Schneeberg (original) (raw)

Stausberg und das Sacré

die markantesten Fortschritte, die in der Reflexion über die sozialen Phänomene bewerkstelligt wurden, sind in einer Periode der Krise zu Tage getreten oder hinsichtlich einer Krise, wenn die Ereignisse die gewohnten Rahmenbedingungen und die traditionellen Lösungen überschreiten.» 1 Was ist sakrale Soziologie nach Georges Bataille? Anmerkungen zu einem Artikel von Michael Stausberg 2017 publizierte Michael Stausberg einen Artikel über die unterschiedlichen Verwendungsweisen der Begriffe des «Sakralen» und des «Heiligen» bei Autoren wie Émile Durkheim, Marcel Mauss, Roger Caillois, Nathan Söderblom und Rudolf Otto. 2 Darin widmete er Roger Caillois und dem Collège de Sociologie einen eigenen Abschnitt. 3 Hierbei kritisierte Stausberg insgesamt bezüglich der Definition des «Sakralen» in den Schriften von Caillois und Bataille aus der Zeit des Collège, dass nirgends eine klare Definition dessen gegeben wird, was sie unter diesem Begriff verstanden. 4

Schnee

2005

Ka hatte sich auf sein Bett ausgestreckt und vor sich hin geträumt, da klopfte es. Er stand, wie er im Mantel dagelegen hatte, auf und öffnete. Cavit, der Rezeptionist, der den ganzen Tag neben dem Ofen mit Fernsehen zubrachte, stand an der Tür und sagte: »Das habe ich vorhin vergessen; Serdar Bey erwartet Sie dringend.« Gemeinsam stiegen sie in die Hotelhalle hinunter. In dem Augenblick, als Ka das Hotel verlassen wollte, blieb er stehen: I·pek war eben durch die Tür neben der Rezeption eingetreten; und sie war viel schöner, als Ka sie in Erinnerung hatte. Ihm fiel plötzlich wieder ein, wie schön sie in ihren Studentenjahren gewesen war. Er wurde ganz aufgeregt. Ja, natürlich, so schön war sie gewesen. Wie zwei verwestlichte Bourgeois aus Istanbul gaben sie sich erst die Hand, dann, nach kurzer Unentschlossenheit, reckten sie den Kopf vor, umarmten und küßten sich auf die Wangen, ohne daß die unteren Teile ihrer Leiber sich berührten. I·pek wich etwas zurück und sagte mit überraschender Offenheit: »Ich wußte, daß du kommen würdest. Taner hat angerufen und es mir gesagt.« Sie schaute Ka direkt in die Augen. »Ich bin wegen der Lokalwahlen und der jungen Selbstmörderinnen hier.« »Wie lange bleibst du?« fragte I·pek. »Neben dem Hotel Asien ist die Konditorei Neues Leben. Ich habe jetzt mit meinem Vater zu tun. Um halb zwei könnten wir uns dort zusammensetzen und reden.« Ka spürte, daß die ganze Szene etwas merkwürdig war, weil sie sich nicht in Istanbul -etwa im Viertel Beyog_lu -, sondern in Kars abspielte. Er wurde sich auch nicht klar, wieviel von seiner Aufregung an I·peks Schönheit lag. Nachdem er auf die Straße getreten war und Richtung Zeitungsredaktion ging, während der Schnee fiel, dachte er: Wie gut, daß ich diesen Mantel gekauft habe. Unterwegs sagte ihm sein Herz mit der unerschütterlichen Gewißheit der Gefühle noch zwei Dinge, die sein Verstand nie zugegeben hätte. Erstens: Ka war nicht nur zum Begräbnis seiner Mutter von Frankfurt nach Istanbul gekommen, sondern auch, um nach zwölf einsamen Jahren ein türkisches Mädchen zum Heiraten zu finden. Zweitens: Ka war von Istanbul nach Kars gekommen, weil er insgeheim glaubte, dieses Mädchen sei I·pek. Hätte ihm gegenüber ein Freund mit starker Einfühlungsgabe diesen zweiten Gedanken geäußert, hätte ihm Ka nicht nur nie verziehen, sondern sich wegen der Richtigkeit dieser Vermutung selbst sein Leben lang geschämt und beschuldigt. Ka war einer der Moralisten, die sich selbst überzeugt haben, daß das Leseprobe Seite 1 Schnee | Orhan Pamuk entschlossen, Ihnen zu sagen, wie es ist«, sagte Serdar Bey. Mit einer Klarheit des Verstands und einem Optimismus, wie er sie seit Jahren nicht mehr empfunden hatte, begriff Ka sofort, daß das eigentliche Thema Scham war. In Deutschland war das auch für ihn selbst jahrelang das Thema gewesen, aber er hatte die Scham vor sich selbst verborgen. Weil Ka jetzt eine Hoffnung auf Glück in sich trug, konnte er sich diese Tatsache eingestehen. »Wir waren hier früher alle Brüder«, sagte Serdar Bey, als verrate er ein Geheimnis. »Aber seit ein paar Jahren haben alle angefangen zu sagen ›Ich bin Aserbaidschaner‹, ›Ich bin Kurde‹, ›Ich bin ein Terekeme‹. Natürlich gibt es hier Angehörige aller möglichen Völker. Die Terekeme -wir nennen sie auch Karapapak -sind Brüder der Aserbaidschaner. Die Kurden -wir sagen ›Stämme‹ zu ihnen -wußten nichts über ihr Kurdentum. Der seit osmanischer Zeit Ansässige hat nicht geprahlt: ›Ich bin ein Alteingesessener!‹ Turkmenen, Lasen aus Posof, Deutsche, die der Zar aus Rußland verbannt hatte, die gab es alle, und keiner bildete sich etwas darauf ein, was er war. Diesen ganzen Stolz hat das kommunistische Radio Tiflis verbreitet, das die Spaltung und Vernichtung der Türkei beabsichtigt. Heute ist jeder ärmer und stolzer als früher.« Serdar Bey kam zu dem Schluß, daß Ka beeindruckt war, und ging zu einem anderen Thema über. »Die Islamisten gehen von Tür zu Tür, besuchen die Leute in Gruppen zu Hause, schenken den Frauen Haushaltswaren, Töpfe, Orangenpressen, Kartons voller Seife, Weizenschrot und Waschmittel, bauen einen engen Kontakt von Frau zu Frau auf, stecken den Kindern mit Stecknadeln Goldstücke an die Schultern. Sie sagen ›Gebt eure Stimme der Wohlfahrtspartei‹, die sie die Partei Allahs nennen, sagen, daß diese Armut, dieses Elend, das über uns gekommen ist, daher kommt, weil wir vom Wege Gottes abgewichen sind. Mit den Männern sprechen Männer, mit den Frauen Frauen. Sie gewinnen das Vertrauen der Arbeitslosen mit ihrem geknickten Stolz, ihrem Zorn, sie bereiten den Frauen der Arbeitslosen, die nicht wissen, was sie abends im Topf zum Kochen haben werden, eine Freude, versprechen dann mehr Geschenke und lassen sie schwören, für sie zu stimmen. Sie gewinnen nicht nur den Respekt der von morgens bis abends erniedrigten Ärmsten und der Arbeitslosen, sondern auch der Studenten, die am Tag nur einmal eine heiße Suppe Leseprobe Seite 4 Schnee | Orhan Pamuk

Ein Ringkampf am Seggauberg

Im Lapidarium des Schlosses Seggau, am Seggauberg bei Leibnitz, befindet sich oberhalb des linken Zugangs in den Korridor ein 0,3960,43 m großes Relieffragment 1 , in dem man zwei ringende Knaben erkannt hat (Abb. 1). Dem Stück, das bisher wenig Beachtung gefunden hat 2 , soll hier nun etwas mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden.

Das jungsteinzeitliche Silexbergwerk

Ausgelöst durch zwei Bauprojekte in den Gemeinden Olten und Wangen bei Olten, untersuchte die Kantonsarchäologie in den Wintermonaten 2009/2010 und 2010/2011 Teile des jungsteinzeitlichen Silexbergwerks Chalchofen. Hier wurde vor rund 5000 Jahren Feuerstein oder Silex im Untertagebau abgebaut. Kein Aufwand war zu gross, um an das begehrte Rohmaterial zu gelangen. Über 4 Meter tiefe Schächte führten in ein unterirdisches Schachtsystem mit bis zu 13 Meter langen Stollen. Die prähistorischen Bergleute verfügten über einfachste Hilfsmittel: Mit Steinhämmern zertrümmerten sie den Felsen, mit Hirschgeweihstangen hebelten sie die Silexknollen aus dem Kalkstein. Bei den Grabungen wurden zudem eine grosse Menge an nicht verwertbaren Silexknollen, dazu viel Schlagabfall und einige wenige Silexgeräte geborgen.

Die Sage vom Magnetberg

Paru in : U. Müller et alii, Mittelalter Mythen V, Saint-Gall. Die Sage vom Magnetberg Um 1200 taucht in der erzählenden Literatur ein Motivkomplex 1 auf, der unter dem Namen Magnetbergsage 2 bekannt ist : Vom Magnetberg angezogen, retten sich Seeleute, indem sie sich in Tierhäute einnähen, die dann Greifen bis ans Festland oder auf eine andere, aber bewohnte Insel forttragen 3 . Die verschiedenen Bestandteile des Komplexes kommen schon um 1150 in der Legende von Sankt Brandan vor, in der sog. Reisefassung 4 , sind aber noch sehr lose miteinander verbunden. In « Sankt Brandan » erfahren wir z. B., daß sich der Magnetberg unfern des Lebermeeres erhebt 5 . Es ist aber das Verdienst des « Herzog Ernst »-Dichters, die losen Motive miteinander verknüpft zu haben. Bisher wurde wiederholt, die Vorstellung vom Magnetberg ginge auf Plinius' « Historia naturalis » (2,211) zurück 6 , und die Forschung begnügt sich meistens mit einem kurzen Hinweis auf K. Bartschs Einleitung zur Ausgabe des « HerzogErns »t 7 , sobald die Sage erwähnt wird. Nur einige wenige Forscher haben sich mit diesem Thema befaßt -A. Graf, G. Huet, K. Bartsc, H. Beckers 8 . setzte sich mit diesem Problem auseinander, als er das Verhältnis von « Sankt Brandan » und « Herzog Ernst » untersuchte. Will man sich Klarheit über Ursprung, Gebrauch und Entwicklung der Magnetbergsage verschaffen, so ist man 1 AaTh 322* : Der Magnetbergsage, wurden die Motive Lebermeer (cf Mot F 7 11 sqq.) und Rettung durch Riesenvogel (cf. Greifen : Mot. B 42) hinzugefügt, die je auf einen verschiedenen Sagenkreis zurückgehen. Die Sage vom Lebermeer (mare concretum, oceans caligans u. a.) war im Abendland seit langem bekannt (Überlieferungsweg : Plinius, Solinus, Isidor von Sevilla), während die Rettung durch einen Riesenvogel im 12. Jahrhundert aus orientalischen Erzählungen entnommen wurde und in den altfranzösischen Alexanderroman Eingang fand.

Armin Torggler, Die Verwaltung des Südtiroler Schneebergs bis 1869/71, 2019

Armin Torggler, Die Verwaltung des Südtiroler Schneebergs bis 1869/71, in: Bergwerk Schneeberg 1. Archäologie Geschichte Technik bis 1870 (Schriften des Landesmuseum Bergbau - Studi del Museo Provinciale Miniere 1), Brixen 2019, S. 158-187. The administration of the Schneeberg in South Tyrol until 1869/71 In his reform of the mining industry in Tyrol from 1419 on, Duke Frederick IV drew on the mining regime of Schladming in Styria, which in turn expressly referenced the 1427 regime governing mining at Gossensass. As a consequence, starting from Gossensass, a system of mining courts was established that stretched right across Tyrol in the 16th century and also included Brixen and Trento. Until the fi rst half of the 16th century specialist trades dominated on the Schneeberg; later, the southern German trades in particular teamed up to form large mining companies, which remained there until 1771. After the departure of the last private trades, mining on the Schneeberg came under full state control. Expansion was planned and extensive surveys were conducted. In 1798, however, wartime conditions brought mining operations to a halt and work was concentrated on the waste tips. The Austro-Hungarian authorities recommenced their activities on the Schneeberg after 1815. Armin Torggler, translation: Gareth Norbury