Feen, Frauen und missgestaltete Söhne. Das Interesse am Körper in der Kunst um 1500 am Beispiel der Melusine (original) (raw)

Feenreste: Zur latenten Feenhaftigkeit hofferner Frauenfiguren in Diu Crône Heinrichs von dem Türlin

Journal of the International Arthurian Society, 2018

Zusammenfassung Es ist eine anerkannte Forschungsmeinung, dass im höfischen Roman in der Figur der Fee Reste keltischer Mythen bewahrt worden sind. In mittelhochdeutschen Texten ist das jedoch nur noch in sehr abgeschwächter Form sichtbar, da andersweltliche Frauenfiguren in höfischen Romanen meist in den Artushof integriert werden und damit ihr antagonistisches Potential und auch ihre Handlungsmacht verlieren. Entgegen der etablierten These, dass diese Integration unumkehrbar vonstattengeht, möchte dieser Aufsatz die Frage stellen, ob das in Texten, die mit mythischen Residuen spielen und sich durch eine Allgegenwärtigkeit des Wunderbaren auszeichnen, wirklich der Fall ist. Am Beispiel der Crône soll gezeigt werden, dass die Anderweltlichkeit der Frauenfiguren durch die Nähe zum Artushof nicht völlig aufgelöst, sondern lediglich in die Latenz verdrängt wird und unter bestimmten Bedingungen wieder reaktiviert werden kann. Armin Schulz folgend, wird die These aufgestellt, dass die Fe...

Die Schöne und das Biest: Weibliche Mischwesen in der Spätantike

Mensch und Tier in der Antike. Grenzziehung und Grenzüberschreitung (ed. by Annetta Alexandridis - Markus Wild - Lorenz Winkler Horacek). Wiesbaden: Reichert, 2008

"The Beauty and the Beast. Female hybrids in Late Antiquity "In late antiquity two well-known female monsters from Homer’s Odyssey, the Sirens and Scylla, were usually imagined as hybrid creatures consisting of a beautiful woman and parts of diverse animals, i. e. birds and dogs or fish respectively. This appears from both textual and visual evidence. As a result of a long lasting process of feminization applied to these mythical creatures, the original Homeric confrontation of man and monster is transformed into a confrontation of male and female. The animal components underline this message. The Sirens’ talons visualize the disastrous aspect of their erotic seduction, while their seductive character finds its expression in the sweetness of their voices that are compared to the singing of a nightingale etc. The man-devouring dogs that protrude from Scylla’s abdomen emblematize her sexual shamelessness. The male hero facing these monsters mustn’t yield to that temptation. Just as if he were to confront a real animal, for him it is „eating oder being eaten“, a question of life and death. The images of Scylla or the Sirens thus can be interpreted as male phantasies, expressing late antique male anxities about women and sexuality. Sexual desire is not accepted as a part of the (male) conditio humana but projected onto women. The border that seperates civilisation from disorder, man from animal, is localized in the woman.""

Pferdchenfibeln. Zur Deutung einer frauenspezifischen Schmuckform der Hallstatt- und Frühlatènezeit

2007

Ministrstvo za kulturo Republike Slovenije Berliner Gesellschaft für Archäologische Denkmalpflege Javna agencija za raziskovalno dejavnost Republike Slovenije Znanstvenoraziskovalni inštitut Filozofske fakultete Slovensko arheološko društvo Naklada / Auflage 600 izvodov / 600 Exemplaren CIP -Kataložni zapis o publikaciji Narodna in univerzitetna knjižnica, Ljubljana 903/904(082) SCRIPTA praehistorica in honorem Biba Teržan / uredniki Martina Blečić … [et al.]. -Ljubljana : Narodni muzej Slovenije, 2007. -(Situla : razprave Narodnega muzeja v Ljubljani = dissertationes Musei nationalis Sloveniae ; 44) ISBN 978-961-6169-53-0 1. Teržan, Biba, 2. Blečić, Martina Vse pravice pridržane. Noben del te izdaje ne sme biti reproduciran, shranjen ali prepisan v kateri koli obliki oz. na kateri koli način, bodisi elektronsko, mehansko, s fotokopiranjem, snemanjem ali kako drugače, brez predhodnega pisnega dovoljenja lastnika avtorskih pravic Alle Rechte vorbehalten. Die (auch teilweise) Verwertung dieser Veröffentlichung, insbesondere ihre Vervielfältigung, Einspeicherung in Abfragesystemen sowie ihre Übertragung in gleich welcher Form, ob elektronisch, mechanisch, durch Fotokopien, Bild-und Ton-Aufnahmen oder in sonstiger Weise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers zulässig. 1-8 uvod.indd 2 19.6.2007 10:59:53 V

Wasserfrau als Maskerade? Melusine von Barby und die Hybridisierung von Geschlechterkongurationen in Theodor Fontanes "Stechlin"

Spinnenfuss & Krötenbauch: Genese und Symbolik von Kompositwesen, 2013

Es ist ein Fluss ohne Ende und riesig breit, der so durch die Literaturen iesst. Immer wieder: die Frau aus dem Meer, die Frau als Wasser, als brausendes, spielendes, kühlendes Meer, als reissender Strom, als Wasserfall, als unbegrenztes Gewässer, durch das die Schi e treiben, mit Seitenarmen, Tümpeln, Brandungen, Mündungen; die Frau als lockende (oder gefährliche) Tiefe, als Becher, in dem der Sa sprudelt, die Vagina als Welle, als Schaum, als dunkler Ort, umrahmt von Pazi kkränzen; […]. 1 Die Phantasmagorie der Wasserfrau-dieses Geheimnis umwobene Mischwesen, halb Mensch, halb Tier-repräsentiert einen naturalisierten, dämonisch-erotisch aufgeladenen Weiblichkeitsentwurf, der seit der Antike unlängst fester Bestandteil unseres Kulturgutes geworden ist. 2 Diese ›feuchten Weiber‹ begegnen uns in den verschiedensten Variationen in der Literatur, Kunst,

Körper im Helldunkel. Baldungs Imaginationen von Frauenleibern

Hans Baldung Grien. Neue Perspektiven auf sein Werk, 2019

J ede Zeichnung ist ein Versuch, die Komplexität des Visuellen in das Verhältnis von Linie und Grund zu überfUhren. Im 15. Jahrhundert hatten die Zeichner ein System von dunklen Konturlinien, parallelen und sich kreuzenden Strichlagen auf dem hellen Papier entwickelt, mit dem sich Körper und Räume Daniela Bohde, Anna Christina Schütz und lrene Brückle bilden ließen. Schraffuren geben die Qualität der Oberflächen an, Schattierungen machen das Volumen der Körper und ihre Beleuchtung deutlich. Dieses System erweitert und verkehrt Baldung, wenn er in seinen Helldunkelzeichnungen mit Schwarz und Weiß auf einem braunen Grund zeichnet. Licht, Kontur und Textur müssen Abb.1 Hans Baidung Grien: Hexensabbat, 1510, 37,9 x 26,2 cm , New York, The Metropolitan Museum of Art 204 hier genauso neu gedacht werden wie das Verhältnis zum Grund, beziehungsweise zum Umraum der Figuren. Wenn Zeichnungen mit einem dunklen Zeichenmittel den imaginären Raum der Zeichnung vor allem so anlegen, als ob er sich hinter der Zeichenfläche erstreckt, so ermöglicht das Zeichnen mitWeiß in besonderer Weise, dass die Körper sich in den Raum der Betrachtenden hineinwölben. Baidung entwickelt dies jedoch nicht mit den abstrakten Körpern der Geometrie, sondern mit erotischen Frauenkörpern. Die monogrammierten und ihm sicher zuzuschreibenden Helldunkelzeichnungen der ISIOer Jahre widmen sich fast obsessiv dem weiblichen Körper. 2 Das erotisch aufgeladene Körperthema und die Reflexion über die Möglichkeit, in der zweidimensionalen Zeichnung dreidimensionale Körper zu schaffen, verschmelzen in Baidungs Werk miteinander. Baidung hat schon mit seinem frühen Selbstporträt das Zeichnen in Hell und Dunkel auffarbig grundiertem Papier fiir sich entdeckt.3 Doch das raumillusionierende Potenzial der Technik und das Thema Frauenkörper erschließt er sich erst im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts und damit zeitgleich zu seinen frühesten Helldunkelholzschnitten. 1510 demonstriert er mit einem spektakulären Druck, dass er die Experimente von Cranach und Burgkmair zum Helldunkelholzschnitt verfolgt hat, und publiziert in der neuen Technik gleich ein besonderes Motiv, nämlich den Hexensabbat (Abb. I)\ der fiinf nackte Hexen um einen Kessel hockend und auf einem Schafsbock fliegend zeigt. Auch bei seinem zweiten datierten Helldunkelholzschnitt, einer Darstellung des Sündenfalls von ISII, wird der weibliche Körper buchstäblich in den Vordergrund gerückt: Eva steht vor Adam (siehe Abb. 3, S. III). 5 Ganz offensichtlich interessiert sich Baidung dafiir, Männer-und Frauenkörper zu differenzieren: Der mit leicht gekrümmten Linien modellierten, gewölbten Brust der Frau wird die durch Parallelund Kreuzschraffuren geformte, flache Brust des Mannes gegenübergesetzt, auch an den Beinen entwickelt er zwei unterschiedliche Schraffursysteme (Abb. 2): die dickeren fransigen Parallelschraffen bei Adam, das feine weiße Netz bei Eva. Beim Rücken der ein Jahr früher gedruckten Hexe (Abb. 3) experimentiert Baidung mit sehr unterschiedlichen Formen der Lichtsetzung, die er virtuos im Stile einer Weißhöhung auch im Verfahren des Holzschnitts einzusetzen weiß, unter anderem mit verdichteten Zonen, in denen die weißen Linien fleckenbildend zusammenfließen, wie es sich auch in seinen Helldunkelzeichnungen nachweisen lässt. 6 Die Erfahrungen mit der Technik des Helldunkelholzschnitts scheinen bei ihm zu einer Klärung in Bezug auf die Helldunkelzeichnung zu fuhren. Ihre feineren weißen Linien setzt er nun besonders subtil ein. 1514 verehrte Baidung einer »Chorkappe« -so die Inschrift »DER COR CAPENEIN G VT IAR« -einen äußerst ungewöhnlichen Neujahrsgruß (Abb. 4). 7 Statt wie sonst üblich erhielt der Chorherr, den Baidung vermutlich durch seine Tätigkeit für das Freiburger Münster kannte, kein Blatt mit dem segnenden Christuskind, sondern mit drei aufeinander turnenden nackten Hexen. Baidung schafft hier nicht nur Körper aus Dunkel und Weiß, sondern mit den drei Körpern einen Raum, der sonst nur durch den Schatten auf dem Boden angedeutet ist. Vom Fuß der jungen knienden Hexe leitet Baidung den Blick über ihren Unterschenkel ins Bildinnere, über Oberschenkel und Gesäß jedoch wieder in eine vordere Raumzone, von welcher der Rücken wieder zurück in die Bildtiefe führt. Ihren Körper verschränkt Baidung mit denen der beiden anderen Hexen. Die älteste von ihnen streckt ihren rechten Fuß so weit nach vorne, dass sie nach hinten fiele, wenn sie sich nicht gleichzeitig durch einen großen rückwärtigen Ausfallschritt abstützen würde. So aber kann sie eine dritte Hexe auf die kniende hinaufschieben. Deren Fuß steht schon auf der unteren, gleichzeitig stützt sie sich mit ihrem Becken auf der Hüfte der Alten ab, sodass es aussieht, als ob die drei Frauen eine Unzahl gemeinsamer Beine hätten, obwohl ein Fuß und eine Hand der Älteren nicht zu sehen sind. Die junge aufsteigende Hexe wirkt eher passiv, als ob sie mehr den Empfindungen nachspürt, die ihre Hand aufihren Geni-KÖRPER IM HELLDUNKEL Abb. 2 Hans Baidung Grien: Detail aus Der Sündenfa ll, 1511, Staatliche Kunstsamm lungen Dresden Abb. 3 Ausschnitt aus Hexensabbat: vordere linke Hexe 205

Der Musen Kuss. Überlegungen zum Geschlechterkonzept in der "Inspirationstheorie"

2023

Die Frage nach dem Geschlecht der Kunst, der Inspiration und der Muse gibt sich immer wieder als eine Frage nach der offenbaren oder auch verhohlenen Hierarchie zu erkennen. In der Tat scheint hier die Macht zu insistieren ob im Falle des antiken Poeten, der die jungfräuliche Göttin der Kunst um Beistand anruft und zugleich über sie verfügt, ob im Künstlersubjekt, das die Muse auf das Kindliche oder Kreatürliche zu reduzieren sucht, nur um willfährig ihren Reizen zu erliegen, oder in der allzu affirmativen und eben dadurch kritischen Inszenierung dieser Herrschaft durch das gleichgeschlechtliche Paar. Um die changierende und diffizile Macht in der Rede von den Musen, weiblichen wie männlichen, und die damit eng verknüpften Geschlechterkonstellationen geht es in diesem Beitrag.