Hermeneutisches Klopfen an die Wände des Unaussprechlichen Zur Sprachtheorie von Friedrich Schlegel (original) (raw)

Der Platoniker Hans Krämer hat die paradoxe These vertreten, dass Friedrich Schlegel, der Spiritus Rector der Jenenser Romantik, mit seiner eigenartigen Deutung der platonischen Philosophie die kontinentale Platon-Forschung der letzten zwei Jahrhunderte in wesentlichen Zügen geprägt und beeinflusst hat. Schlegel geht davon aus, dass das Grundprinzip der platonischen Philosophie, die Idee des Guten, als das Höchste und das Würdigste des Denkens, unfassbar und unaussprechlich bleibt. Mit der Unsagbarkeit des Guten hängt auch die Asystematik und Unvollendbarkeit seines Denkens zusammen, sowie die Ironie als philosophische Form mit der die antinomische Struktur menschlicher Vernunft zur Sprache gebracht wird. 1 Der anhaltende Erfolg der Schlegelschen Platon-Deutung beruht nach Krämer darauf, "daß sich in ihr das moderne Selbst-und Weltverständnis in seiner Geschichtlichkeit, Endlichkeit und Vorläufigkeit an den Texten eines Klassikers der Philosophie wiedererkennt und gleichsam gespiegelt findet" 2 . 1 Hans Krämer. "Platons Ungeschriebene Lehre". Platon in der Sicht neuerer Forschungen. Hg. T. Kobusch, B. Mojsisch. Darmstadt: Wiss. Buchges, 1996. S. 247-275, hier S. 265; vgl. H. Krämer. "Fichte, Schlegel und der Infinitismus in der Platondeutung". Deutsche Vierteljahrschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 62 (1988). S. 583-621. Es ist beachtenswert, dass Krämer in seinem 1982 publizierten italienischen Platonbuch, Platone e i fondamenti della metafisica noch immer Schleiermacher wegen seiner hermeneutischen Devise sola scriptura, wonach Platons gesamte Philosophie in seinen Schriften zu suchen sei, für die Abschaffung der neuplatonischen Platon-Auslegung verantwortlich machte. Schlegels Anteil daran war damals noch belanglos. Sechs Jahre später wird im Infinitismus-Aufsatz Schlegel als Urheber aller modernistischen Fehldeutungen der platonischen Philosophie gebrandmarkt, während für Schleiermacher behauptet wird, dass er "immerhin mit dem Systemgedanken einen Grundzug des neuplatonischen Paradigmas festgehalten hat".