Kulturmorphologie und Willensfreiheit. Überlegungen zu einer neuen komparatistischen Geschichtsphilosophie, in: D. Engels / M. Otte / M. Thöndl (eds.), Der lange Schatten Oswald Spenglers. Einhundert Jahre "Untergang des Abendlandes", Lüdinghausen/Berlin, 2018, 79-101. (original) (raw)

IFB-Rezension Oswald Spenglers Kulturmorphologie : eine multiperspektivische Annäherung / Sebastian Fink ; Robert Rollinger (Hrsg.).

AUFSATZSAMMLUNG 18-3 Oswald Spenglers Kulturmorphologie : eine multiperspektivische Annäherung / Sebastian Fink ; Robert Rollinger (Hrsg.). -Wiesbaden : Springer VS, 2018. -VII, 790 S. : Diagr. ; 24 cm. -(Universal-und Kulturhistorische Studien). -ISBN 978-3-658-14040-3 : EUR 79.99 [#5945] Unter den Publikationen, die aus Anlaß des hundertjährigen Jubiläums von Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes erschienen sind, ist dieser Band wohl der umfangreichste, wenn auch nicht so umfangreich wie das Buch Spenglers selbst. Es handelt sich um das bisher umfassendste Kompendium zu Spengler, und auch wenn es nicht im eigentlichen Sinne ein Handbuch über Spengler ist, so kommt es dem doch relativ nahe, wenn man die Unwahrscheinlichkeit des Zustandekommens eines solchen Handbuches bedenkt. Eine "multiperspektivische Annäherung" an Spengler bzw. seine Kulturmorphologie, die ja für sein Denken grundlegend ist, empfiehlt sich der Natur der Sache nach. Denn erstens ist Spengler ein Autor, der sich auf viele verschiedene Gegenstandsbereiche und Fachdisziplinen bezieht, und zweitens ist er das, was man einen umstrittenen Denker zu nennen pflegt, auf den es daher auch sinnvollerweise aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu schauen gilt. Der Band 1 ist daher eine ambitionierter angelegte Publikation als der schmalere Band Der lange Schatten Oswald Spenglers, von dessen Beiträgern einige auch hier vertreten sind (Max Otte, Robert Merry, David Engels, Samir Osmancevic, Michael Thöndl). 2 1 Inhaltsverzeichnis: http://bvbr.bibbvb.de:8991/exlibris/aleph/a22\_1/apache\_media/TIA2T5RVAEN5FGGJDK1CRY5 CS1BT5L.pdf 2 Siehe Der lange Schatten Oswald Spenglers : einhundert Jahre "Untergang des Abendlandes" / hrsg. von David Engels, Max Otte und Michael Thöndl. -Waltrop ; Berlin : Manuscriptum, 2018. -176 S. ; 23 cm. -(Schriftenreihe der Oswald Spengler Society for the Study of Humanity and World History ; 1) (Edition Sonderwege).

Auf die Gemeinsamkeiten kommt es an Ernst Cassirers Kultur- und Sprachphilosophie als kulturphilosophische Anthropologie. In: Arbeitskreis Kultur- und Sozialphilosophie (Hg.) Der Begriff der Kultur Kulturphilosophie als Aufgabe. Bielefeld: transcript Verlag, 2013, S. 89-108.

Der Begriff der Kultur. Kulturphilosophie als Aufgabe, 2013

Wenn unter ›Kultur‹ natura altera – eine durch den Menschen objektivierte Wirklichkeit – verstanden wird, resultiert daraus auch die Frage nach der Art und Weise der Objektivierung in verschiedenen Kulturen. Philipp Seitz greift diesen Aspekt wiederum im Anschluss an Cassirer auf. In seinem Beitrag Auf die Gemeinsamkeiten kommt es an. Ernst Cassirers Kultur- und Sprachphilosophie als kulturphilosophische Anthropologie geht er der Frage nach der Art und Weise der Objektivierung und Bedeutungskonstitution in verschiedenen Kulturen am Beispiel der symbolischen Form Sprache nach. Damit entwickelt er ein Modell für kulturvergleichende Fragestellungen und zeigt, wie Cassirers Philosophie für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Transkulturationsphänomenen operationalisiert werden kann. Seitz macht deutlich, dass mit Cassirer die Auffassung vermeintlicher kultureller Differenzen zwar Ausdruck verschiedener Weltansichten ist, dass der Mensch aber in allen Kulturen animal symbolicum ist, das seine ›zweite Natur‹ kreativ hervorbringt. Damit verfolgt Seitz eine kulturanthropologische Perspektive.

1996 „Die ‘Tochter der Freiheit’ und die Tendenz. Zur Autonomie der Kunst in Schillers Über die ästhetische Erziehung des Menschen, und Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung.” In: Hans-Jörg Knobloch, Helmut Koopmann (ed.), Schiller heute. Tübingen: Stauffenburg: 59-74

Nicht weniger widersprechend ist der Begriff einer schönen lehrenden (didaktischen) oder bessernden (moralischen) Kunst, denn nichts streitet mehr mit dem Begriff der Schönheit, als dem Gemüth eine bestimmte Tendenz zu geben. (22. Brief, S. 9O) In ihrem Vorwort zu der Sammlung Autonomie der Kunst. Zur Genese und Kritik einer bürgerlichen Kategorie machen die Autoren darauf aufmerksam, "daß Kunst in unserer Gesellschaft immer noch vorwiegend 'autonom' gesehen wird" und "daß der Warencharakter der Kunst ihr autonomes Wesen nicht auflöst, sondern gerade zur Voraussetzung hat." 1 Diese scheinbar paradoxe Formel wird einsichtig, wenn man bedenkt, daß und wie der bürgerliche Schriftsteller sich auf dem Markt zu behaupten hat: sein Name als Warenzeichen einer unabhängigen Intelligenz, der es zufällt, das uns allen gemeinsame "Menschliche" zu formulieren, darf auf keinen Fall mit einer "Partei" verbunden werden, weil eben dadurch seine Stellung als unabhängige Autorität gefährdet ist:. Diese Unparteilichkeit verlangt Kant nicht nur von der Kunst selbst, sondern auch für das von einem Kunstwerk hervorgerufene Geschmacksurteil: "Alles Interesse verdirbt das Geschmacksurteil und nimmt ihm seine Unparteilichkeit" und: "Ein jeder muß eingestehen, daß dasjenige Urteil über Schönheit, worin sich das mindeste Interesse mengt, sehr parteilich und kein reines Geschmacksurteil sei" 2 .Wenn allerdings wie in Kants Philosophie angenommen wird, daß Freiheit nur eine Denknotwendigkeit im Transzendentalen ist, die im Empirischen nie nachweisbar ist, dürfte es schwerfallen, den Verdacht zu entkräften, den Kant selbst in der Kritik der praktischen Vernunft formuliert: daß es nämlich immer zweifelhaft bleiben müsse, ob etwas aus "Pflicht geschehe und also einen moralischen Wert habe" -ebenso muß es immer zweifelhaft bleiben, ob Kunst autonom sei oder letztlich eben doch von Interessen geleitet werde. 3 Autonomie hat aber, selbst wenn sie keine empirisch nachweisbare Wirklichkeit haben sollte, eine historische Existenz: sie ist die Selbstdarstellung des "unabhängigen" Schriftstellers. Kant trennt die Kunst und das Ästhetische rigoros vom Ethischen (und damit vom Peter Horn Schiller 1 3 vgl. Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft. Grundlegung Politisch-Praktischen), indem er behauptet, "daß das Schöne, dessen Beurteilung eine bloß formale Zweckmäßigkeit, d.i. eine Zweckmäßigkeit ohneZweck, zum Grunde hat, von der Vorstellung des Guten ganz unabhängig sei, weil das letztere eine objektive Zweckmäßigkeit, d.i die Beziehung des Gegenstandes auf einen bestimmten Zweck, voraussetzt" 4 .Auch Schillers Formel: "In einem wahrhaft schönen Kunstwerk soll der Inhalt nichts, die Form aber alles thun" (22. Brief, S.89) übersieht, daß die Wirkungen auch einer solchen Kunst um der Kunst willen nie ganz von den Inhalten, die sie transportiert, unabhängig sind. 5

Unerlaubte Gleichheit. Ansätze einer komparativen Geschichtsschreibung mann-männlichen Begehrens. In: Michael Navratil / Florian Remele (Hg.): Unerlaubte Gleichheit. Homosexualität und mann-männliches Begehren in Kulturgeschichte und Kulturvergleich. Bielefeld 2021, S. 9–41.

2021

Am 10. März 1994 wurde der Paragraph 175 des Strafgesetzbuches vollständig abgeschafft, der in seiner letzten Form »Homosexuelle Handlungen« unter Strafe gestellt hatte, wenn »ein Mann über achtzehn Jahre […] sexuelle Handlungen an einem Mann unter achtzehn Jahren vornimmt oder von einem Mann unter achtzehn Jahren an sich vornehmen läßt«. 1 Die Geschichte dieser Strafnorm von der Kaiserzeit bis 1994 ist mittlerweile sowohl rechtshistorisch als auch im Kontext einer Geschichte der politischen und sozialen Behandlung homosexueller Männern gut aufgearbeitet. 2 So bietet etwa Christian Schäfer in seiner Studie ›Widernatürliche Unzucht‹ einen detaillierten Überblick über die Diskussion der Strafnorm seit 1945. Bemerkenswert ist dabei jedoch, dass Schäfer im Grundlagenkapitel seines Buches auch auf Antike und Mittelalter verweist und in diesem Kontext etwa die Vorschriften zu »Homosexualität«, »homosexuellem Verhalten«, den Umgang mit »homosexuelle[n] und andere[n] Süder[n]« und die Verurteilungen der »von homoerotischen Neigungen motivierte[n] sexuelle[n] Gewalt« thematisiert. 3 Durch die nicht weiter differenzierte Verwendung der Termini ›homosexuell‹ oder ›homoero-tisch‹ wird dabei der Eindruck erweckt, der Paragraph 175 sei in einer kohärenten 1 lexetius.com, Artikel: Paragraph 175 (Stand am 24.03.2020). Quelle : https ://lexetius.com/St GB/175,2. 2 Siehe zum Zeitraum von der Kaiserzeit bis zum Nationalsozialismus Kai Sommer, Die Strafbarkeit der Homosexualität von der Kaiserzeit bis zum Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1998; zum Dritten Reich: Burkhard Jellonnek, Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich, Paderborn 1990; rechtshistorisch-empirisch zu den späten 1980er Jahren in Bayern: Orlik Andreas Frank, Die Strafbarkeit homosexueller Handlungen, Aachen 1997; zur Zeit nach 1945 unter Einbezug des politischen Diskurses: Christian Schäfer, ›Widernatürliche Unzucht‹ ( § § 175, 175a, 175b, 182 a.F. StGB): Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1945, Berlin 2006. 3 Schäfer, ›Widernatürliche Unzucht‹, S. 17f.

Sebastian Fink, Robert Rollinger (eds.), Oswald Spenglers Kulturmorphologie. Eine multiperspektivische Annäherung (Universal-und kulturhistorische Studien. Studies in Universal and Cultural History), Wiesbaden, 2018

Mit der Krise des Nationalstaates am Ende des 20. Jahrhunderts und der Erfahrung einer zusehends vernetzten und globalisierten Welt gewinnt auch eine neue Perspektive in den Geschichtswissenschaften an Bedeutung. Dieser neue Blick auf die Vergangenheit macht den Weg frei für eine innovative und interdisziplinäre Annäherung an das Phänomen einer vernetzten Weltgeschichte, in der Europa nicht mehr das Zentrum der Welt darstellt, von dem aus "Historie" vermessen wird. Dieser universale Blick auf die Geschichte soll durch die neue Reihe befördert werden. Die Reihe umfasst alle Weltregionen und alle Epochen der Menschheitsgeschichte. Sie will vergleichende und auf dem neuesten Stand der Forschung gewonnene Einblicke in das Laboratorium der Weltgeschichte gewähren und befördern. Die Reihe versteht sich als eine peer-reviewed series, die sowohl für Monographien wie für Sammelbände offen ist.

Anthropologie vor dem Hintergrund der Reflexion der Freiheit Bericht über die Tagung „Anthropologie in der Klassischen Deutschen Philosophie“, 16. Jahrestagung des Forschungsnetzwerkes Transzendentalphilosophie / Deutscher Idealismus „a priori“, TU Berlin, 21.-23.2.2018.

Interdisziplinäre Anthropologie. Jahrbuch 6/2018: Das Eigene & das Fremde, 2019

Die klassische deutsche Philosophie steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Anthropologie. Man muss nicht der Interpretation anhängen, die Befolgung des kategorischen Imperativs bei Kant laufe auf die Unterdrückung der menschlichen Bedürfnisse hinaus, doch ist Kant zufolge zumindest die vorrangige Bestimmung des Menschen in seinem Handeln durch Empirie Ausdruck von Heteronomie. Spätestens seitdem steht jeder Versuch, den Menschen auf bestimmte, vor allem empirisch und historisch kontingente Eigenschafen festzulegen, unter Ideologieverdacht: „Was der Mensch an sich sein soll, ist immer nur, was er war: er wird an den Felsen seiner Vergangenheit festgeschmiedet. Er ist aber nicht nur, was er war und ist, sondern ebenso, was er werden kann; keine Bestimmung reicht hin, das zu antezipieren.“

"Europa und das postsowjetische 'Drama der Freiheit'. Die historische Schöpfung eines freien Raumes nach Merab Mamardašviilis Bewusstseinsphilosophie", in: Andronikashvili/Weigel: Grundordnungen. Wechselbeziehungen zwischen Geographie, Religion, Kultur und Gesetz, Berlin 2013, S. 257-279.

In seinem Beitrag in der Berlinischen Monatsschrift antwortete Immanuel Kant auf die Frage vom Herrn Prd. Zöllner »Was ist Aufk lärung?«. Diese defi nierte der Königsberger Philosoph bekanntlich als den »Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit«. In seinem kurzen Beitrag -nach Foucaults Urteil eine Schrift »zweiten Ranges«, und dennoch ein Text, der die Initialfrage der Moderne stellte -hält Kant für möglich, sogar »beinahe unausbleiblich«, »daß aber das Publikum sich selbst aufk läre«, wenn man »ihm nur Freiheit läßt«. Doch dies könne nur langsam geschehen: