2013_Religiöse Praktiken im Alten Orient der Frühzeit (original) (raw)

EX: N. Crüsemann, M. van Ess, M. Hilgert, B. Salje: Uruk. 5000 Jahre Megacity, Michael Imhof Verlag 2013: 235-239

Jegliche Geschichtsschreibung beschäftigt sich mit der Erzählung, der Rekonstruktion von Vergangenern. Überlieferungslücken werden dabei bestenfalls auf grund unserer Kenntnisse zeitlich und räumlich naheliegender Befunde geschlossen, schlimmstenfalls arbeiten wir mit unzutreffenden Vorurteilen. Daher bleibt selbst der Begriff,Religion' für die mesopotamischen Kulturen, die eine strikte Trennung zwischen physischer und metaphysischer Welt nicht kennen, problematisch und nicht selten eine Quelle für Missverständnisse. .Religion' hat aber zuvorderst nicht nur diese kognitive Dimension der ,Weltanschauung', sondern vor allen Dingen eine soziale und praktische Bedeutung. Eingedenk dieser Vorbemerkung muss also festgehalten werden, dass die nachfolgenden Ausführungen notwendigerweise mit vielen Unsicherheiten behaftet sind. Der Eanna ("Himmelshaus") genannte Bezirk in Uruk war bereits zur späten Uruk-Zeit ein Ort der Verehrung der Venusgöttin, mit sumerischem Namen dinana-k, "Herrin des Himmels", wobei Verständnis, Funktion und Lesung des Göttinnennamens sicher in diese Zeit zurückreichen. Zeugnis dafür sind Texte, die eine dinana-UD, dinana-sig bzw. dinana-nun., d. h. eine "leuchtende (aufgehende)