Religion und Kulten in Baktrien (2018) (original) (raw)
Eine der bekanntesten, aber nicht desto weniger schweren Lücken der griechisch-fernöstlichen Forschung ist mit dem Quellenmangel verbunden. Die Historiker Alexanders und ihre griechischen und römischen Nachfolger haben uns nur einen Teil, und nicht unbedingt den bemerkenswertesten, 1 der Geschichte des griechischen Ostens überliefert; diese Erzählungen sind sehr oft von tiefgreifenden, kulturell geprägten Vorurteilen gekennzeichnet, die uns hindern, einen tieferen Einblick in die Sitten und gesellschaftlichen Bräuche einheimischer Völkern zu werfen. Ähnliche, und wahrscheinlich noch schwieriger zu überwindende Probleme sind mit der Frage der Religion im griechischen Osten, in unserem Fall dem griechischen Baktrien, verbunden. Da wir keine umfangreichen historischen Quellen besitzen, archäologische Funde uns vereinzelt und oft aus fragwürdiger Quelle erreichen, und zudem Ausgrabungsberichte fehlen, ist es auch methodologisch sehr problematisch, über Religion und Kulte zu reden. Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Quellenstandes, ist man gezwungen, einen Wechsel in der Methodologie in Betracht zu nehmen und wird zurzeit nur über einzelne Rituale und lokale Kulte reden können. Ein Gesamtüberblick der ostasiatischen Religion der Griechen bedarf zukünftiger Ausgrabungen und angemessener Berichterstattung. In den folgenden Seiten versuche ich mich an diese Richtlinien zu halten: Aufgrund dessen nehme ich mir vor, drei sehr berühmte Inschriften Baktriens zu besprechen. Mein Ziel besteht hauptsächlich darin, die Sitten, Vorstellungen und Gebräuche der betreffenden Gemeinden zu analysieren, und damit manche Aspekte der Kultpraxis der einheimischen Bevölkerung zu beleuchten.