Der fremde und ferne Gott. Max Webers Sicht der altisraelitischen Religion (original) (raw)

Das Religiöse’ in Max Webers Religionssoziologie

Saeculum, 1992

Zu den Besonderheiten der heutigen Religionssoziologie-und der Religionswissenschaften überhaupt-gehört eine auffällige Verunsicherung im Grundbegrifflichen: was ist,Religion'? Wie soll man den Begriff bestimmen? Natürlich ist das Problem alt, aber nach dem massiven Säkularisierungs-oder doch wenigstens Entkirchlichungsschub der siebziger Jahre 1 und angesichts der deutlichen Tradierungsprobleme des Christentums 2 stellt es sich mit sichtlich forcierter Dringlichkeit: je mehr die Religion-wenigstens in Westeuropa-ins .Unsichtbare', ins .Hintergründige' .abgleitet' und dort nun von Sozialforschern gesucht werden muß 3 , desto intensiver und: abstrakter ist die Debatte um den Religionsbegriff geworden. Und mit der zunehmenden Abstraktheit löst sich heute das Religionsverständnis zumal der Soziologie mehr und mehr aus der Primärorientierung an den Hochreligionen, vor allem den christlichen Kirchen. Die Präferenz liegt sichtlich bei einer privatisierten,,deinstitutionalisierten', inhaltlich ganz ungebundenen Sozialgestalt des Religiösen, die als ,modernitätsadäquat' gilt; kombiniert damit ist typisch die These, nicht ,das Religiöse', sondern nur die christlichen Kirchen hätten in der Moderne ^säkularisierende') Substanzverluste hinnehmen müssen 4. Die Klärung des, wie man früher ge

Max Webers Religionssoziologie. Eine Neubewertung

Max Webers Religionssoziologie als eine Typologie und Soziologie des Rationalismus ist von Interesse geblieben, da in ihr nicht nur Einsichten in die Einstehung der Teilordnungen des modernen Gesellschaftssystems, sondern auch in die Entwicklung- und Gesellschaftsgeschichte des Okzidents überliefert sind. Diese Untersuchung nimmt im Kontext des Forschungsstandes eine Neubewertung seiner Religionssoziologie vor. Sie möchte zu einen Zugang zu Webers leitender Fragestellung beitragen und die Grenzen herausfinden, die uns heute von seiner Soziologie trennen.

Potenz und Depotenzierung der Religion - Religion und Rationalisierung bei Max Weber

Saeculum, 1993

Max Webers Beschreibung der modernen Gesellschaft setzte fast monomanisch auf einen Begriff: auf den des,Rationalen', bzw. des ,Rationalismus', er setzte damit auf einen erklärtermaßen vieldeutigen (RS I, 11 f., 35, Anm. 1) und darin von ihm selbst nie aufgeklärten Begriff. 1 Sehr bewußt hat Weber damit (u. a.) das bis heute hochgehaltene Begriffsangebot von ,Arbeitsteilung', ,Funktionsdifferenzierung' und gesellschaftlicher Komplexität' ausgeschlagen, wie es vor ihm Spencer, Dilthey, Simmel, Durkheim und andere soziologisch genutzt hatten. 2 Und was die ihm immer vorrangige genetische und Entwicklungsseite der Sache angeht, so spricht Weber von ,Rationalisierung'. Mit der ,okzidentalen Rationalisierung' ist nun aber nicht ein homogener Makrotrend des sozialen Wandels gemeint, sondern eine durchaus heterogene Mehrzahl in sich diskontinuierlicher Entwicklungsreihen: "die Geschichte des Rationalismus" ist, wie Weber sagt, weit davon entfernt, "eine auf den einzelnen Lebensgebieten parallel fortschreitende Entwicklung" zu sein (RS I, 61 f.); es geht dabei eben nicht um ,genetisch abgestimmte', um synchronisierte oder komplementäre Prozesse (wie es Differenzierung' leicht suggeriert). Allerdings: im Zuge und Fortgang der Neuzeit und auf dem Boden des Okzidents laufen verschiedene Rationalisierungsprozesse auf eigentümliche Weise und kumulativ aufeinander zu, ,finden sich', zeigen sich teilweise ,wahlverwandt' und wirken so stützend und verstärkend aufeinander zurück. Dies vollzieht sich in soziologischer Sicht aber fern aller Teleologie: ungesteuert, dabei ohne historisches ,Vorbild', universalgeschichtlich singulär und ,νοη hinten' (etwa vom Zeitstandort des Mittelalters) her gänzlich unprognostizierbar, also unwahrscheinlich. Und dennoch ist am Ende eine Kulturlandschaft entstanden, für die Weber den Einheitstitel des ,okzidentalen Rationalismus' bereithält. 3 1 Allerdings trug er sich mit der Absicht einer solchen Aufklärung. In den .Soziologischen Grundbegriffen' (WuG I, 22) heißt es ausdrücklich: "Diese Vieldeutigkeit des Begriffs der .Rationalisierung' des Handelns wird uns noch öfter beschäftigen. (Begriffliches dazu am Schiaß!)" ; dieser Schluß ist aber nie geschrieben worden. Auch die Sekundärliteratur zur Sache bietet die Aufklärung nicht. Man muß sich aber klarmachen: Die Vieldeutigkeit des "nur scheinbar eindeutigen Begriff(s) des .Rationalen'" war eine

„Was hat Max Weber mit Kātib Čelebi zu tun? Ein Annäherungsversuch an Gottfried Hagen.“ In: Asiatische Studien 68/2 (2014), S. 549–556.

Asiatische Studien 68/2, pp. 549–556

This article responds to Gottfried Hagen's extensive review (see Der Islam 2/2013) of my book Islamische Verantwortungsethik im 17. Jahrhundert. Ein weberianisches Verständnis der Handlungsvorstellungen Kātib Čelebis (1609–1657). Whilst I benefitted greatly from some of Hagen's critical remarks and historical elucidations, his review not only misstates crucial passages of my book but also largely disregards its main objective, which is to develop a systematic model for understanding Kātib Čelebi's ethical stance. Besides reiterating crucial arguments ignored and rectifying central aspects misrepresented in Hagen's review, I here ask how the more fundamental misunderstandings – exceeding differences in theoretical positions or empirical observations – between the au-thor's intentions and the reviewer's reception may be explained. Gottfried Hagen's historiographical perspective on Kātib Čelebi diverges from my sociological take on the same subject matter to the extent that both perspectives are struggling to enter into dialogue. Such dialogue, however, remains highly desirable so as to complement a historical reconstruction of Kātib Čelebi's life and times with a systematic, theoretically grounded understanding of his views.