O. Nakoinz, Archäologische Kulturgeographie der ältereisenzeitlichen Zentralorte Südwestdeutschlands. Universitätsforsch. prähist. Arch. 224 (Bonn 2013). (original) (raw)

VORWORT DER HERAUSGEBER Die Reihe "Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie" soll einem in der jüngeren Vergangenheit entstandenen Bedürfnis Rechnung tragen, nämlich Examensarbeiten und andere Forschungsleistungen vornehmlich jüngerer Wissenschaftler in die Öffentlichkeit zu tragen. Die etablierten Reihen und Zeitschriften des Faches reichen längst nicht mehr aus, die vorhandenen Manuskripte aufzunehmen. Die Universitäten sind deshalb aufgerufen, Abhilfe zu schaffen. Einige von ihnen haben mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unter zumeist tatkräftigem Handanlegen der Autoren die vorliegende Reihe begründet. Thematisch soll darin die ganze Breite des Faches vom Paläolithikum bis zur Archäologie der Neuzeit ihren Platz finden. Ursprünglich hatten sich fünf Universitätsinstitute in Deutschland zur Herausgabe der Reihe zusammengefunden, der Kreis ist inzwischen größer geworden. Er lädt alle interessierten Professoren und Dozenten ein, als Mitherausgeber tätig zu werden und Arbeiten aus ihrem Bereich der Reihe zukommen zu lassen. Für die einzelnen Bände zeichnen jeweils die Autoren und Institute ihrer Herkunft, die im Titel deutlich gekennzeichnet sind, verantwortlich. Sie erstellen Satz, Umbruch und einen Ausdruck. Bei gleicher Anordnung des Umschlages haben die verschiedenen beteiligten Universitäten jeweils eine spezifische Farbe. Finanzierung und Druck erfolgen entweder durch sie selbst oder durch den Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, der in jedem Fall den Vertrieb der Bände sichert. Herausgeber sind derzeit: Vorwort Die vorliegende Arbeit, die 2010 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Habilitationsschrift eingereicht und angenommen wurde, geht auf die Anregung von Dirk Krauße zurück und ist eng in das von ihm initiierte Projekt "Siedlungshierarchien und kulturelle Räume" im DFG-Schwerpunktprogramm 1171 eingebunden. Hierdurch sind die zu behandelnden Themenbereiche vorgegeben. Zur Umsetzung wurde ein interdisziplinärer Ansatz gewählt, der Archäologie, Geographie und Kulturwissenschaft miteinander verbindet und Perspektiven einer archäologischen Kulturgeographie aufzeigt. Die Aspekte, auf denen der Schwerpunkt liegt, sollen zur Übersicht kurz aufgeführt werden: 1. Systematisierung der Zentralortforschung. Da der Begriff des Zentralortes im Rahmenantrag des Schwerpunktprogrammes eine wichtige Rolle spielt, sollen die zahlreichen Fragestellungen und Methoden der Zentralortforschung zueinander in Beziehung gesetzt und systematisiert werden. Hierdurch wird eine zielgerichtete und umfassende Analyse des Phänomens zentraler Orte ermöglicht, die über die Arbeiten der einzelnen Forschungstraditionen der Zentralortforschung hinausgeht und in allen Epochen und Regionen anwendbar ist. 2. Ausarbeitung und Propagierung eines zweckmäßigen Kulturkonzeptes. Einerseits aufbauend auf meiner Dissertation (NAKOINZ 2005) und andererseits an die aktuelle Theoriediskussion anknüpfend wird die Kulturtheorie HANSENs (2003) für die Archäologie adaptiert und mit ihren theoretischen und methodischen Implikationen dargestellt. Mit dieser Kulturtheorie gelingt der Brückenschlag zu anderen Disziplinen, so dass metadisziplinäre Untersuchungen möglich werden. 3. Weiterentwicklung der Methoden der archäologischen Kulturgruppenforschung. Ausgehend von einer kritischen Beurteilung traditioneller Ansätze wird ein moderner methodischer Ansatz erarbeitet, der eine Vielzahl von Schwachstellen behebt. Im Rahmen dessen werden auch neue Methoden im Umgang mit chronologischen Daten und ähnliche Techniken entwickelt. 4. Empirische Kulturgruppenanalyse. Die zentralen Fragestellungen des Projektes werden mit einer bisher unerreichten Detailfülle an Daten und Einzelanalysen bearbeitet. Das Bild der Gliederung des kulturellen Raumes in der älteren Eisenzeit wird durch die vorliegende Untersuchung nicht nur erheblich facettenreicher, sondern ändert sich insofern grundlegend, als die bisherige Prämisse weitgehend geschlossener Kulturräume nicht nur angezweifelt, sondern widerlegt werden kann. Die zahlreichen Einzelergebnisse, die in Karten und Tabellen dargestellt werden, bilden eine Abstraktionsschicht der archäologischen Primärdaten, die ihrerseits als Grundlage weiterer Untersuchungen dienen kann und die in der vorliegenden Arbeit hinsichtlich der zentralen Fragen des Schwerpunktprogramms ausgewertet wird. 5. Erkennen latenter Strukturen. Es wird weniger angestrebt, anhand einiger Fundtypen klar zutage tretende Zusammenhänge zu erkennen, sondern das Ziel ist die Ermittlung latenter Strukturen, die sich in der Masse der Daten verbergen und in der Regel nicht durch intuitive Ansätze, wie sie noch oft gebräuchlich sind, erkannt werden können. Von den latenten Strukturen wird angenommen, dass sie Zusammenhänge aufzeigen, die im Hintergrund wirkten und großen Einfluss auf die prähistorischen Verhältnisse hatten. 6. Erarbeiten eines alternatives Fürstensitzmodells. Die Bestätigung beziehungsweise Modifikation des alten, auf Kimmig zurückgehenden Fürstensitzmodells, das auf den Gedanken der Territorialherrschaft gegründet ist, wird angestrebt. Wenn sich dieses Modell nicht bestätigt, wird ein alternatives Fürstensitzmodell erarbeitet. Dieses soll in erster Linie die Ergebnisse der in dieser Arbeit durchgeführten Analyse der kulturellen 7 Räume abdecken und als Grundlage für eine Synthese mit weiteren Ergebnissen des Projektes, des Schwerpunktprogrammes und weiterer aktueller Forschung dienen. Hier liegt der Gedanke zugrunde, dass unterschiedliche Modelle jeweils einzelne Facetten des Forschungsgegenstands beleuchten und sich dementsprechend ergänzen können. 7. Ein spezifischer wissenschaftlicher Stil in der Archäologie wird propagiert. Dieser soll sich etwas von der philologisch-historischen Tradition, die überwiegend hermeneutische Ansätze verfolgt, lösen und einen Schritt in Richtung der Naturwissenschaften gehen. Zunächst wird versucht, die einzelnen Gegenstände soweit wie möglich zu systematisieren. Eine sehr enge und ausgewogene Verbindung von Theorie, Methode, Datengrundlage und Interpretation wird angestrebt und steht im Gegensatz zu vielen Arbeiten, die hier deutliche Schwerpunkte setzen. Vermieden werden sollen eine traditionelle Materialarbeit ohne tiefgreifende theoretische Anbindung, postmoderne Detailanalysen ohne Systematik sowie die hermeneutische Ausdeutung zunächst nicht bedeutungstragender Gegenstände. Nichtsdestotrotz wird auch versucht, traditionellen Auffassungen, soweit möglich, gerecht zu werden. Der Versuch, die Balance zwischen diesen Polen zu finden, wird an vielen Stellen der Arbeit sichtbar.