Sich wappnen mit Transparenz (original) (raw)

Der Ruf nach Transparenz: Symptom oder Allheilmittel

Wenn von Korruption, Lobbyismus, Parteienfinanzierung, Auftragsvergabe, WikiLeaks, Open Data, der Öffnung von Staat und Verwaltung (Open Government), Beteiligung (Participation) und Zusammenarbeit (Collaboration) die Rede ist, dann ist der Begriff Transparenz zur Stelle. Doch was steckt hinter dem Terminus? Eine Analyse. Die Politik ist aktuell intensiv mit diesem Thema befasst: Gesetzesbezeichnungen (Transparenzdatenbank, Preistransparenz, Transparenz von Medienkooperationen, etc) und Parlamentskorrespondenz zB zu "Mandatare gegen Korruption und für Transparenz in der Politik" (ua PK Nr. 318 v. 31. März 2011) sollen "Bewusstheit" signalisieren: "Die heutige Sitzung des Nationalrats stand ganz im Zeichen der Diskussion über Korruptionsbekämpfung, die Offenlegung von Vermögen und Einkommen der PolitikerInnen sowie von Parteispenden und der Forderung nach Schaffung eines eigenen Lobbyistengesetzes." Das Projekt WikiLeaks spiegelt -abgesehen von kritisch zu sehenden Aspekten -die wachsenden Ansprüche der Öffentlichkeit auf Transparenz wider und fördert letztlich den Zwang zu politischer Korrektheit. Offenheit, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, Innovation, frei verfügbare Daten, offene Standards und Schnittstellen sowie quelloffene Software -Charakteristika der Öffnung von Politik und Verwaltung -prägen den kulturellen Wandel, der durch ein neues partnerschaftliches Verhältnis zum Bürger gekennzeichnet sein soll. Spätestens seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008 sind Unternehmungen des öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bereiches in Österreich mit unterschiedlichem Erfolg bemüht, ihr Augenmerk auf Korruptionsbekämpfung und Compliance im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zu richten. Seltsam mutet aus heutiger Sicht an, was sich 2008 mit einem weitreichen Ministerialentwurf der damaligen BMJ Frau Mag. Maria Berger von der ersten Lesung im Nationalrat über seine Beschlussfassung bis hin zum Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009 ereignete. Klientelinteressen wurden vor Staatsräson gereiht.

Transparenz: Eine medienpolitische Gratwanderung

2021

Algorithmen und Künstliche Intelligenz-Populismus, Fake News und Lügenpresse-Transparenz scheint angesichts dieser Entwicklungen das Gebot der Stunde bzw. die Standardantwort auf brennende (medien-)politische Problemstellungen zu sein. Dieser Beitrag skizziert die medienpolitischen Herausforderungen von Transparenzstrategien aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht. Er zeigt die erwarteten Vorzüge und Absturzgefahren eines medienpolitischen Transparenzpfades und verweist auf Stolpersteine und die notwendige Ausrüstung zu deren Vermeidung.

Transparenz 2.0

Springer eBooks, 2022

Transparenz 2.0 Zusammenfassung Ein wesentlicher Ansatz für ein offenes Regierungs-und Verwaltungshandeln ist gelebte Transparenz. Insbesondere durch die stetig fortschreitende Digitalisierung in Staat und Verwaltung wird Transparenz immer mehr möglich. Zugleich fordert die Zivilgesellschaft sie zunehmend ein. Im zweiten Kapitel werden ausgehend von Amts-, Dienst-und Staatsgeheimnissen verschiedene Formen von Transparenz 1.0 vorgestellt. Das Konzept der Informationsfreiheit sowie die damit zusammenhängende Gesetzgebung in Bund und Ländern ergänzen dies. Anschließend werden Ansätze zur Weiterentwicklung zu Transparenz 2.0 & Co vorgestellt und auf weiterführende Themen wie Whistleblowing, digitale Gerichtsöffentlichkeit und Transparenzindizes eingegangen. 2.1 Zwischen Geheimhaltung und Öffentlichkeit Um die Forderung nach Transparenz sowie Diskussionen über ihre Grenzen nachvollziehen zu können, ist es zunächst wichtig, einen Blick auf die etablierte Tradition der Geheimhaltung in Staat und Verwaltung sowie die Konzepte der Öffentlichkeit und Rechenschaft zu werfen. 2.1.1 Amts-, Dienst-und Staatsgeheimnisse Geheimnisse haben in der öffentlichen Verwaltung einen angestammten Platz. Das zugrundliegende Arkanprinzip, also das bewusst gewollte Verbergen von Erkenntnissen, besitzt in Staat und Verwaltung eine lange Tradition. Dabei geht es nicht um Kult

Eine vermessene Gesellschaft braucht Transparenz

Wirtschaftsdienst

Eine vermessene Gesellschaft braucht Transparenz Ende Oktober 2018 hat der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen das Gutachten "Verbrauchergerechtes Scoring" vorgelegt. Es geht dabei um die sich ausbreitende Praxis, immer mehr Aspekte des Verhaltens der Bürger durch "Scores" vorherzusagen oder zu steuern. Scoring ist durch eine Reihe von Kernproblemen gekennzeichnet: mangelnde Transparenz und Qualitätskontrolle für Daten und Algorithmen, ungenügende personelle sowie technische Ausstattung der Aufsicht und die zukünftige Gefahr eines kommerziellen Super-Scores ähnlich dem Sozialkredit-System in China. Anbieter von sensitiven Scores sollten verpflichtet werden, den Betroffenen alle Merkmale und deren Gewichtung offenzulegen. Grundsätzlich sind nicht Scoring-Algorithmen, sondern eine nicht hinreichend leistungsstarke Aufsicht das Problem. * Gerd Gigerenzer und Gert G. Wagner waren federführend für das Gutachten "Verbrauchergerechtes Scoring" des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen verantwortlich, Felix G. Rebitschek hat beide unterstützt. 1 Vgl. Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV): Verbrauchergerechtes Scoring, Gutachten, Berlin 2018, http://www.svr-verbraucherfragen.de/wp-content/uploads/SVRV\_Verbrauchergerech-tes\_Scoring.

Transparenz als ein " grand challenge " der Verwaltung

Informationsfreiheits-und Transparenzgesetze bezwecken die Öffnung von Politik und Ver-waltung und eine damit verbundene stärkere Beteiligung der Bürger an Politik‐ und Verwal-tungsprozessen. Das freiheitsrechtlich begründete Interesse am Zugang zu Informationen steht dabei im Spannungsverhältnis zu Interessen von Politik und Verwaltung, bestimmte Informa-tionen zurückzuhalten. In der Vergangenheit führte dies häufig zu juristischen Auseinander-setzungen. Das Spannungsverhältnis betrifft neuerdings nicht mehr nur die Beziehungen von Politik und Verwaltung zu Bürgern, sondern wirkt sich auch auf das Regierungs-und Verwal-tungshandeln aus. Denn Regierung und Verwaltung stehen vor dem Dilemma einerseits transparent und offen sein zu müssen, und andererseits bestimmte Daten aus Gründen der Sicher-heit oder zur Sicherung von Verwaltungsabläufen zurückhalten zu wollen. Die seit Ende der 1990er Jahre auf Bundes-und Länderebene verabschiedeten Informations-freiheits-und Transparenzgesetze beinhalten einen " grand challenge " der Verwaltung, der am Beispiel der Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) nachgezeichnet wird. Die Analyse greift auf Daten einer Umfrageerhebung unter Bundesbehörden und einer Interviewbefragung ausgewählter Behörden zurück, die im Rahmen der Evaluation des IFG im Auftrag des Deutschen Bundestages am Institut für Gesetzesfolgenabschätzung Speyer (InGFA) im Zeitraum 2011-2012 erhoben wurden. 1 Es soll gezeigt werden, dass die Wand-lungsprozesse nicht nur verwaltungstechnisch begründet sind. Vielmehr spielt auch die deut-sche Verwaltungstradition eine Rolle, die als legalistisch und rechtsstaatlich geprägt gilt. Aufgrund dieser historischen Prägung sind bundesdeutsche Behörden mit dem Gebot der Transparenz kaum vertraut. Im europäischen Vergleich wird daher weiter angenommen, dass es nationale Verwaltungsmuster und-traditionen sind, die den behördlichen Umgang mit In-formationsfreiheit und Transparenz beeinflussen.-Dr. phil. Elisabeth Musch

Textur, Transparenz, Täuschung

Blaue Papiere in Pastellen und Schriftquellen des 18. Jahrhunderts, 2023

Blue paper was probably the most common substrate onto which pastels were painted during the eighteenth century. Nevertheless, the associated implications have not yet been researched comprehensively. Based on case studies and contemporary source documents as well as in cooperation with conservators from international collections, this article argues for incorporating the supposedly invisible into art historical analyses. The aim is also to question both the categorisation of pastel painting as drawing and its assumed “sweet” aesthetics in order to open our eyes to the versatility of pastel painting. Through an art-theoretical discussion of underlying materials and the dissecting gaze, the article reflects on artificiality, illusionism, verisimilitude, and the subjectified view.

Theorie und Praxis der Transparenz - Eine Zwischenbilanz

Berliner Blätter, 2018

Dieser Artikel entwickelt eine allgemeine Theorie der Transparenz. Er vergleicht die normativen Ansätze und die empirischen Forschungen zur Trans-parenz und führt sie zusammen. So legt der Beitrag systematisch die politische Rationalität der Transparenz frei, die das Soziale nach einem bestimmten Wahrnehmungs-, Denk-und Handlungsmuster ordnet; er zeigt historisch die Einsatzpunkte für gesellschaftliche Transparenzforderungen und evaluiert die Leistungen und nicht intendierten Effekte von Transparenzpraktiken. Die zentrale These lautet, dass Transparenz funktional auf die Reduktion von Unsicherheit bezogen ist. Dafür implementiert sie Misstrauen mithilfe von Praktiken der Formalisierung und Standardisierung, um soziales Verhalten zu kontrollieren und reine Informationen zu produzieren. Symbolisch verschafft sie sich so einen Nimbus der Neutralität, verbunden mit dem Versprechen auf Bürgerpartizipation und Sicherheit. Diese selbstgesteckten Ziele kann die Transparenz aber nicht erreichen. Am Beispiel der Implementation des New Public Managements seit den Staatskrisen der 1970er Jahre zeigt der Beitrag, dass Transparenz zwar ein wirkungsvolles institutionelles Setting zur Regulierung von Verhalten anbietet, gleichzeitig aber Misstrauen verstärkt und Expertenpartizipation fördert. Daher wird abschließend eine Alternative für den Umgang mit Unsicherheit und Korruption vorgestellt: der republikanische Ansatz kreativen Handelns.