Stoppel, D, Korn, D. & Amler, M. R. W. (2006): Der Nord- und Nordostrand des Rheinischen Schiefergebirges und das zentrale Sauerland. – Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 41: 330-357. (original) (raw)
Kurzfassung: Das Verbreitungsgebiet der Kulm-Fazies am Nord-und Nordwestrand des Rheinischen Schiefergebirges grenzt in der Umgebung von Velbert und Ratingen an die Flachwasserschelffazies des Kohlenkalks. Örtlich wurde Kulm-Fazies nördlich des Schelfgebietes bei Isselburg (nordöstlich von Kleve) erbohrt. In Bohrungen sind allerdings unterkarbonische Sedimentgesteine meist erst in Teufen unterhalb 4000 m zu erwarten. Die Kulm-Fazies des Unterkarbons beginnt mit einem deutlichen Sedimentationswechsel von grau-grünlichen Tonsteinen, denen Hangenberg-Kalk (Gattendorfia-Kalk) eingelagert ist, zu dunkelgrauen bis schwarzen Peliten. Die Basis der Kulm-Folge bilden die Liegenden Alaunschiefer, gefolgt von schwarzen Kulm-Kieselschiefern (Kulm-Lyditen) und Kulm-Kieselkalken, über denen sich schließlich die Kieseligen Übergangsschichten mit den crenistria-Bänken anschließen. Die darüber folgenden Kulm-Tonschiefer mit den Posidonienschiefern an der Basis leiten zu den Kulm-Grauwacken über, die uneinheitliche Turbiditschüttungen mit Tonsteinzwischenlagen bilden. Im Verlauf des späten Viséums wurden auch die alten Devon-Riffe, die als Hochgebiete persistierten, in dieses klastische Sedimentationsgebiet einbezogen. Die Grauwackenschüttungen stehen im Zusammenhang mit der von Südosten herannahenden Variszischen Orogenese, die mit der Heraushebung des Taunus begann und die ungefähr 20 Ma später den heutigen Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges erreichte. Als Sonderfazies innerhalb des Kulms kam es auf den abgestorbenen und verkarsteten Devon-Riffen sowie in Hohlräumen und Spalten im Riffkalk lokal zur Ablagerung fossilreicher Erdbach-Kalke, die isolierte Flachwasserareale repräsentieren. Vulkanische Tätigkeit ist während des Tournaisiums und frühen Viséums durch Ablagerungen geringmächtiger saurer Tuffite belegt. Vor allem im unteren Ober-Visé sind diese Tuffitlagen lithostratigraphisch nutzbar. In der Wittgensteiner Mulde, der Waldecker Mulde sowie am Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges bildet der bis 25 cm mächtige Beddelhausener Tuff (Quarzporphyrit-Tuffit) einen bedeutenden Leithorizont. Im Gegensatz zum Lahn-Dill-Gebiet fehlen im nördlich anschließenden östlichen Rheinischen Schiefergebirge basaltische Effusiva ("Deckdiabas"). Die tonig-kieseligen Kulm-Sedimentgesteine des Unterkarbons sind vorwiegend durch nektonische und planktonische Organismen gekennzeichnet. Makrofossilien kommen in zahlreichen Horizonten und an vielen Fundpunkten vor; mehrere Lokalitäten (u. a. Herborn und Wuppertal-Aprath) sind international bekannte Fossillagerstätten. Im Grenzbereich Devon/Karbon und während des Unter-Tournaisiums ist der Hangenberg-Kalk mit örtlich reichen Cephalopoden-, Trilobiten-und Bivalven-Faunen ausgebildet. Die Erdbach-Kalke (Ober-Tournai -unterstes Visé) führen v. a. Conodonten, Goniatiten, Korallen, Crinoiden, Trilobiten, Gastropoden und Brachiopoden. Im Ober-Visé liefern die Kieseligen Übergangsschichten mit den crenistria-Bänken sowie die Posidonienschiefer z. T. reiche Cephalopoden-, Trilobiten-, Crinoiden-, Bivalven-und Brachiopoden-Faunen. Der im Raum Hagen -Arnsberg im mittleren und oberen Ober-Visé ausgebildete Kulm-Plattenkalk enthält Cephalopoden und Bivalven in einzelnen Kalksteinbänken und tonigen Zwischenlagen sowie gelegentlich Pflanzenreste. In den weit verbreiteten Kieselschiefern und Kieselkalken beschränkt sich der Fossilinhalt weitgehend auf Radiolarien, Schwammnadeln, Conodonten und Detritus, bestehend aus Crinoiden, Bryozoen und Foraminiferen. In den Tonsteinen, die in die Grauwackenschüttungen eingeschaltet sind, kommen Cephalopoden und Bivalven vor. Die Gesamtmächtigkeit der Sedimentgesteine in Kulm-Fazies kann örtlich 1000 m überschreiten, meist ist sie jedoch erheblich geringmächtiger. Genaue Angaben sind wegen der variablen Mächtigkeiten der Grauwackenschüttungen selten möglich. Der untere Abschnitt der Kulm-Folge ist gewöhnlich relativ geringmächtig entwickelt; Grauwacken wurden in größerer Mächtigkeit erst im späten Viséum geschüttet.