Polyamorie - Eine Biographische Studie zu nicht-monogamen Beziehungsformen (original) (raw)

Artikel: Polyamorie - Mehr als eine Liebe. Eine biographische Studie über nicht-monogame Beziehungskulturen

Günther Friesinger, Judith Schossböck, Thomas Ballhausen (Hg.): Paraflows Id/Entity - Entwürfe, Erzählungen, Perspektiven , 2017

Entwürfe – Erzählungen – Perspektiven Auf Basis sich verbreiternder Informationsmaterialien und damit auch vielfältiger Angebote zur Arbeit am Ich wird die Frage nach dem Bauplan des modernen Subjekts neu reflektiert. Insbesondere Aspekte der Normierung sowie des Verhältnisses unseres Ichs zum Netz und den damit verbundenen Machtstrukturen finden sich in der Auseinandersetzung. Als Quelle von Sinn und Erfahrung grenzt Identität immer auch an Prozesse der Sinnkonstruktion, der Identifikation, an persönliche oder soziale Ziele und kulturelle Attribute. Die Baumaterialien unserer Identitäten sind vielfältig: Religion, Biologie, Klasse, Rasse, Geschlecht, Kollektive, Phantasie, Kultur sowie Zeit sind nur einige der Quellen, auf die wir bei der Konstruktion unseres Ichs zurückgreifen. Durch mediale Prozesse und Simulationen stellt sich zunehmend die Frage nach der Verarbeitung und Präsentation unserer Identitäten, die in Bezug auf Selbstdarstellung und soziale Rollen im Einklang, Widerspruch oder Konflikt stehen können. Dennoch stellen wir uns Identität als jene Form vor, die nach außen abgeschlossen und stabil ist und nach innen über ein Bewusstsein von sich selbst verfügt, das keine allzu großen Widersprüche aushalten muss. Inwieweit aber stellen uns aktuelle gesellschaftliche und mediale Strukturen vor die Herausforderung, diese Widersprüche zu integrieren?

Liebe, Polyamorie und (kein) Sex. Begriffliche Klärungen

Zeitschrift für Praktische Philosophie , 2023

Polyamorie ist romantische Liebe, die sich auf mindestens zwei Personen bezieht oder beziehen kann. Eine solche Definition klingt leichter als sie es tatsächlich ist. Um eine adäquate Analyse von Polyamorie zu leisten, muss, ers-tens, geklärt werden, was Liebe – die hier allein als romantische Liebe thematisiert wird – überhaupt ist. Sie ist, so die These, ein spezifisches dispositionales Emotions-muster, das eine besonders starke Form der subjektiven Bedeutsamkeit konstituiert. Vor dem Hintergrund dieses Verständnisses von romantischer Liebe im Allgemeinen soll dann, zweitens, gezeigt werden, dass polyamore Liebe keine andere Form der Liebe ist als monoamore Liebe, sondern sich als romantische Liebe allein durch die divergierende Anzahl der Personen, die Gegenstand der Liebe sind, von monoamo-rer Liebe unterscheidet; besonderer Auszeichnungen wie verantwortlich oder kon-sensuell, wie sie in der Literatur geläufig sind, bedarf eine so verstandene polyamore Liebe, um sie hinreichend zu definieren, also nicht. Beachtet man aber, dass es eine Sache ist, polyamore Liebe, verstanden als emotionales Phänomen, zu definieren, und eine durchaus ganz andere Sache, polyamore Beziehungen zu definieren, bleibt Raum für die Frage, wann genau eine Beziehungskonstellation eigentlich polyamor ist, oder wann eine polyamore Person einfach nur mehrere Personen liebt, ohne dass die entstehende Beziehungskonstellation als solche aber polyamor wäre. Schließlich soll, drittens, das Verhältnis von Polyamorie und Sexualität beleuchtet werden. Auch wenn Sexualität für gewöhnlich als eines der hervorstechenden Elemente der roman-tischen Liebe verstanden wird, gehört sie nicht notwendig zu ihr – und jedenfalls hätte die Behauptung, dass eine notwendige Beziehung zwischen Polyamorie und gelebter Sexualität besteht, begrifflich-normative Konsequenzen, die man vielleicht nicht haben will. Es wird gezeigt, warum es keine notwendige Beziehung zwischen Liebe und Sexualität gibt – weder zwischen monoamorer noch zwischen polyamo-rer Liebe und Sexualität. Auch asexuelle polyamore (romantische) Liebe ist somit möglich.

Polyamouröse Beziehungen als gelingende Lebensform? Resonanz- und anerkennungsanalytische Reflexionen

Working Paper der DFG-KollegforscherInnengruppe Postwachstumsgesellschaften, Nr. 08/2014, Jena., 2014

In this working paper, the author investigates polyamorous (love) relationships from a social theory stand point and follows the question in what way they represent a successful way of life which we can understand as a reaction to unsatisfactory couplehood (marriage) shaped by bourgeois values. These deliberations are embedded in a frame of analytic reflections on resonance and recognition. In some initial preliminary considerations, the author makes the case for treating ‘love as relationship’ in order to circumvent the pitfalls of an impossible - and thus research-constraining - definition of love. In addition, the context of the analyses is marked off (introduction). The analytical approach of the paper - the resonance and recognition analysis - will be explained in greater detail in the following chapter (cf. Wetzel 2014a). Thereby, the differentiation between a resonance created by one’s own body and between bodies is central (part 2). In the second part, the author addresses criteria for successful as well as unsuccessful (alienated) ways of life. Related to this is the question if there is a need for new and different ways of life and if yes how those can look like in the sphere of love relationships (parts 3 and 4). The next chapter, in which the author explains how polyamorous relationships can be approached through a resonance and recognition analysis, constitutes the core part of the analysis. After showing how polyamorous relationships can be grasped the author addresses ‘alienated love relationships’ in order to examine whether polyamory - as a form of response strategy - leads to an amplification of relations of resonance and recognition. On the basis of schematic images the author provides information on the fascination and complexity of polyamorous love constellations and compares it to the classic dyadic relationship. The author ends this central chapter with a reflection on the motives and reasons that cause post-modern individuals to enter into polyamorous love relationships (part 5). The last part again assembles the most important results and tries to undertake an assessment of the advantages and disadvantages of polyamorous ways of life (part 6).

Polyamorie: Mono-Normativität – Dissidente Mikropolitik – Begehren als transformative Kraft

Zusammenfassung Mit Mono-Normativität bezeichnen wir die Wissensproduktionen, Machttech-nologien und Praktiken, die eine exklusiv dyadische Struktur von Paarbeziehungen als elementare und »natürliche« Form des Zusammenlebens produzieren. Nicht-monogame Konstellationen werden demgegenüber pathologisiert und als Effekt oder Verursachung eines Mangels oder Persönlichkeitsdefizits interpretiert. Auf der Basis qualitativer empirischer Studien gehen wir der Frage des Be-gehrens im Zusammenhang mit polyamourösen Lebensformen nach. In unserer Empirie zeigt sich Begehren weniger als Mangel, sondern als affektive Intensität, die Fülle produziert. In der theoretischen Linie von Spinoza und Deleuze/Guat-tari untersuchen wir Begehren als produktive, dynamische Kraft, die Verände-rungsprozesse antreibt. Wir erörtern, ob und inwieweit Lebensformen einer »ethischen Polyamorie« als "Fluchtlinien" und "unwahrnehmbare" Mikropolitiken gelesen werden können, die der mono-normativen Matrix entkommen und somit in bestehende Herrschaftslogiken intervenieren. Summary We conceptualize knowledge productions, technologies of power, and practices that produce an exclusively dyadic structure of couple relationships as elemental and »natural« form of living together, as mono-normativity. Non-monogamous constellations are pathologized and interpreted as effect or cause of a lack or personality deficiency within this framework. Based on qualitative empirical studies we trace the question of desire in the context of polyamory. In this empirical perspective, desire presents itself as affec-tive intensity that produces plentitude and abundance rather than lack. Following the theoretical line of Spinoza and Deleuze/Guattari, we explore desire as a productive , dynamic power that stimulates processes of transformation. We discuss if and to what extent ways of life of «ethical polyamory " can be read as «lines of flight " and «imperceptible " micropolitics that escape the mono-normative matrix and therefore intervene in existing logics of domination.

Polyviduen: Liebe und Subjektivierung in Mehrfachpartnerschaften

Gender, 2015

Polyviduen: Liebe und Subjektivierung in Mehrfachpartnerschaften Zusammenfassung Der Beitrag beschäftigt sich mit Intimitätsund Subjektivierungsformen in Mehrfachpartnerschaften, insbesondere in polyamoren Beziehungen. In einer Analyse von narrativen Interviews zu Beziehungsbiografien gehen wir dabei besonders auf Selbstdefinitionen der Beziehungsform und Erzählungen über Beziehungsalltage ein. Beziehungen de finieren sich, so stellen wir fest, in Mehrfach partnerschaften nicht über vordefinierte Subjektpositionen, sondern über dyna mische Relationen innerhalb eines Beziehungsgeflechts. Dabei ziehen Benennungs-als Vereindeutigungspraktiken die Grenzen zwischen spezifischen Partnerschaften, während Intimität (Gefühle von Liebe, intensive persönliche Beziehungen oder Sexualität) auch in unbenannten, also unbestimmte(re)n Beziehungen gelebt werden kann. Die Beziehungskonstellationen scheinen vor allem eins: Aushandlungssache. In diesen Verhandlungen von Liebe und Intimität bilden sich Subjekte, die sich einerseits als hochindividualisierte Menschen mit hochspezifischen Bedürfnissen artikulieren, deren Grenzen andererseits durch die Imperative der Ehrlichkeit und Offenheit in den Beziehungen auch brüchig sind. Wir interpretieren dieses Selbstverhältnis als Subjektform ‚Polyviduen', d. h. Immer-Vielfach-Verbundene, die innerhalb dieses Verbundenseins zugleich hoch individuell sind. Fixe Vorstellungen von vergeschlechtlichen Bedürfnissen oder Geschlechterrollen finden wir in den Daten entgegen unserer Erwartungen kaum. Vordergründig geben sich Polyviduen als geschlechtslose Verhandlungspartner*innen.

Über die emotionalen Grenzen mehrere Menschen zu lieben - Die Funktion von Eifersucht in polyamoren Beziehungsgeflechten

Neben der klassischen Monogamie als Beziehungsform sind in den vergangenen Jahrzehnten alternative Formen eine Beziehung zu führen ans Licht getreten. Polyamorie zum Beispiel steht für die Idee gleichzeitig mehrere Personen lieben und mit ihnen Beziehungen leben zu können. Dabei geht es darum, geliebte Menschen frei zu lassen, sowohl körperlich als auch emotional. Da körperliche und emotionale Exklusivität keine Merkmale polyamorer Beziehungen sind, und es zu einer bewussten Entscheidung kommt, seine/n PartnerIn mit anderen Menschen zu teilen - wie verhält es sich in diesem Zusammenhang mit der Eifersucht? 12 Interviews mit je 3 Personen aus 4 verschiedenen polyamoren Beziehungskonstellationen wurden in Anlehnung an einen Interviewleitfaden geführt. Als wesentlichstes Ergebnis kann festgehalten werden, dass alle befragten Personen die Angst, ihre Stellung bei einem geliebten Menschen zu verlieren, als Grund für Eifersucht angeben. Der Umgang mit eifersüchtigen Gefühlen sowie den eigenen Ängsten und Emotionen findet äußerst reflektiert statt. Die InterviewpartnerInnen geben Kommunikation als sehr hilfreich bei der Handhabung mit solchen Situationen an. Als wichtigste Funktionen der Eifersucht können Anstoß zur Reflexion, Beziehungsarbeit und Kommunikation sowie ein Hinweis auf nicht beachtete Grenzen, Bedürfnisse oder Wünsche gesehen werden. Ebenfalls scheint ein reflektierter verständnisvoller Umgang mit Situationen, in denen Eifersucht ein Thema ist, zu einer Stärkung der Beziehung zu führen.

Beziehungsmuster in Träumen und Geschichten über Beziehungen in einem psychoanalytischen Prozess

Forum der Psychoanalyse, 2001

Zusammenfassung: Anhand des transkribierten Materials einer Psychoanalyse einer Patientin mit einer Angsthysterie wird mit der Methode des Zentralen Beziehungskonflikt Themas gezeigt, daß die ZBKT-Methode einen signifikanten Unterschied zwischen Beziehungsepisoden in erzählten Träumen und narrativen Episoden aus der Umfeld der Stunde herauszuarbeiten vermag. Die Zentralen Beziehungskonflikt Themen dieser beiden Gruppen von Beziehungsepisoden unterscheiden sich. In den Träumen werden Wünsche offener ausgedrückt, und die häufigsten Reaktionen des Objekts und des Subjekts kennzeichnen Wunscherfüllung und befriedigende Beziehungserfahrungen. Die narrativen Episoden dagegen werden von distanzierten, versagenden Objekten bestimmt, und die Patientin fühlt sich in den meisten Episoden ängstlich, besorgt und nervös.

Das Leben der Anderen: Über naturwüchsige Formationen menschlicher Vergesellschaftung

Japan Zentrum, LMU München, 2011

Wie lassen sich Fremdenniederlassungen in Handelsstützpunkten wie Yokohama erklären und definieren? Durch eine geographische Einschränkung? Unterliegen diese Formen menschlicher Vergesellschaftung besonderen Funktionen, wie lassen sie sich von anderen menschlichen Niederlassungen abgrenzen. Ausgehend von Emigration als wesentliches Konstitutionsmerkmal beschreibt der folgende Aufsatz die Merkmale von interkulturellen Kontaktszenarien, um auf die Frage antworten zu können, wie der Glaube einer essentiellen Andersartigkeit zwischen Kulturen konsolidiert wird und durch welche Mechanismen er aufrechterhalten wird.

Vererbung, Hierarchie, Variation und konstruktionelle Polysemie: Zu netzwerkartigen Verknüpfungsbeziehungen mit Hinblick auf die Konstruktions-und Valenzgrammatik

Sprachwissenschaft, 2014

Zusammenfassung: Im vorliegenden Beitrag wird das Ziel verfolgt, einen Vorschlag zu einer netzwerkartigen Konstruktionssystematik, folglich zu einem adäquaten Bezugsrahmen für die Integration und Interkonnexion von Konstruktionen sowie zu den notwendigen Ver-fahrensmechanismen anzubieten. Dazu setze ich mithilfe eines bottom up sowie bottom down-Verfahrens mit Begrifflichkeiten der KG wie Fusionierung, Vererbungshierachien, konstruktioneller Polysemie u.a. und mit ihrer Umsetzung in die Praxis auseinander. Abstract: The aims of this paper are to present a proposal for a network of constructions, and to offer an adequate framework for them as well as the necessary procedures and mechanisms for their integration and connection. For this purpose, my research would be centred on the discussion of terms of the Construction Grammar such as accomodation, inheritance hierarchies, constructional polysemy, among others, and their implementation in the practice.