Rezension zu: Asendorf, Christoph: Planetarische Perspektiven. Raumbilder im Zeitalter der frühen Globalisierung. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2017, 498 S., in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 20 (2018). (original) (raw)

Fritz Krafft: Das Bild vom Kosmos im Wandel der Zeit. In: Focus Behaim Globus. Nürnberg 1992, S. 39-54.

Es hat nur den Anschein, als ob der Mensch im Laufe der Geistesgeschichte die irdi-sche Enge eines ‚homo terrestris' Schritt für Schritt verlassen und insbesondere durch neuzeitliche Wissenschaft und Technik kosmische Weiten errungen und ero-bert hätte und zum ‚homo cosmicus' geworden wäre. Vielmehr hat er, oder vielmehr (denn vom wissenschaftlich geprägten Weltbild wird hier vorwiegend die Rede sein): hat der abendländische Mensch sich aus seiner ursprünglich mystischen, dann rational -wissenschaftlich begründeten Einbettung in das kosmische Geschehen und aus seiner Zentralstellung im Universum Schritt für Schritt herausbegeben. Das wissen-schaftlich-erkenntnismäßige Vordringen in unvorstellbare kosmische Weiten hat die Art und das Individuum Mensch auf der Erde immer weiter isoliert und aus der ehe-mals selbstgesetzten generellen Zentralstellung unter Verlust sämtlicher ‚Mitten' räumlich an den äußersten Rand des kosmischen Geschehens versetzt – mit der Konsequenz, dass ihm als realer Lebens-und Handlungsraum nichts denn die kleine, beschränkte Erde bleibt, ohne dass er sich in seinen Handlungen allerdings schon als ein diese Heimstatt bewahrender ‚homo terrestris' verhielte. Die frühen griechischen Denker, die den Weg " vom Mythos zum Logos " be-schritten, waren noch Naturphilosophen gewesen. Ihre Werke trugen anfangs den generellen Titel " Über die Natur " ; und ihre Aussagen waren jeweils eingebettet in eine Lehre vom Ganzen, wobei dieses alles, zumindest alles Außersubjektive umfas-sende Ganze nicht nur als All (griechisch: τ πν), sondern gleichzeitig als ‚Univer-sum', als zur Einheit zusammengefasste Ganzheit aufgefasst wurde. Analog der selbsterlebten, mehrteiligen, ‚natürlichen' Einheit des einzelnen Menschen galt ihnen diese All-Einheit ebenfalls als organisch und beseelt, als ein beseeltes Lebewesen, spä-testens seit Anaxagoras als ein vernünftiges beseeltes Lebewesen. Diese Vorstellung war der griechischen und später der römischen Welt so geläu-fig, dass sie schon in den ältesten literarischen Schriftzeugnissen verbal zu dem Be-griff ‚Natur' verdichtet werden konnte: Das griechische Wort φύσις (physis) und das lateinische Wort natura bedeuten dabei dasselbe; beide entstammen einer Wortfamilie mit demselben Bedeutungsumfang und sind im Deutschen zu umschreiben etwa mit ‚Hervorbringen' / ‚Hervorgehen', ‚Gebären' / ‚Geborensein', ‚Wachsen', ‚Herkunft' und ‚Herkommen', dann auch mit ‚Wesen', ‚Adel' usw. Alle diese Begriffsinhalte ver-mochten die europäischen Kultursprachen, die zudem inhaltlich durch die christliche Idee von einer Schöpfung vorgeprägt waren, nicht in einem Wort zusammenzufas-sen: Sie mussten sich deshalb des lateinischen Begriffs als Lehn-oder Fremdwort bedienen, ohne dass der ursprüngliche Bedeutungsumfang dabei hätte erhalten blei-1

„Brasilien“ zwischen Insel-Topos und „Neuer Welt“: Ein raum-zeitlicher Versuch über Weltbilder und Welterfahrungen im frühen Anthropozän, in: Olaf Breidbach u.a. (Hgg.): Welt-Anschauungen. Interdisziplinäre Perspektiven auf die Ordnungen des Globalen, Stuttgart 2015, S. 15-41.

The following article points from a historical perspective to different formations and appropriations of images of Brazil between the 16th and 19th centuries. Hardly any other region had coined the image of America in Europe for centuries. As such “Brazil” coined also the transatlantic relations, their image policies and the close relations between human beings and their worlds/environments. Around 1500, “America” as an event, its staging into the old European, salvific oriented world-view had revolutionized this world-view from the ground. On the other hand the forms, the practices and the strategies concerning the production of knowledge were transformed: Referring to empiric studies became more convincing than references to authorities (as the holy bible). Relations between men and their worlds were multiplied. From a historical perspective, images served in many cases as media for dealing with these complexities by framing and objectifying them. The article is criticizing the European efforts of framing and objectifying the New World and is putting them in their historical contexts by analyzing the American as well as the European spatio-temporal localization practices. This means that the article is observing their temporal dynamics and the colonizing strategies as well as the appropriations and interpretations. After treating early modern images of America and Brazil the main chapter is focusing on forms and strategies of knowledge production of spatio-temporal mental maps in the long 19th century, starting with the dichotomizing images of the Central European “Enlightenment” and then highlighting the Brazilian appropriations and interpretations of the European oriented topos of “Brazil as island” and the image of the Americanized Bandeirantes/Fronteira. The article combines perspectives from Global History with such from Environmental History and Visual Studies.

Rezension zu: S. Matuschek, Der gedichtete Himmel. Eine Geschichte der Romantik, München 2021, in: ThLZ 147,10 (2022), 974–976.

Am Ende von Stefan Matuscheks Geschichte der Romantik wird die Berufstheologie in die Schranken gewiesen: »Für das Jenseits, für die ›ganze letzte Wahrheit‹ gibt es keine spezialisierten Fachleute. Da sind alle Laien und auf Selbstgemachtes angewiesen.« (373) Alle sind Laien-das lässt sich, mit einer gut protestantischen Wendung aus F. Schleiermachers Reden gesagt, aber auch umkehren: alle sind (potenzielle) Priester. Kein Mensch also, der nicht sich selbst und anderen den Himmel aufzuschließen vermöchte. Der