Komparatistik in Italien - heute. In: Komparatistik. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft 2016 Herausgegeben im Auftrag des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (original) (raw)
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Komparatistik in Italien – heute
2016
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B Reise auf die wenig städtische Insel Capri im Jahr wurde paradoxerweise zum Ausgangspunkt seiner Städteessayistik. Capri war in der ersten Hälfte des . Jahrhunderts ein Refugium für europäische Künstler und Schriftsteller, wie u.a. Rilke, Gide, D.H. Lawrence, Huxley, die die Zeit-und Weltlosigkeit der Insel rühmten. Auch Benjamin, der eigentlich seine Habilitation abschliessen wollte, hatte mehr Ablenkung durch interessante Mitreisende, als ihm lieb war. Während seines von April bis Oktober dauernden Aufenthaltes sah er nicht nur Mussolini aus der Nähe, sondern lernte auch Marinetti und andere futuristische Künstler kennen. Im September machten Ernst und Linda Bloch auf dem Weg nach Nordafrika längere Station in Capri und Positano. Bloch und Benjamin, die sich schon aus dem Schweizer Exil während des ersten Weltkriegs kannten, erneuerten und vertieften ihre Bekanntschaft, sie verbrachten viel Zeit in Gesprächen, an denen auch Benjamins Freundin Asja Lacis beteiligt war. Auch Siegfried Kracauer, Theodor W. Adorno, Alfred Kantorowicz und Alfred Sohn-Rethel hielten sich damals in Capri oder Positano auf und waren mit Bloch und Benjamin in Kontakt. Alfred Sohn-Rethel sprach Italienisch und kannte die Insel wie den Golf von Neapel bereits sehr gut, denn mehrere Familiemitglieder, darunter der Maler Karli Sohn-Rethel, lebten zumindest zeitweilig dort. Im Haus von Sohn-Rethels Onkel kam auch das Ehepaar Bloch unter. In seinen Erinnerungen gibt Sohn-Rethel an, besonders Benjamin bei der Orientierung behil ich gewesen zu sein.
Vorwort: Dante und die Komparatistik
Komparatistische Perspektiven auf Dantes 'Divina Commedia'
den Dichter selbst sprechen zu lassen-ja nicht einmal über den Dichter zu sprechen-sondern […] von denen zu sprechen, die ihrerseits über den Dichter gesprochen haben-das scheint gewiß ein wenig lebendiges, mittelbares und etwas trübseliges Unternehmen. Allein […] macht uns eine solche Betrachtung auf eine produktive Art skeptisch gegen unsere eigenen Meinungen, sie reizt zur Prüfung, was daran vorurteilsvoll und allzu vergänglich ist"-so begründete Erich Auerbach in seiner Antrittsvorlesung Dante und die Romantik, warum eine Beschäftigung mit der historischen Dante-Forschung sinnvoll erscheint. 1 Die Dante-Philologie ist ihrem Wesen nach diachron komparatistisch, denn eine Deutungstradition entsteht fast unmittelbar nach dem Tod des Autors vor fast 700 Jahren. Unter der erdrückenden Last und der nie auszuschöpfenden Fülle der Forschungsgeschichte erscheinen die eigenen wissenschaftlichen Unternehmungen nicht nur vergänglich, sondern auch ohne diejenigen der Vorgänger undenkbar. Auch auf den engeren fachgeschichtlichen Kontext trifft das zu. "Dante in Deutschland ist ein typisches Thema der vergleichenden Literaturwissenschaft, die Geschichte einer bis heute andauernden Faszination", konstatiert zutreffend Achim Hölter in einem Beitrag zu Tiecks Dante-Rezeption, 2 und für die französische und englischsprachige Komparatistik lässt sich diese Diagnose übernehmen. Im frühen 19. Jahrhundert konstituiert sich die Disziplin entlang ihrer Gegenstände: Einer der ersten und wichtigsten ist bis heute das in vielfältiger Ausprägung formulierte Konzept von ‚Weltliteratur'. Mit ihm verbinden sich Themen der internationalen und interkulturellen Kommunikation, der Übersetzung und der Kanonisierung literarischer Werke mit Hilfe des Vergleichs über Sprachen und Gattungsgrenzen hinweg. Die Verwurzelung fachlicher Grundannahmen in der Literatur der Romantik und der Wissenschaftstheorie um 1800 teilt die Komparatistik mit zahlreichen anderen Disziplinen, bei wenigen jedoch ist die Entstehung aus philosophisch-poetologischen Überlegungen so offen-|| 1 "Dantes Entdeckung in der Romantik".