Kovács, Kálmán: Der grenzenlose Anti-Kriegsdiskurs in den Historische[n] Schauspiele[n] (1810) von Johann Ladislaus Pyrker. In: Grenzenlosigkeit. Transkulturalität und kreative Schreibweisen in der deutschsprachigen Literatur. Wien: Praesens Verlag, 2017, 81-92 (=Pécser Studien für Germanistik 8). (original) (raw)

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References (4)

  1. Es ist bemerkenswert, warum Zrínyi kein Vertrauen zum Feind haben kann. Nicht weil sie Türken, Moslems, Ungläubige etc. sind. Suleyman wäre ja ein zuverlässiger Partner, mit dem man getrost verhandeln könnte. Für die Unzu- verlässigkeit von Sokolowitsch plädiert Zrínyi auch nicht damit, dass er ein Türke, Muselmann etc. ist, sondern dass er als Renegat ein unzuverlässiger Mensch sei. Ansonsten gibt es zuverlässige, d. h. gute Menschen auch im os- manischen Lager. Zrínyi lobt Suleyman: Frohlockt nicht über seinen Tod. Er war Ein Held, wer könnt' es leugnen? -Ja, er war Ein weiser, herrlicher Regent. Nur Schade, Daß ihn die Lehre seiner Väter zum Verheerenden Eroberer bestimmte. (231)
  2. Dass der Gegner als ein ehrenvoller, würdiger Partner gestaltet wird, ist nicht neu. Größe braucht Größe in der Tragödie. Holofernes, Inbegriff der großen historischen Persönlichkeit in Hebbels Tragödie Judith, meint dazu: "Es ist öde, nichts ehren zu können als sich selbst." 30 Zrínyi sagt aber wesentlich mehr: Suleyman war "ein weiser, herrlicher
  3. Regent", nur "die Lehre seiner Väter", d. h. seine Religion hat ihn auf Irrwege geführt. Die Religion verkörpert hier nicht die Substanz des Menschen, son- dern erscheint als etwas Äußeres, sie ist Ideologie. Es ist eine merkwürdige Ansicht vom späteren Patriarchen von Venedig und vom Erzbischof von Eger. Noch wichtiger ist die Figur eines türkischen Gefangenen, Masul ge- nannt. Er lag krank am Straßenrand, Zrínyi ließ ihn pflegen und gewährte ihm Asyl. Masul betrachtet deswegen Zrínyi als seinen Herrn und vergöttert ihn. Als ein türkischer Gesandter Masul abwertend einen Renegaten nennt, erwi- dert Zrínyi: "Dieser ist schon lange nur / Dem Glauben nach mehr Euer." (265; Herv. K.K.) Auch hier erscheint die Religion der Figur als etwas Sekun- däres: Der Mensch ist wesentlich mehr als seine Religion, und dieses Etwas, das den Menschen prägt, ist das Gemeinsame zwischen Zrínyi und Masul, 29 Zitiert wird die Erstausgabe (Anm. 6), die Seitenzahlen werden unmittelbar im Text angegeben.
  4. Hebbels Werke in drei Bänden. Berlin/Weimar: Volksverlag, 1963-1966. Bd. 2 (1963), S. 71.