Mythos "Gerasimov-Doktrin" (original) (raw)
--- German Abstract below --- This volume presents a critical examination of several regional discourses on the so-called “Gerasimov doctrine”. It showcases, how the West perceived the programmatic speech of the Russian General Valery Gerasimov in 2013 out of context. Therefore, two chapters elaborate on the genesis of this “doctrine” and its relevance within the Russian military and national security discourse. Furthermore, these chapters question to what extent the Gerasimov speech is the basis for Russia’s “hybrid warfare”. In addition, several chapters address the reception of the “Gerasimov doctrine” in different regions of Europe and in China. Using the tool of discourse analysis, the authors examined publications by think tanks and military research institutions - such as the National Defence Academy. Special emphasis is put on European discourses from the Baltic States, Great Britain, Spain and Portugal, as well as the German-speaking countries (Germany, Austria and Switzerland). China was added due to the growing importance of this player within international politics. In addition, the relationships between the publications on Gerasimov were examined. The references were collected and analysed by using methods of social network analysis. This “reference mapping” made the dominance of particular authors visible and showed the development of the discourses over time. A contrasting view of the individual regional discourses revealed differences in the reception of the “Gerasimov doctrine”. Thus, discourses did not begin simultaneously, but with slight (German-speaking countries, Great Britain) and clear (Spain, China) delays, while the Baltic States (and Scandinavia) are the obvious pioneers. Although the received elements of the “Gerasimov doctrine” differ, all discourses marginalized the context of origin and the domestic political dimension of the speech. This volume is a contribution to basic research and makes only few recommendations for European security policy. One of them is that sound regional expertise - in this case on Russia - is indispensable for fact-based policies. --- English Abstract above --- Dieser Band stellt eine kritische Betrachtung mehrerer regionaler Diskurse über die sogenannte „Gerasimov-Doktrin“ dar. Es wird gezeigt, wie eine programmatische Rede des russischen Generals Valerij Gerasimov aus dem Jahr 2013 im Westen außerhalb ihres Kontextes betrachtet wurde. So widmen sich zwei Kapitel der Entstehung und dem Stellenwert der Aussagen Gerasimovs innerhalb des sicherheitspolitischen Diskurses Russlands. Es wird kritisch hinterfragt, inwieweit diese Rede die Grundlage der russischen „hybriden Kriegsführung“ darstellt. Ergänzend dazu widmet sich der Band der Rezeption der „Gerasimov- Doktrin“ in verschiedenen Regionen Europas und in China. Der Fokus der Regionalstudien liegt auf Publikationen von Thinktanks und öffentlichen, militärischen Forschungseinrichtungen – wie z. B. der Landesverteidigungsakademie. Es erfolgte eine systematische Analyse der Diskurse aus dem Baltikum, Großbritannien, Spanien und Portugal, sowie dem deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz). Ebenso wurde mit China der Diskurs eines wichtigen internationalen Akteurs analysiert. Zusätzlich wurden die Verweise der untersuchten Beiträge erhoben und mit Methoden der Sozialen Netzwerkanalyse ausgewertet. In diesem „Zitat-Mapping“ stellt sich die Entwicklung der Diskurse und die dominierende Rolle einiger Autoren deutlich dar. In einer kontrastierenden Betrachtung der einzelnen Regionaldiskurse zeigten sich Unterschiede in der Rezeption der „Gerasimov-Doktrin“. So begann der Diskurs in den Regionen nicht gleichzeitig, sondern mit leichten (deutschsprachiger Raum, Großbritannien) und deutlichen (Spanien, China) Verzögerungen, während das Baltikum (und Skandinavien) den klaren Vorreiter darstellt. Auch die rezipierten Elemente der „Gerasimov-Doktrin“ unterscheiden sich, und doch wird in allen Diskursen der Entstehungskontext und die innenpolitische Dimension der Rede marginalisiert. Dieser Band versteht sich als ein Beitrag zur Grundlagenforschung und gibt nur wenige, direkte Empfehlungen für die europäische Sicherheitspolitik ab. Eine davon ist, dass fundierte Regionalexpertise – in diesem Fall zu Russland – unabkömmlich für eine faktenbasierte Politik ist.