Zwischen Komplementarität und Konflikt. Die Institutionen des Staatskirchenrechts aus der Sicht religiöser Interessen (original) (raw)
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Vorlesungen fiber die Philosophie der Geschichte, zitiert nach A. Demandt, 1978,81. Konstruktion yon (religiOser) Vergemeinscha/tung in der romischen Kaiserzeit 67 macht werden. Die Digesten zitieren aus dern 3. Buch des Werks zurn Provinzialedikt des in der 2. Hiilfte des 2. Jshrhunderts n. Chr. lebenden Juristen Gaius: 4 ~~Es wird nicht ohne weiteres allen gestattet, eine Gesellschaft (societas), ein Kollegium oder sonst eine Korper(schafls)form (corpus) dieser Art zu haben; denn dieser Gegenstand wird durch Gesetze (leges), Senatsbeschliisse (senatus consulta) und kaiserliche Be.schliisse (constitutiones) geregelt. Nur in wenigen FaIlen sind Korper(schafts)formen dieser Art gestattet: So ist es zum Beispiel den Gesellschaftem zur Pacht der offentlichen Abgaben ges18ttet, eine Korper(schafts)form zu haben, oder denjenigen zur Pacht der Goldbergwerke, Silberbergwerke und Salzgiirten. Ebenso bestehen in Rom genau bestimmte Kollegien, deren Korper(schafts)form durch Senatsbeschlusse und kaiserliche Beschliisse bestiitigt worden ist, wie zum Beispiel diejenigen der Backer und von bestinunten anderen sowie der Transportunternehmer zu Wasser, die auch in den Provinzen bestehen. FUr diejenigen aber, denen es gestattet ist, die Korper(schafts)form eines Kollegiums, einer Gesellschaft oder aber irgend~ einer anderen Vereinigung entsprechenden Namens zu haben, ist kennzeichnend, daBs sie nach dem Vorbild des GemeinweseIlB (ad exemplum rei publicae) gemeinschaftlichen Besitz, eine gemeinschaftliche Kasse und einen Vertreter (actor) beziehungsweise Syndikus haben, durch den, so wie im Gemeinwesen, das verhandelt und getan wird, was gemeinschaftlich verhandelt und getan werden muss.« Die Parallelen sind bis in die sprachlichen Details verfulgbar: So ist Gierkes FormuliefWlg, die Korporationen seien als Teile nach dem Bilde des Staats. ganzen geformt, eine wortliche Ubertragung des »ad exemplum rei publicae« des Digestentextes. ZU den von staatlicher Seite privilegierten Korporationen ziihlt Gierke auch die religiosen Vereinigungen: Nach romischer Auffassung sei die Religion eine staatliche Angelegenheit' und die Erfiillung eines iiffentlich defmierten religiosen Zweckes somit zugleich das vom Staat vorgegebene »publicistische Moment« einer jeden religiosen Vereinigung gewesen. Das religiose colle· gium erwerbe seinen iiffentlichen Kiirperschaftsstatus im Kontext der Erfil1lung jenes staatlichen Zweckes; eine dabei entstehende »Privatrechtssubjektivitat« sei akzidentiell. Gierke selbst postuliert im Vorwort des Bandes die Bedeutsarnkeit des Verhii1tnisses von Staat und Kirche fUr das von ihm aufgearbeitete Material: Seinen Zeitgenossen diirfte die vergleichende Re1evanz seiner Aussagen angesichts der aktuellen Debatten fiber den iiffentlich-rechtlichen Korporationsstatus dec christlichen Kirchen, iiber ihre durch die religiose Zweckerfiillung privilegierte gesellschaftliche Bedeutung im preuJlischen Digesta 3,4,1. Meine 'Obertragung foIgt (mit Anderungen) der Ubersetzung von O. Behrends u.a., 1995, 305f. 5 Hier verwendet Gierke einen rur seine Zeit typischen Topos. Die bis heute vorherrschende Vorstellung, romische Religion sei primiir offentliche, an die politischen Instanzen gekoppelte Religion gewesen, entwickelte sich unter anderem aus diesen (anachronistischen) rechtshistorischen und religionsphilosophischen Paradigmen des 19. Jahrhunderts. Dazu kritischA. Bendlin, 2000,115-135,167-171. S. unten, Abschnitt 6.
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht (ZevKR), 2013
Als „Zweitverleihung“ der Körperschaftsrechte wird ein Rechtsakt bezeichnet, durch den einer Religionsgemeinschaft, die in einem Land den Körperschaftsstatus nach Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV i. V. m. Art. 140 GG erlangt hat, diese Rechte auch in einem anderen Bundesland verliehen werden. Die gängige Verwaltungspraxis verlangt eine solche – zeitlich nachlaufende – Zweitverleihung für dieselbe Vereinigung, damit die gesamten mit dem Körperschaftsstatus einhergehenden Rechte auch im zweitverleihenden Bundesland ausgeübt werden können. Mit der rechtlichen Notwendigkeit und Zulässigkeit einer solchen Zweitverleihung befasst sich das hier anzuzeigende Werk, das die Zweitverleihungspraxis einer sorgfältigen Prüfung aus verfassungs‑ und völkerrechtlicher (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK) Sicht unterzieht; dem Buch liegt ein Rechtsgutachten für die Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen zugrunde.
Gewalt gegen Heiligtümer, Zerstörungen von Tempeln und Umwandlungen von Kultstätten in christliche Kirchen bedeuten zentrale Symbole für den Wandel der religiösen Verhältnisse, des öffentlichen Lebens und des sozio-politischen Systems der Spätantike. Tatsächlich stellten Übergriffe gegen pagane Kultorte -aber auch gegen Kirchen und Versammlungsorte christlicher Gruppen oder Synagogen -ein markantes Phänomen des religiösen, sozialen, politischen und kulturellen Umbruchs im Imperium Romanum in der Zeit von Konstantin bis Justinian dar. Die sich hier artikulierende neue Erscheinungsweise gewaltsamer öffentlicher Auseinandersetzung, das religiös motivierte Vorgehen gegen Orte, Objekte oder Personen, repräsentierte, in den Städten wie auf dem Land, vor allem eine neue Form des Konflikts: Es brachen hier bislang kaum bekannte Spannungslinien im Gefüge von Lokalgesellschaften auf, und es traten Gruppen als Akteure in Erscheinung, die bislang nicht militant hervorgetreten waren, ja in der Öffentlichkeit zuvor teils kaum als solche wahrgenommen worden waren. Nicht zuletzt sah sich der römische Staat nunmehr mit vormals gänzlich unbekannten Herausforderungen konfrontiert.
Die Rechtsstellung der Bischofskonferenz im Licht der gegenwärtigen Strukturdebatten
Schüller, Thomas/Seewald, Michael, eds, Die Lehrkompetenz der Bischofskonferenz. Dogmatische und kirchenrechtliche Perspektiven, Regensburg, Friedrich Pustet, 2020
Dass die Bischofskonferenz in einem systematischen Problemhorizont steht, spiegelt sich im kirchlichen Recht. Hier findet sich ihre rechtliche Ausgestaltung, auf die sich die über Theologie und Theorie der Bischofskonferenz bestehenden systematischen Spannungen übertragen. Über eine Neuordnung der Bischofskonferenz und ihrer Kompetenzen zu sprechen, ist daher auch eine Aufgabe, die das Kirchenrecht und die es kritisch reflektierende Kanonistik betreffen. Als Konkretisierung der kirchlichen Organisationsgestalt mit den Mitteln des Rechts ist das Kirchenrecht von den Theologie- und Theorieproblemen der Bischofskonferenz belastet, mit denen sich die Kanonistik als "applied ecclesiology" zu befassen hat.
Der deutsche Sonderweg – Die kirchlichen Finanzen im deutschen Staatskirchenrecht
Das Verhältnis von Staat und Kirche ist zu keinem Zeitpunkt in der Weltgeschichte unumstritten und belastungsfrei gewesen. Das gilt auch insbesondere für die deutschen Lande. Die Zeugnisse aus der Geschichte sind reichhaltig. Die Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft sind nicht immer nur mit intellektuellen Waffen geführt worden. Die Beispiele, die sich hier anführen ließen, sind Legion. Eine Befriedung der Lage in Deutschland ergab sich schließlich und dauerhaft 1878. Da endete in Preußen und dessen Einflussbereich der Kulturkampf, nicht etwa aufgrund von höheren Einsichten, oder weil eine der Seiten sich durchgesetzt hätte, sondern weil das politische Alltagsgeschäft von Bismarck Mehrheiten erforderte, die ohne die Katholiken im Reichstag nicht zu erreichen gewesen wären. 1 Der Tod Pius IX. und der beginnende Pontifikat Leo XIII. wirkten sich ebenfalls günstig auf die Rückkehr zu normalen Beziehungen zwischen Kirche und Staat aus. Leo XIII. erkannte auf der Basis der neuthomistischen Koordinationstheorie über das Verhältnis von Staat und Kirche, unter Betonung der Besonderheit des eschatologischen Ziels der Kirche, nunmehr kirchenamtlich an, dass Staat und Kirche jeweils societates perfactae seien. 2 Das war die Voraussetzung für einen Dialog, der ein paritätisches Verhältnis von Kirche und Staat überhaupt erst ermöglichte. Vor diesem historischen Hintergrund ereigneten sich die dann im 20. Jahrhundert weiter zu verfolgenden Annäherungen zwischen Kirche und Staat auf dem diplomatischen Parkett. Beide Seiten erkannten, dass ein gedeihliches Miteinander im gegenseitigen Respekt sowohl der Kirche als auch dem Staat dienlich sei. Das 20. Jahrhundert ist in Deutschland geprägt von einer Vielzahl an Konkordaten und Staatskirchenverträgen, die auch das kirchliche Vermögen und die kirchliche Finanzverwaltung zumindest mittelbar betreffen.Diese steht seit den Skandalen um die Vermögensverwaltung im Bistum Limburg in einem erhöhten öffentlichen Interesse. Bistümer veröffentlichen seither ihre Haushalte, wenigstens zum Teil und zeigen somit, dass sie sich auf den Weg der Transparenz ihrer Verwaltung der von den Gläubigen anvertrauten Mittel begeben. Das Ziel ist aber noch nicht erreicht. ...
Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2020
in: Pirson/Rüfner/Germann/Muckel (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Auflage, Duncker & Humblot, Berlin 2020 | Sonderdruck Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland Dritte, grundlegend neubearbeitete Auflage. Band 1, 2 und 3 2020. Band 1: 2 Abb.; XLVI, 1166 S. Band 2: X, 1206 S.; Band 3: X, 1046 S.
Migrants´ and refugees´ search for a new orientation and idetity in a foreign country is often overshadowed ba the danger of pbeeing displaced and deported. In this context the topic of "church asylum" gains prominece. But time has changed. The quwstion is wheter "church asylum" is a legal or pre-legal instrument in secular and democratic states of the post modern age. Published in: Jahrbuch der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Augustin (3) 2015, 91-110.
New Covenant Publications International Ltd. , 2020
Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Die Kunst des Krieges wird von fünf konstanten Faktoren bestimmt, die alle berücksichtigt werden müssen. Es sind dies: das Gesetz der Moral; Himmel; Erde; der Befehlshaber; Methode und Disziplin. Das Gesetz der Moral veranlaßt die Menschen, mit ihrem Herrscher völlig übereinzustimmen, so daß sie ihm ohne Rücksicht auf ihr Leben folgen und sich durch keine Gefahr erschrecken lassen. Himmel bedeutet Nacht und Tag, Kälte und Hitze, Tageszeit und Jahreszeit. Erde umfaßt große und kleine Entfernungen, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelände und schmale Pässe, die Unwägbarkeit von Leben und Tod. Der Befehlshaber steht für die Tugenden der Weisheit, der Aufrichtigkeit, des Wohlwollens, des Mutes und der Strenge. Methode und Disziplin müssen verstanden werden als die Gliederung der Armee in die richtigen Untereinheiten, die Rangordnung unter den Offizieren, die Behauptung der Straßen, auf denen der Nachschub zur Armee kommt, und die Kontrolle der militärischen. Ausgaben… Stichworte: Kirche und Staat, Militärkrieg, Armee, Streit, Weltkrieg, Kriegsgeschichte, Konflikt, Politik, Kirchengeschichte, Verfassungsrecht, Religionsrecht, Religionsrechte, Religionsfreiheit, Katholizismus, Diktatur, Militärdiktatur, militante Kirche, Demokratie, Herrschaft des Papsttums, finsteres Mittelalter, großes Erwachen