Neue Viren, alte Stiftungen. Globale Gesundheit und Philanthropie (original) (raw)

Mitte April 2020 verkündete Donald Trump, dass die USA ihren halbjährlichen Beitrag von 500 Millionen US-Dollar an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht zahlen werden. Kurz darauf teilte die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung mit, dass sie einen Teil dieser Summe an die WHO-deren größter privater Beitrags-zahler sie ohnehin schon ist-übernehmen wird. Seit dem Jahr 2000 haben die Gates bereits mehr als eine Milliarde US-Dollar an die WHO gespendet, um ein gigantisches Programm gegen Kinderlähmung sowie weitere Programme gegen Malaria und HIV zu fördern. Förderungen wurden auch gewährt für sexuelle und reproduktive Gesundheit und den verstärkten Einsatz von Technologie in der Gesundheitsvorsorge. Seit Anfang 2020 hat die Gates-Stiftung der WHO bereits 250 Millionen US-Dollar für die Bekämpfung von Covid-19 zugesagt. Dieses starke Engagement der Gates-Stiftung für die WHO hat viel Erstaunen ausgelöst. Es mag zunächst verwundern, dass ein privater Akteur die Beitrags-zahlungen eines Staates an eine internationale Organisation übernimmt. Schaut man jedoch genauer hin, ist das nicht überraschend und schon gar nicht neu. Seit der Zwischenkriegszeit finanzieren philanthropische Stiftungen internati-onale Organisationen, auch im Gesundheitssektor. Die weltweite Bekämpfung von Epidemien ist ein klassischer Bereich der internationalen Gesundheitspoli-tik und von Stiftungen stark beeinflusst. Der Politikbereich der Gesundheit bietet unumstrittene, breit akzeptierte Ziele. Dass sich hier Erfolge gut feststellen und messen lassen, scheint für Stiftungen unerlässlich zu sein. Denn die Folgen ihrer Maßnahmen müssen berechenbar sein, damit die Stiftungen nicht in unerwartete Polemiken geraten-was die Grundsätze, vor allem ihre Steuervorteile, gefährden könnte. Diese und andere organisationsinterne Gründe sprechen deshalb dafür, dass Stiftungen mit ei-nem riesigen Vermögen wie dem der Gates eigentlich nur in einer begrenzten Zahl von Politikbereichen tätig werden können. Globale Gesundheit ist neben Bildung, Forschung und Entwicklungszusammenarbeit ein solcher Bereich. Die Grundsätze des Stiftungswesens, die damit einhergehende beschränkte Wahl von Politikbereichen sowie die Kritik an den Stiftungen, auch an ihren Gesund-heitsprogrammen, sind über die Zeit bemerkenswert konstant geblieben. Im Gesundheitsbereich ist der berühmteste Vorläufer der Gates-Stiftung die International Health Division (IHD) der Rockefeller-Stiftung. Zwischen 1913 und 1951 war die IHD in bis zu 80 Ländern tätig. Sie bekämpfte Krankheiten-allen voran Tuberkulose, Gelbfieber und Malaria-und baute ein weltberühmtes Labor in der heutigen Rockefeller-Universität auf. Die von ihr finanzierten For-schungen führten zum Beispiel zur Impfung gegen Gelbfieber. Die IHD ist so eng mit der Geschichte der globalen Gesundheit verwoben, dass sie gemeinsam mit verbündeten Organisationen wie dem Pan-American Sanitary Bureau zum Mo-dell für die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete WHO wurde. Das weltweite Programm der WHO zur Auslöschung von Malaria (1955) hat eng mit der IHD zusammengearbeitet. Einige führende Mitarbeiter der IHD wechselten zur WHO, was den Eindruck der Kontinuität zwischen der IHD und der WHO verstärkt. Die Gründung der WHO untergrub aber die Arbeit der IHD mehr und mehr und trug schließlich zu ihrem Niedergang 1951 bei. Mit einem Problem, das auch der Gates-Stiftung gut bekannt ist, hatte die IHD schon zu ihrer Zeit Erfahrungen gesammelt: der schwierigen Entscheidung, ob das Ziel die Kontrolle oder die Auslöschung einer Krankheit sein sollte. Letzteres verlangt eine Bündelung von Ressourcen, die im Verhältnis zu den verbleiben