Vom Lügen und Erwachsenwerden. Elena Ferrantes neuer Roman "Das lügenhafte Leben der Erwachsenen" erzählt die Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Frau (original) (raw)
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1996
Jahrelang bleibt ein Manuskript unveröffentlicht in der Schublade, weil kein Verlag ihm viele Leserinnen zutraut Dann plötzlich, 1977, nimmt sich einer der soeben entstandenen Frauenbuchverlage seiner an und macht es quasi über Nacht zum "Glucksfall für die Frauenbewegung" (Doormann 1985, S 26)-kein Urteil konnte die euphonsche Rezeption, die sich in feministischen Kreisen der Erstver¬ öffentlichung von Jutta Heinrichs Das Geschlecht der Gedanken im Jahre 1978 an¬ schloß, treffender auf den Punkt bnngen Meine Arbeit mochte sich dieser Rezeptionshaltung grundsätzlich anschließen Doch wenn ich meinerseits diesen Roman als "Glucksfall für die Frauenbewe¬ gung" bezeichne, so doch aus anderen Motiven, mit einem anderen Begnff von "Frauenbewegung" oder "Feminismus", als dies die Rezensentinnen der siebziger und frühen achtziger Jahre getan haben mögen Aus meiner heutigen Perspektive einer von de/konstruktivistischen Theoneansatzen infizierten Perspektive der neunziger Jahrestellt sich dieser Roman dementsprechend nicht nur als Versuch dar, "auf einen Deformierungsprozeß [zu verweisen], dem Frauen in patriarchalen Lebensverhaltnissen unterworfen sind" (Juttner 1985, S 18), sondern darüber hin
Erwachsenwerden in der Endzeit. Rezension von Sibylle Berg: GRM. Brainfuck (2019)
Kritisch-lesen.de, 2019
Sibylle Bergs neuer Roman erzählt von einer Jugend nach dem Brexit: böse, hellsichtig und messerscharf. Die Rezension erschien zuerst in an.schläge. Das feministische Magazin 3 (2019) und wurde in einer erweiterten Fassung in der Sommerausgabe 52 (2019) von Kritisch-lesen.de veröffentlicht, die sich dem Themenschwerpunkt "Dystopien in der Gegenwartsliteratur" widmet. www.kritisch-lesen.de
2010
Einen der folgenreichsten Einschnitte in der mittelalterlichen Geschichte des Vi sionären markiert d as Phänomen d er Stigmatisierung: Die imaginäre Erfahrung visionärer Schau verbindet sich mit der somatischen Einprägung von Wund ma len und bringt so ein neues Paradigma der Körper-Vision hervor. Hatte bis dahin als Rezeptionsorgan aller Jenseitsschau allein d as innere Auge d es Menschen gegolten, übernimmt d ie entscheidende Rolle nun der Körper, in dessen Glied er d ie fünf Male der Kreuzeswunden Christi eingetragen werden. Mit den Stigmata erwirbt d er Körper d es Visionärs einen bislang unbekannten Bild status. Seine Med ialität bemisst sich an dem Ged anken, d ass d er Stigmatisierte so etwas wie eine direkte Spur des Göttlichen an sich trage, die den Gläubigen dann direkt zu gänglich sei. In d er Verehrung d er Stigmata-Träger-angefangen bei Franziskus bis hin zu Anna Katharina Emmerick und Pad re Pio-ist diese Unmittelbarkeit jed och gar nicht verfügbar. Stets muss sie durch komplexe med iale Konstrukti onen neu evoziert werd en. 1 Ein intensives Nachd enken über d ie notwend ige Vermitteltheit von Körper-Visionen begegnet uns in d en frühen Bildern zu Katharina von Siena. Deutlich erkennbar sind d ie Berichte zur Stigmatisierung Katharinas nach d em Vorbild Franziskus mod elliert. Doch werd en d ie Wund male d er Sienesin im Inneren d es Körpers verortet, wo sie d em Blick eines äußeren Beobachters entzogen sind. Die Transformation Katharinas in ein Ebenbild d es gekreuzigten Christus vollzieht sich in einer Sphäre der Unsichtbarkeit. Mit großer Dringlichkeit stellt sich so die Frage nach dem Verhältnis von Geheimnis und Medialität im Offenbarungsprozess der Körper-Vision. 2 Für Bild er erweist sich d ie Konstruktion von Stigmata am inneren Körper als kaum zu lösend es Parad oxon. Das Geheimnis d er unsichtbaren Wund male steht im Wid erspruch zur trad itionellen Aufgabe von Visionsd arstellungen, innerlich geschaute Bilder in ein sichtbares Medium zu übertragen. Jede Visua-«3
Die ›Neuen Alten‹? Performative Resignifikation der Alterstopik im zeitgenössischen Reifungsroman
Das Wissen von den Lebensaltern in Literatur, Kunst und Theologie, 2000
This essay analyzes the narrative strategies that are altering the approach taken to the topoi of aging and old age in contemporary fiction. In novels like Monika Maron’s Endmoränen and Ach Glück and J. M. Coetzee’s Slow Man, these topoi are both cited and transformed. Consequently this paper proposes that Judith Butler’s concept of performativity helps describe a transformative process affecting the cultural construction of aging and old age. In this context, a new genre is emerging that has been termed the Reifungsroman or »novel of maturation« (Waxman). The article shows that the new genre’s structure is based on the different phases represented by human »rites of passage« (van Gennep) and that the aging topoi are ironically transformed by a performative process of iterability.
»Hölle der Narrenfreiheit«. Zum Altersmotiv im Generationenroman der Gegenwartsliteratur
Dieser Aufsatz befasst sich mit der Altersdarstellung in zwei beispielhaften Generationenromanen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, Clemens Setz’ Die Frequenzen (2009) und Tilman Rammstedts Der Kaiser von China (2008). Drei Aspekte stehen im Zentrum der Analyse: Erstens ist in Einklang mit der soziologischen Forschung zu beobachten, dass Alter in der Gegenwartsliteratur nicht als bloße biologische Tatsache, sondern als soziale Leistung begriffen wird. Je nachdem, ob und wie gut diese Leistung erbracht wird, entwirft die Gegenwartsliteratur Bilder eines „guten“ und „schlechten“ Alter(n)s. Um die Problemstellung adäquat zu erfassen, werden zweitens spezifische diskurs- und wissensgeschichtliche Kontexte fruchtbar gemacht, denn Alter wird etwa in Abhängigkeit von Gender unterschiedlich funktionalisiert. Der Fokus unserer Untersuchung liegt auf „männlichen“ Alterungsprozessen, deren Prekarität in der Forschung zu aktuellen Generationenromanen noch kaum registriert wurde. Drittens zeigt die vorliegende Arbeit, dass das Alter mit gattungsspezifischen Schreibverfahren des Generationenromans der Gegenwartsliteratur assoziiert ist, insbesondere mit der „therapeutischen“ Narrativierung der Familiengeschichte.
Studia Germanica Posnaniensia
Im Zentrum stehen die Körpergestaltung und die inneren und äußeren Konflikte der „Menschen aus der Wahrheit“, wie sich die Zeugen Jehovas in Stefanie de Velascos Jugendroman Kein Teil der Welt selbst bezeichnen. Fokus wird auf den Emanzipationsprozess der jugendlichen Figuren in einer Gemeinschaft gerichtet, in der eine strenge Kontrolle auf die Mitglieder ausgeübt wird – nicht zuletzt was Körper, Sexualität und äußere Erscheinungsbilder betrifft – und nicht viel Handlungs- spielraum für die persönliche Identitätsfindung oder einen individuellen Stil bleibt. Dem gegenüber stehen Selbstbild und Körperlichkeit bei den „Weltmenschen“, die der Glaubensgemeinschaft nicht angehören. Des Weiteren wird erläutert, was mit der äußeren und körperlichen Gestaltung der Figuren geschieht, wenn sie die Grenze zwischen diesen beiden Welten überschreiten.
Unter den weniger bekannten Autorinnen englischer Sprache des 18. Jahrhunderts kommt Frances ("Fanny") Burney (1752 1840), der Tochter des Musikschriftstellers Charles Burney, eine besondere Rolle zu. Burney, nach ihrer Heirat hieß sie übrigens Mme d'Arblay, verfaßte mehrere voluminöse Romane, von denen der hier in einer neuen Übersetzung 1 von Rebecca Scharpenberg herausgebracht Roman Evelina der bekannteste wurde. Das ist sehr verdienstvoll, wie jeder bestätigen wird, der gerne solche alten Bücher liest. Und da Burney noch eine Reihe weiterer sehr umfangreicher Bücher geschrieben hat, bleibt hier für Übersetzungen noch einiges zu tun. Es ist dem Reclam-Verlag zu danken, daß er es offenbar gezielt unternommen hat, solche Werke in sein Programm aufzunehmen, die bisher in Deutschland nicht hinreichend wahrgenommen wurden, wie z.B. zuvor schon Maria
Freiburger Vortrag von ca. 1987, der eine erweiterte Version eines Aufsatzes unter obigem Titel ist. Der Aufsatz erschien in: "Vom Lesen und Schreiben". Prof. Dr. Edward Verhofstadt zum 60. Geburtstag (Studia Germanica Gandensia 8) 1986, S. 200-204
Mit fünfzig Flaschen Rüdesheimer Hinterhaus vom großen Jahrgang 1811 garnierte der dankbare Verleger das Honorar für die erfolgreiche Kriminalnovelle Das Fräulein von Scuderi, die der Kammergerichtsrat ihm gesandt hatte. 1818 schrieb E. T. A. Hoffmann, als Staatsdiener unglücklich, als freier Künstler im Elend, diese seine Geschichte von Obrigkeit und Innerlichkeit. Obrigkeit und Innerlichkeit begegnen einander im Aufstand des Verdrängten gegen die patriarchalische Ordnung und in der Verurteilung sowohl der Aufständischen wie der Autoritäten. Erstere werden explizit, die Autoritäten implizit verurteilt. Das will ich zunächst darstellen. Mit schauerromantischen Requisiten, mit Gift und heimlichem Mord, wird beiseite geräumt, was den Wünschen nach Geld und Sex entgegensteht. Das Gift verhilft "ruchlosen Söhnen zur frühen