Plansequenz und Kapitalismus. Überlegungen zur Echtzeit im Rückgang auf Walter Benjamin. (original) (raw)

Zum Paradigma des Kommentars im Denken Walter Benjamins

Jewish Studies Quarterly, 2006

im Konvolut N des Passagen-Werks, die Absicht formulierte, die Konstruktion der Geschichte als solche "in Kommentarstruktur" zu erfassen 1 , war er schon seit langer Zeit mit einer solchen Darstellungsform vertraut. Die Vorliebe fü r diese Form, die ihn zwischen 1938 und 39 wieder dazu bringen sollte, einige Kommentare zu Gedichten von Brecht zu schreiben, 2 ist seit 1914 belegt, als er im Aufsatz Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin einem "ästhetischen" Kommentar die Aufgabe zugesprochen hatte, im Grenzbegriff des "Gedichteten" die "Wahrheit der Dichtung" herauszuarbeiten. 3 Gershom Scholem lässt jedoch Benjamins Aufmerksamkeit für den Kommentar hauptsächlich mit dem Essay ü ber Goethes Wahlverwandtschaften beginnen und schreibt dabei dem Kommentar den Wert eines wahrhaften Paradigmas zu: "Mit der Arbeit ü ber die Wahlverwandtschaften begann eine neue Wendung in Benjamins geistigem Leben, die vom systematisch ausgerichteten Denken zum kommentierenden.

Henning Gutfleisch, Utopien zeitigen. Zum Verhältnis von Sonnemanns Negativer Anthropologie und Benjamins Anthropologischem Materialismus

in: Christoph Asmuth und Simon Helling (Hg.), Anthropologie in der klassischen deutschen Philosophie, Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 325-336., 2021

»Erkenntnis, die aufs Ganze geht, ist in ihrem Erkannten nicht unterzubringen«, schreibt Ulrich Sonnemann 1969 in der Negativen Anthropologie und wischt damit jegliche positive Bestimmung des Menschen kurzerhand beiseite. Welche Ähnlichkeiten bestehen zu Walter Benjamins anthropologischem Materialismus, worin unterscheiden sie sich? Und wie fassen beide Geschichtlichkeit als Bestimmung des Unbestimmten?

Nach dem Ende der Geschichte. Zur zeitgenössischen Kapitalismuskritik

Im unserem Artikel befassen wir uns mit im Folgenden der Kapitalismuskritik nach 1989. Zunächst werden die historischen Hintergründe der neuen Kapitalismuskritik umrissen, um einige Besonderheiten der Protestbewegungen herauszuarbeiten. Ausgehend von der Beobachtung, dass sich die neue Kritik am Kapitalismus in kurzen Wellen des ‚skandalösen Aufflackerns‘ und plötzlichen ‚spurlosen Abeb- bens‘ zu bewegen scheint, untersuchen wir im anschließenden Kapitel die narra- tiven, diskursiven und sozialen Techniken der Inszenierung von Kritik am Bei- spiel von Attac und Occupy. Abschließend diskutieren wir die Frage, wie die besonderen Merkmale der sozialen und diskursiven Inszenierung der neuen Ka- pitalismuskritik zu interpretieren sind. Handelt es sich (lediglich) um ein weite- res Zeichen der ‚Schwäche der Linken‘ und der ‚Niederlage der Kapitalismuskri- tik‘, wie sie von Francis Fukujama mit dem „Ende der Geschichte“ schon einmal verkündet wurden,6 oder deuten sich darin (auch) neue Kritiklogiken und Pro- testpraktiken an, wie sie im Zuge der Globalisierung im Entstehen begriffen sind?

Zwischen Traum und Erwachen: Walter Benjamins Surrealismus-Rezeption

Kaum ein Intellektueller der Weimarer Republik setzte sich so intensiv mit dem französischen Surrealismus auseinander wie Walter Benjamin. In der Bewegung sah der deutsch-jüdische Denker das eigene Anliegen, die Politisierung der Kunst zugunsten gesellschaftlicher Emanzipation, reflektiert. Angesichts einer vom Untergang bedrohten Republik war die Aufgabe des Intellektuellen für Benjamin nicht mehr rein kontemplativ zu erfassen. Sein Konzept einer „profanen Erleuchtung“, vorgestellt anhand von André Bretons Erzählung Nadja (1928), kann auch als Antwort auf die Krise der europäischen Intellektualität gelesen werden. Der vorliegende Beitrag zeichnet Benjamins Haltung zu der Bewegung ausgehend vom Surrealismus-Essay (1929) bis hin zum posthum erschienenen Passagen-Werk nach und untersucht ihre Implikationen für das eigene Werk.

Walter Benjamins Eschatologie der Katastrophe: Fortschritt, Unterbrechung und das Ende der Geschichte

Kulturwissenschaftliche Zeitschrift

The paper analyses Walter Benjamin’s conceptions of time in the context of Anthropocene thought. In the paper, I study Benjamin’s figures of time and discuss their contribution to understanding the Anthropocene as a critical present. I analyse Walter Benjamin’s temporalities of modernity, focusing progress and primal history (Urgeschichte) in the light of Benjamin’s idea of catastrophe. I start by explaining Benjamin’s ideas in the context of the Anthropocene discourse. I then proceed to the analysis of specific figures of time, namely of primal history (Urgeschichte), progress, catastrophe and nowtime (Jetztzeit). Questioning the ambiguity of Benjamin’s concept of history, I show a hypothetical, in Benjamin’s sense revolutionary side of the Anthropocene time. In the light of Benjamin’s thought, the latter depicts the utopian, to some extent apocalyptical horizon of the absent border between man and nature.