I will expound on how this idea of self-breaching, which also characterises Schmitt’s understanding of the political, leads to a loss of decision which not only questions his idea of sovereignty, but also topples his concept of the political.

Carl Schmitt als Klassiker? Über das Anregungspotential denkerischer Provokation

Rechtsphilosophie. Zeitschrift für die Grundlagen des Rechts, 2021

ln his contribution, Jens Hacke considers the potentials of a liberal reception of Schmitt from the perspective of political science. On the one hand, he highlights the descriptive value of some of Schmitt's theorems when being taken up and modified under liberal premises. On the other hand, he argues that liberal positions can gain in profile by confronting Schmitt's objections. Moreover, Hacke argues that Schmitt's affirmative explanations of concepts such as "people", "unity", and "homogeneity" can provide' insights into current populist mechanisms that weaken present democracies.