Wissensvermittlung im Gespräch Eine Studie zu klassisch-arabischen Dialogen (original) (raw)

Wissensaustausch im Dialog

1987

Ich möchte in dieser Arbeit Verständigungsprobleme untersuchen, d.h. Probleme, die dann auftreten können, wenn zwei Menschen versuchen, Teile ihres Wissens auszutauschen. Ich denke dabei an Situationen wie die folgende: Frau Müller erklärt ihrem Mann, wie der Motor ihres Autos funktioniert, damit er sich bei der nächsten Panne besser zu helfen weiss. Oder: Hans und Ruedi sitzen hinter der Garage und tragen zusammen, was sie über Physik wissen, da sie eine Mondrakete basteln mochten; etc. Es geht also um Situationen, in denen das Wissen über einen Gegenstand anfänglich auf zwei Personen verteilt ist (z.B. das Vorwissen über Motoren bei den Müllers, bzw. die Physikkenntnisse bei Hans und Ruedi) und dann nach einem kürzeren oder längeren Gespräch beiden Personen zugänglich sein sollte, soweit das für die Lösung des anstehenden Problems notwendig ist. In beiden Beispielen kann es geschehen, dass die Absicht, die hinter dem Gespräch steckt, nicht verwirklicht werden kann. Sei es, dass Herr Müller trotz den Bemühungen seiner Frau nachher noch immer nicht weiss, wozu eine Zündkerze gut ist; sei es, dass Hans und Ruedi frustriert in einer Menge unvollständiger Pläne stecken bleiben. Natürlich sind die verschiedensten Ursachen für solche Misserfolge denkbar. Herr Müller könnte z.B. Mühe haben, von seiner Frau Erklärungen über technische Dinge zu akzeptieren, und deshalb hört er gar nicht richtig zu. Oder Hans und Ruedi haben in der Schule nicht genügend aufgepasst, so dass ihr gesammeltes Wissen einfach nicht zum Bau einer Rakete ausreicht; etc. . Unter all den möglichen Ursachen möchte ich hier einen ganz speziellen Fall herausgreifen. Ich gehe im folgenden von der Annahme aus, dass beide Gesprächspartner guten Willens sind, das Problem kooperativ zu lösen, und dass ihr Wissen über den Gegenstand prinzipiell auch ausreicht, um zu einer Lösung zu gelangen. Schwierigkeiten sollen nur im eigentlichen Ablauf des Dialogs auftreten, so dass es den beiden nicht gelingt, das vorhandene Wissen in ausreichendem Mass von einer Person auf die andere zu übertragen. Mich interessiert hier also der kognitive Prozess der Informationsübertragung zwischen zwei Personen und die damit verbundenen Probleme.

Dialog über Wissenstheorie

Dieser Dialog versteht sich als Kommentar zum Hauptartikel von Ernst von Glasersfeld „Die Radikal-Konstruktivistische Wissenstheorie“. Der Dialog hat tatsächlich in schriftlicher Form zwischen den in den Anmerkungen genannten Personen (via E-Mail) stattgefunden. Die Wahl dieser Form ist Ausdruck meiner Überzeugung, dass insbesondere (aber nicht nur) in der Thematik „Wissenstheorie“ schriftliche Dialoge sehr nützlich sein können um die Theorie zu klären und weiterzubringen. Ebenfalls inhaltlich von Bedeutung ist für mich die „platonische“ Kulisse des Dialogs (Prolog, Gesprächs-Einlagen und Epilog) weil - wie ich bereits 1991 vorgeschlagen habe - Platons Ideenlehre radikal-konstruktivistisch gedeutet werden kann - und mit Gewinn! Darauf will auch der Platon-Zitat am Anfang des Textes spezifisch hinweisen. Ich habe für die genannte „Kulisse“ Auszüge aus der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher verwendet weil seine heute altmodisch klingende Sprache mir besser als modernere Übersetzungen dazu geeignet scheint, auf die Notwendigkeit einer bis zu den Wurzeln unserer philosophischen Tradition zurückehende Reflexion hinzuweisen, insb. bei der Thematik „Wissenstheorie“.

Ein ägyptischer Dialog über die Schreibkunst und das arkane Wissen

Archiv für Religionsgeschichte, 2007

Die vor kurzem erschienene Publikation des Werkes, das von seinen Bearbeitern als "Thotbuch" bezeichnet wird, 1 hat große Aufmerksamkeit verdient. Inhalt des Textes ist vorrangig ein Dialog zwischen einem "Weisheitsliebenden" (mri-rh), den ich im folgenden auch als den "Kandidaten" bezeichnen will (wer etwas dreister ist, kann ihn in wörtlicher Bedeutung des griechischen Kompositums als "Philosoph" wiedergeben) und seinem Mentor und Examinator, der als hr^fn hsr.t ("so sagte er in Heseret") oder hr^f n hs-rh bezeichnet wird und nach Meinung der Herausgeber eine Form des Thot darstellt. Ich wäre hier eher skeptisch, da Thot im Text als klärlich von dem Dialogpartner unterschiedene Gestalt erwähnt wird. In einigen Passagen vor allem des hinteren Teils (z. B. B02, 11/11 ff.) spielt auch eine Gestalt namens wpi-tp-).t~f eine größere Rolle. Ich würde vorschlagen, den hinteren Bestandteil als Schreibung für tp-i).t=f "auf seiner Standarte" aufzufassen, wobei der vordere Bestandteil "der Öffner" eventuell eine Kurzform für Wpi-wH.wt, den "Wegöffner", darstellt, also eine typischerweise auf Standarten dargestellte Geleitgottheit in Schakalsgestalt. Weiterhin greift auch der Türhüter des Lebenshauses ins Gespräch ein (C02.1, 4). Eine Gestalt g/g=/nl b.w "er hat die Seelen (d.h. Bücher) gefangen" (V01, 2/18 u. Par.; B01, 2/4; eventuell auch V01, 4/14 f.) mischt sich ebenfalls ein. Auch ein kmWf nl mlwy "er hat die Gedanken geschaffen" ist B02, 11/2 als Redner belegt. Der Text ist in (relativ langen) Versen strukturiert und in der Mehrzahl der Zeugen auch durch stichische Schreibung äußerlich klar strukturiert; von den nicht stichisch geschriebenen weisen einige (V01 und B01) teilweise eine Markierung der Versgrenzen durch kleine Spaden auf. Die Handschrift B02 zeigt öfters innerhalb eines Verses noch Punkte unter der Zeile, deren Funktion allerdings nicht recht klar wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Anfang des Werkes, und damit auch der Titel, weitgehend erhalten. Im Folgenden soll eine durchgehende deutsche Übersetzung zumindest der leidlich gut erhaltenen 1 Richard Jasnow, Karl-Theodor Zauzich, The Ancient Egyptian Book of Thot. A Demotic Discourse on Knowledge and Pendant to the Classical Hermetica (Wiesbaden 2005). Vgl. dazu J.F. Quack, Die Initiation zum Schreiberberuf im Alten Ägypten, SAK 36 (2007), 249-295; in letzterem Beitrag finden sich auch Begründungen für meine gegenüber der Erstbearbeitung nicht selten abweichenden Lesungen und Übersetzungen.

Zur sprachlichen Auswirkung des Chats im Deutschen und Arabischen

Transcultural Journal of Humanities and Social Sciences (Print), 2021

ranscultural Journal for Humanities and Social Sciences (TJHSS) is a journal committed to disseminate a new range of interdisciplinary and transcultural topics in Huminites and social sciences. It is an open access, peer reviewed and refereed journal, published by Badr University in Cairo, BUC, to provide original and updated knowledge platform of international scholars interested in multi-inter disciplinary researches in all languages and from the widest range of world cultures. It's an online academic journal that offers print on demand services. TJHSS Aims and Objectives: To promote interdisciplinary studies in the fields of Languages, Humanities and Social Sciences and provide a reliable academically trusted and approved venue of publishing Language and culture research.

Das Spannungsfeld von Hochsprache und Dialekt im arabischen Raum

In der arabischen Welt herrscht eine sehr alte und stabile Situation der Diglossie, d.h. des funktional geregelten Nebeneinanders von zwei historischen Entwicklungsstufen der gleichen Sprache. Das Moderne Hocharabisch ist eine konservierte Form des Klassischen Arabisch. Es genießt hohes Ansehen und dient als Schriftsprache, wird aber nicht muttersprachlich erwor-ben, sondern durch Unterricht erlernt. Im mündlichen und informellen Bereich werden die jeweiligen Dialekte verwendet; sie sind die natürliche Muttersprache der Bevölkerung, genie-ßen jedoch keinerlei Ansehen. Da die Hochsprache in ihrer äußeren Form nicht verändert werden darf, aber auch die Dialekte sich nicht zu modernen geschriebenen Volkssprachen entwickeln dürfen, scheint die Diglossiesituation für alle Zeit festgeschrieben. Dadurch ist das Überleben der Dialekte gesichert, obgleich sie sich untereinander stärker annähern. Die Ge-ringschätzung der Dialekte in der arabischen Welt bedingt auch eine Ablehnung der Dialekto-logie. Deshalb war die arabische Dialektologie immer eine Domäne westlicher Forscher, doch nun deutet sich auch im Westen ihr Niedergang an. 1 Modernes Hocharabisch als Esperanto Vor ein paar Jahren spazierte ich mit einem guten Freund und hochgeschätzten Kollegen, dem Turiner Professor Fabrizio Pennacchietti, über die King George Street in Jerusalem, als ich einen jungen Mann mit asiatischen Gesichtszügen auf uns zukommen sah. Er begrüßte mei-nen Freund, und die beiden begannen eine lebhafte Unterhaltung. Allerdings sprachen sie in einer Sprache, die irgendwie nicht ortstypisch war, und ich brauchte ein paar Momente, bis mir klar wurde, daß es sich um Esperanto handelte. Dann fiel mir wieder ein, daß Fabrizio ein begeisterter Esperantist war. Wo auch immer eine Reise ihn hinführte, nahm er Kontakt mit den lokalen Esperantisten auf. Auf diese Weise hatte er auch den jungen Mann kennengelernt, der sich als ein japanischer Student entpuppte. Die Begegnung auf der King George Street war für mich eine interessante Demonstration der Nützlichkeit des Esperanto. Auf den ersten Blick eine sehr gute Sache – wo auch immer man hinkommt, findet man auf Anhieb Leute, mit denen man sich problemlos verständigen kann, und die einem bereitwillig weiterhelfen. Auf den zweiten Blick hat die Sache allerdings einen Haken. Kommt man als Esperantist in ein Land, dessen Sprache man nicht versteht, so kann man zwar mit anderen Esperantisten kommunizieren, nicht jedoch mit der Bevölkerung im allgemeinen. Was der sogenannte " Mann auf der Straße " denkt, bleibt einem auf diese Weise verborgen. Meine Mit-Esperantisten hätten es in der Hand, was ich über ihr Land erfahre und was nicht; schlimmstenfalls könnten sie mich mit falschen Informationen versorgen oder in einer be-stimmten Richtung zu indoktrinieren versuchen. Doch es gibt noch andere Nachteile: Die Sprache eines Volkes dient nicht nur der Verständigung, sie transportiert auch eine gewisse Weltsicht, ein Lebensgefühl, eine spezifische Art zu denken und zu fühlen, mit andern Wor

Zur Kulturalität und Historizität von Gesprächen und Gesprächsforschung

2008

Die linguistische Gesprächsforschung kann als eine Form der Selbstreflexion von Menschen auf die Formen und Strukturen ihres Umgangs miteinander betrachtet werden. Der gesprächsweise Umgang war allerdings auch schon vor der modernen Gesprächsforschung Gegenstand gelehrter wie gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. So räumt etwa die seit dem 17. Jahrhundert zunehmend umfangreichere Umgangsliteratur dem Gespräch grundsätzlich viel Raum und kritische Betrachtungen ein. Anhand unterschiedlicher Textund Bildquellen, vorwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert soll gezeigt werden, dass Gespräche und einzelne Gesprächsformen nicht nur als kommunikative Gattungen zu beschreiben sind, d.h. als Muster interaktiven Handelns, die sich aufgrund immer wiederkehrender Aufgaben in einer Gesellschaft ausgebildet haben, sondern dass Gespräche – jenseits sachfunktionaler Bedürfnisse – immer auch Objekte kultureller Zurichtung und sozialsemiotischer Prägung sind. Der nachfolgende Text versteht sich entsprec...

Christlich-muslimische Kommunikation im Spiegel lateinischer und arabischer Prosalehren und Kanzleihandbücher

Archiv für Kulturgeschichte

Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts hat sich in ganz Europa die Briefstellerliteratur fest etabliert. 1 Hunderte Prosalehren, die so genannten artes und summae dictandi, wurden in allen Teilen des Kontinents verfasst, kopiert, in den Kanzleien auch rezipiert und dort zum Muster politischer Kommunikation erhoben. 2 Diese Texte lehrten und regelten schließlich jegliche Form 1 Einen Überblick über die Verbreitung vermittelt der mehrbändige Handschriftenzensus von Emil J. PolaK, Medieval and Renaissance Letter Treatises and Form Letters.