Sichtbarkeit als Kritik. Subversive Körperbilder bei Gabriele Stötzer und Cornelia Schleime. In: Adam Czirak (Hrsg.): Aktionskunst jenseits des Eisernen Vorhangs. Künstlerische Kritik in Zeiten politischer Repression (original) (raw)
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Die Kultur der Frühen Neuzeit war eine Kultur der Konkurrenz.¹ Nach Georg Simmel handelt es sich beim Phänomen der Konkurrenz um einen indirekten Wettkampf, in dem die jeweiligen Parteien sich parallel um denselben Kampfpreis bemühen.² Diese Parallelität der Bemühungen unterscheidet demnach ein Konkurrenzverhältnis im vollen Wortsinn von der wetteifernden Nachahmung (aemulatio) vergangener Vorbilder: Ein gegenwärtiges Publikum muss von der Überlegenheit eines aktuellen Produktes über andere aktuelle Produkte überzeugt werden. Nicht zuletzt aufgrund dieser Ausrichtung auf eine kritische Öffentlichkeit schreibt Simmel der Konkurrenz eine "ungeheure vergesellschaftende Wirkung" zu.³ Ihre "synthetische Kraft" sieht er in dem Umstand begründet, dass "die Konkurrenz in der Gesellschaft doch Konkurrenz um den Menschen ist, ein Ringen um Beifall und Aufwendung".⁴ Wenn wir im Folgenden konkurrierende Körperbilder in der Kunst des 16. Jahrhunderts zum Thema machen, dann geschieht dies insofern im Sinne Simmels, als es uns um parallel-synchrone Anstrengungen von Künstlern geht, den Körper auf eine bestimmte Weise ins Bild zu setzen. Die konkurrierenden Parteien sind -so unsere These -darum bemüht, einem zeitgenössischen Publikum im Medium des Bildes vor Augen zu führen, welche Rolle der Körper ihrer Auffassung nach in der Kunst, aber auch in der religiösen Kultur der Gegenwart spielen sollte. Da die Auffassungen hierüber weit auseinandergehen, ist der Wettstreit, der uns hier interessiert, keiner um die bessere, die gelungenere, die schönere Darstellung des Körpers. Vielmehr wollen wir zwei konkurrierende Kunst-und Körpermodelle aneinander konturieren, um nicht nur ihre fundamentale Differenz, sondern auch ihren geradezu kämpferischen Antagonismus sichtbar zu machen. Es handelt sich dabei zum einen um jene Kunstwerke, die seit etwa 1500 am päpstlichen Hof gesammelt und produziert wurden und die innerhalb weniger Jahre europaweit kanonischen Rang erlangten. Die Genese dieses Kanons in Rom soll im ersten Abschnitt des Aufsatzes vorgestellt werden, bevor im zweiten
Mit dieser Festschrift zum 65. Geburtstag von Karl Prümm liegt ein 43 Beiträge umfassendes Werk vor, welches sich einerseits dem akademischen Wirken Prümms widmet und andererseits einen evidenten Beitrag zu medienwissenschaftlichen Problembereichen leistet. Die vereinende Grundperspektive der Beiträge ist von dem Interesse getragen, „Literatur- und Medienkritik, die einen direkten Eingriff in aktuelle Debatten ermöglicht, um an der gesellschaftlichen Meinungsbildung in einer Weise mitzuwirken, wie sie wissenschaftlichen Publikationen aufgrund ihrer eingeschränkten Reichweite nur selten gelingt“ (S.9) einzubeziehen und ebenfalls die „scharfe Grenzziehung zwischen akademischem Diskurs und ästhetischer Praxis zu vermeiden“ (S.9).
Einleitung. "Indem es sich weigert, eine feste Form anzunehmen" - Kunst, Sichtbarkeit, Queer Theory
2008
KERSTIN BRANDES / SIGRID ADORF: “By refusing to crystallise in any specific form”—Art, Visibility, Queer Theory: An Introduction This issue, entitled “By refusing to crystallise in any specific form”—Art, Visibility, Queer Theory , gathers contributions devoted to the question what queer theory on the one hand and (feminist) art history, visual culture, and media studies on the other have to offer one another. Although the question of visibility is central to both the politics of representation and the discourse of queer theory, which opposes normative definitions of the body and subjectivity, it is seldom tangibly related to the visual field. We hypothesise in this issue that the tools established by critical art history for analysing images within (their) specific contextualisations and areas of tension, such as the manifold interactions between historical images, viewers, and institutional frameworks, can crucially help extend queer theory’s productive engagement with visual cult...
2013
Der von Olga Moskatova, Sandra Beate Reimann und Kathrin Schönegg herausgegebene Sammelband "enseits der Repräsentation. Körperlichkeiten der Abstraktion in moderner und zeitgenössischer Kunst" will die starre Dichotomie von Abstraktion und Körperlichkeit bzw. die reduktionistische Auffassung von Abstraktion als Entkörperlichung hinterfragen, wie sie sich etwa in den Schriften Wilhelm Worringers findet. Wie starr der Gegensatz zwischen Abstraktion und Körperlichkeit erscheint hängt jedoch stark davon ab, was man unter dem Begriff der Körperlichkeit genau versteht. So kann sich dieser auf eine räumlich konstruierte figurative Repräsentation von Körpern beziehen, oder aber auf die Physis des Artefakts bzw. den Leib der Produzierenden und/oder Rezipierenden dieses Artefakts. Dies impliziert aber gänzlich verschiedene Ebenen von Körperlichkeit. Hat sich die Opposition von Abstraktion und Körperlichkeit im Sinne einer räumlich-figurativen Repräsentation mittlerweile als Topos k...
Leibhafte Kunst. Statuen und kulturelle Identität, 2015
Statuen und kulturelle Identität unter dem Förderkennzeichen 01UK0905. Die Verantwortung für den Inhalt der Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Mit großzügiger Unterstützung von PARAGONE -Freundeskreis der Skulpturensammlung Staatliche Kunstsammlungen Dresden e.V. -Wiedergabe und der Übersetzung vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder ausdrücklich gestatten. © 978-3-7705-5809-4 INHALT Einführung 7 TONIO HÖLSCHER 13 CHRISTIAN KUNZE Kontextwechsel. Zur Interpretation antiker Skulpturen in unterschiedlichen Aufstellungssituationen 55 PAOLO LIVERANI Spätantike Ehrenstatuen zwischen Distanz und Dialog 93 JENS DAEHNER Moderne 123 MORITZ WOELK Die Einheit des Widersprüchlichen in Statuen des Mittelalters 153 DORIS H. LEHMANN Fiorenza Anadyomene 179 KLAUS FITTSCHEN Die zwölf suetonischen Kaiser in den Büstengalerien der Renaissance und des Barock 201 FRANK MARTIN Belloris Sicht auf die zeitgenössische Skulptur 223 TILL FÖRSTER Skulptur und neuen Medien Westafrikas 253 DIETRICH BOSCHUNG Unheimliche Statuen und ihre Bändigung 281 PENELOPE CURTIS 307 GEORG BRAUNGART 323 Autorinnen und Autoren 371 Tafeln 376 GEORG BRAUNGART (TÜBINGEN) »WIR KANNTEN NICHT SEIN UNERHÖRTES HAUPT«: SKULPTUR UND POESIE IN DER NEUZEIT ZWISCHEN PRÄSENZ UND IMAGINATION ›Ut pictura poesis‹: In the early modern period poetics and the visual arts have had a quite constructive intersemiotic relationship. They were in dialogue with each other, particularly painting (and the graphic arts) with literature. They borrowed their modes of representation from each other. This relationship changed in the mid-18th century when the ›dif ferent‹ qualities of human sense and the appropriate art forms were being reflected upon under the auspices of sensualism and sentimentalism. Since Lessing's ›Laocoon‹ of 1766 distinctions rather than commonalities (such as mimesis) have become the central question and the branched history of competition between the arts (like the one long carried out between painting and sculpture) branched again. Part of the debate was concentrated on ›Sculpture‹ (which is also the title of Johann Gottfried Herder's 1770 essay, subtitled ›Some Observations on Shape and Form from Pygmalion's Creative Dream‹)
Si wunder wol gemachet wip. Gesicht, Korper und das Paradox der sichtbaren Unsichtbarkeit'' Die folgenden Uberlegungen gelten einem reprasentationslogischen Paradox, das von genereller Bedeutung ist, hier aber an Beispielen der bild enden Kunst und der Literaturgeschichte der friihen Neuzeit bzw. des Hochmitte lalters untersucht werden soll. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen Kerper und Gesicht als visuelle Co des der Darstellung des Sichtbaren und des U nsichtbaren. Obwohl es sich dabei um einen weiblichen Kerper und <lessen Teile handelt, spielen Fragen der Imagination des Weiblichen nur insofern eine Rolle, als sie mit prin zipiell en Aspekten der kiinstlerischen und semiotischen Okonomie mittelalterlicher und neu zeitlicher Texte und Bilder verkniipft sind. ' Die Hinweise zur bildenden Kunst sind nicht im Sinne eines systematischen Medienvergleichs zu verstehen, sondern sollen einen wichtigen Schritt in der historischen Evolution des Darstellungsproblems und <lessen Lesung beobachtbar machen. Das unt erschie dliche Verhaltnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit in den hi er untersuchten Beispielen ist also nicht so sehr einer Differenz zwischen Text-und Bildkunst geschuldet als vielmehr einem Paradigmenwechsel in der Geschichte der Asthetik. In diesem Sinne soll auf ,,. Die folgenden Oberlegungen wurden auf der Tagun g des DFG-Netzwerks Die Macht des Gesichts vom 26.-28. 7. 2007 an der Uni versitat Basel vorgetragen. Neb en den Mitgliedern des Netzwe rk s sowie alien Diskussion sbeteiligten bin ich besonders Gert Hubner, Basel, for mediavistischen Beistand dankbar. 1 Vgl. aber auch Ingrid Bennewitz, Der Korper der Dame. Zur Konstruktion von ,Weiblichkeit < in der deutschen Literatur des Mittelalters, in: Auffiihrung und Schrift in Mittelal ter und friiher Neuzeit. DFG-Symposion 1994, hr g. v. Jan-Dirk Mi.iller, Stuttgart/Weimar 1996, 222-238; Genderdiskurse und Korperbilder im Mittelalter, eine Bilanzierung nach Butler und Laqueur, hrg. v. Ingrid Bennewitz, Munster 2002. Mit der bier vorliegenden Fragestellung vergleichbar ist die Perspekti ve bei Bruno Quast, der sich jedoch mit dem Problem der D arstellung eines undarstellbaren Numi-ZEITSCHRII'T FUR KuNSTGESCHICHTE 72. Band/ 2009