Warum Naturgesetze nicht zu sehen sind, aber trotzdem gelten (original) (raw)
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2020
Der Inhalt dieses Buches-so offensichtlich der Titel auch in eine Richtung weist-, soll Sie, sehr geehrte Leserrinnen und Leser, nicht in Naturschwärmerei versetzen. Auch wenn der gegenwärtig bedrohliche Zustand unsere Existenzgrundlage, der Erde und-damit aufs Engste verbundenihr Artenreichtum bzw. ihre vernetzte Biodiversität reichlich Anlass dazu gibt, dass sich viele nach einer "Rückbesinnung zur Natur" sehnen. Aber Natur und Technik lassen sich nicht trennen! Daher durchdringen-neben Naturphänomenen-auch politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Phänomene die Buchkapitel. Andererseits: Was ist falsch, sich an den romantischen Versen wie die im Abendlied von Matthias Claudius zu erinnern, wenn wir über Millionen Jahre gewachsene Wälder, als fundamentale Lebensspender, dem kurzfristigen schnöden Mammon wegen opfern und damit unwiderruflich zerstören? Der Mond ist aufgegangen, Die goldnen Sternlein prangen Am Himmel hell und klar; Der Wald steht schwarz und schweiget, Und aus den Hügeln steiget Der weiße Nebel wunderbar. Matthias Claudius (1778) Für die heutigen tanzenden "Herren der Menschheit" (sieh Kap. 8) um das güldene ökonomische "Kalb" der Erde und deren zunehmende Zerstörung, hält Matthias Claudius in der vierten Strophe ebenso eine Weisheit bereit, die, bezogen auf katastrophale Waldzustände im 18. Jahrhundert 1 den heutigen nicht unähnlich ist: Wir stolze Menschenkinder Sind eitel arme Sünder Und wissen gar nicht viel; Wir spinnen Luftgespinste, Und suchen viele Künste, Und kommen weiter von dem Ziel. Die Erkenntnis, die sich durch dieses Buch zieht, ist: So genial uns die Prinzipien der Natur auch erscheinen mögen, so politisch ist deren zukunftsweisender praktischer Einsatz in unserer Lebens-und Arbeitsumwelt rund um den Erdball. 1 Im Abriss der Waldgeschichte Mitteleuropas, von 3000 v. Chr. bis heute, wird die Periode des 18. Jahrhunderts als die letzte große Rodungsperiode des Waldes beschrieben, durch verlichtete und geplünderte Wälder.
Der junge Kant: Kein Recht auf Natur?
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Finnland DER JUNGE KANT: KEIN RECHT AUF NATUR? Kant bestimmt bekanntlich die rechtsphilosophische Rolle der Natur in seinen ethischen und rechtsphilosophischen Hauptwerken als die Sphäre der 'Sachen'. Die 'Sachen' sind, im Gegensatz zu 'Personen', blosse Mittel, keine Zwecke an sich selbst. Der Mensch ist keine Sache, also etwas, dass bloss als Mittel gebraucht werden darf. Die Teilhaftigkeit an der Vernunft und der Autonomie heben den Menschen über die Sachen: er ist ein Teil von den "vernünftigen Naturen" als Zwecke an sich selbst. Diese Teilhaftigkeit zur reinen Vernunft -und damit zur Klasse "aller vernünftigen Wesen überhaupt" -garantiert die Objektivität und Allgemeinheit seiner Zwecke gegenüber den nur 'subjektiven' Zwecken der empirischen Menschheit. 1 Die Personen haben auch Würde, die Sachen dagegen nur einen Preis. Die Würde hat kein tauschbares Äquivalent, wie der Preis. Nur die Sittlichkeit und Menschheit haben diese unermessliche innere Würde: z. B. "Treue im Versprechen", "Wohlwollen aus Grundsätzen" haben einen inneren Wert. Insbesondere "die Gesetzgebung selbst aber, die allen Wert bestimmt, muss eben darum eine Würde, d. i. unbedingten, unvergleichbaren Wert haben … die Autonomie ist also der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur". Nur solche Wesen verdienen unsere Achtung. 2 Nicht eben die erhabensten Objekte der Natur, "himmelhohe Berge, die Grösse, Menge und Weite der Weltkörper, die Stärke und Geschwindigkeit mancher Tiere u. s. w." können Achtung erwecken, diese 'Sachen' können aber nur verschiedene Neigungen und Affekte, Liebe, Furcht, Bewunderung oder Erstaunen, erwecken. 3 Durch diese Unterscheidung von Person und Sache wird die Benutzung der Natur legitimiert. Das meint jedoch nicht, dass diese Benutzung keine moralischen Begrenzungen hätte: die sogenannten indirekten Pflichten gegen uns selbst bestimmen das Wie im Fall der Benutzung der Natur. In der Metaphysik der Sitten 1 Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 79-82. 2 Ibid., S. 87-89. 3 Kritik der praktischen Vernunft, S. 124-125. Kant überlegt sogar, was eigentlich unsere Vernünftigkeit leistet und schreibt ziemlich pessimistisch über unsere Gattung: "Wenn man das Leben der meisten Menschen ansieht: so scheint diese Creatur geschaffen zu sein, um wie eine Pflanze Saft in sich zu ziehen und zu wachsen, sein Geschlecht fortzusetzen, endlich alt zu werden und zu sterben. Er erreicht unter allen Geschöpfen am wenigsten den Zweck seines Daseins, weil er seine vorzügliche Fähigkeiten zu solchen Absichten verbraucht, die die übrigen Creaturen mit weit minderen und doch weit sicherer und anständiger erreichen". 18 Die traditionelle anthropozentrische Auffassung über die Stellung des Menschen im Kosmos ist daher nicht begründbar. Der Mensch ist nach Kant an die Notwendigkeiten der Natur genauso wie alle anderen Geschöpfe gebunden. Seine höheren Eigenschaften, Vernunft und Moralität, sind bei den meisten Menschen marginal und schwach. Sie leiten oft sogar zu Korruption (Kriege u. a.) und daher kann Kant sogar behaupten, dass das instinktive Handeln der Tiere oft "sicherer und anständiger" (vgl. oben) ist. Können wir danach noch sagen, dass die Erde als Ganzes unser Eigentum ist? Diese Frage wird nicht direkt in dem Buch Allgemeine Naturgeschichte gestellt. Sie wird aber bald von Kant in den drei Artikeln über das Erdbeben von Lissabon 1856 aufgeworfen. Seine Artikeln beschränken sich nicht auf die naturwissenschaftliche Erklärung von den Ursachen des Erdbebens, sondern betrachten auch die moralische Lehre des Erdbebens für die Menschheit. In diesem Kontext wird auch das Eigentumsrecht auf die Natur in Frage gestellt. Kant wiederholt zuerst seine Kritik der physikotheologischen Naturauffassung. Das Erdbeben schien seine frühere Auffassung endgültig zu bestätigen. Er schreibt: "Die Natur hat nicht vergeblich einen Schatz von Seltenheiten überall zur Betrachtung und Bewunderung ausgebreitet … Selbst die fürchterliche Werkzeuge der Heimsuchung des menschlichen Geschlechts, die Erschütterungen der Länder, die Wuth des in seinem Grunde bewegten Meers, die feuerspeienden Berge, fordern den Menschen zur Betrachtung auf und sind nicht weniger von Gott als eine richtige 17 Ibid., S. 364-365. 18 Ibid., S. 365. Folge aus beständigen Gesetzen in die Natur gepflanzt". Der Mensch hat daher "kein Recht … von den Naturgesetzen, die Gott angeordnet hat, lauter bequemliche Folgen zu erwarten". 19 Wir haben also kein durch den Plan Gottes garantiertes Recht, die Natur als ein für uns zum Nutzen geschaffenes Mittel zu betrachten. Kant fasst den moralischen Wert des Erdbebens im zweiten Artikel (Kapitel Von dem Nutzen der Erdbeben) zusammen. Das Erdbeben ist sowohl im intellektuellen als auch moralischen Sinn nützlich: wir können dadurch lernen, unsere Stellung in der Natur realistischer als früher zu beurteilen und unseren Egoismus zu bekämpfen. Der Mensch neigt egoistisch dazu, in der Natur nur Nutzwerte zu sehen: "Nach dem wir einen widerrechtlichen Anspruch auf alle Annehmlichkeiten des Lebens gemacht haben, so wollen wir keine Vortheile mit Unkosten erkaufen. Wir verlangen, der
Die mangelnde Klarheit des Naturbegriffs
Begriffliche Klarheit ist für jede wissenschaftliche Disziplin von entschei- dender Bedeutung. Die tragenden Begriffe müssen klar und eindeutig sein. Deshalb ist eine semantische Präzisierung der begrifflichen Inhalte erforderlich. Es passiert aber oft, dass gerade die Grundbegriffe mit einer Vielschichtigkeit von Bedeutungen charakterisiert sind, was nicht selten zu Missverständnissen bei den Gesprächspartnern führt. Der Hörer versteht oder vermutet ein anderes Konzept hinter einem Wort, das der Sprecher in einer bestimmten Formulierung zur Sprache bringen will. Auch die theologische Ethik steht heute vor der großen Herausforderung sprachlicher Klarheit. Der Begriff der Natur bildet dabei einen Höhepunkt dieser Problematik. Er stellt eines der zentralen Elemente der traditionellen katholischen Moraltheologie und darüber hinaus der abendländischen Ethik insgesamt dar. Die verschiedenen Richtungen ethischer Reflexion haben sich in vielfältiger und sehr unterschiedlicher Weise auf die Natur und auf das Naturrecht berufen; deshalb ist es eigentlich unmögliche eine Theorie des Naturrechts zu identifizieren. Vielmehr ist angemessener, von den Theorien des Naturrechts im Plural zu sprechen. Es ist sogar so, dass einzelne Vertreter des Naturrechts den Begriff Natur nicht immer in derselben Weise verwenden. Deshalb möchte ich ganz schematisch zunächst auf drei Akteure aufmerksam machen.
Wesensrecht: Auf der Spur einer seltsamen Alternative des Naturrechts
Le Centre pour la Communication Scientifique Directe - HAL - SHS, 2019
Man muß nur ein Wesen recht von Grund aus lieben, da kommen einem die übrigen alle liebenswürdig vorˮ (Die Wahlverwandtschaften I, 12). 1 Ich gehe dieser Spur vorerst nicht nach, obwohl sie wichtig ist, denn diese Idee, dass man durch die rechte Liebe zu einem Wesen gleichsam eine positive Metamorphose erlebt, ist sehr wichtig und gehört mit zum semantischen Feld des hier untersuchten Terminus. Diese Bedeutung schwingt immer irgendwie mit und verleiht diesem Ausdruck einen weichen Klang, der dem Sinn, den dieses Wort im nationalsozialistischen Rahmen annehmen wird, nicht mehr entspricht. 2 Eine weitere Piste führt ins Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche. Das Wort wird im Artikel "Ämteranerkennung" des Neuen Theologischen Wörterbuchs von Herbert Vorgrimler (vgl. 2016, 33f.) erklärt. 3 Die gegenseitige Anerkennung der Ämter, so Vorgrimler, sei das letzte kirchentrennende Problem. Er behandelt, unter Verweis auf Rahner, drei Aspekte:
Ich stehe mit meinem Vortrag vor dem Problem, Ihnen ein Buch näher zu bringen, von dem ich nicht sicher bin, es zu verstehen. Vielleicht ist das aber für den Eröffnungsvortrag einer Tagung kein gravierender Makel. Denn das, was ich ihnen präsentiere, ist das Produkt meines Versuches, dieses Buch zu verstehen, und vielleicht trägt dieser Versuch ja dazu bei, den Raum genauer zu bestimmen, innerhalb dessen alternative Verständnisse plausibilisiert werden können. Wäre das der Fall, dann wäre ich schon halbwegs zufrieden.
Naturbasierte Lösungen im Klimaschutzrecht – zugleich eine Anmerkung zu 3a KSG
Natur und Recht
ZusammenfassungMit Novellierung des Klimaschutzgesetzes (KSG) hat sich Deutschland ab 2045 zu Netto-Treibhausgasneutralität verpflichtet. Der Beitrag richtet den Blick auf die Emissionsstruktur des Zieljahres und damit auf die Frage, in welcher Höhe Restemissionen zugestanden werden sollen und mit welchen CO2-Entnahmeoptionen diese ausgeglichen werden können. Fest steht: Nur auf ein Minimum reduzierte THG-Emissionen können nachhaltig ausgeglichen werden. Die Reduktion geht der Entnahme damit vor. Inwieweit aber die Senkenausbauziele, die mit 3a KSG erstmals Eingang in die deutsche Klimaschutzarchitektur gefunden haben, dem verbleibenden Kompensationsbedarf Rechnung tragen, wird im Folgenden näher untersucht.