2009. „Das Lupercalia-Fest im augusteischen Rom: Performativität, Raum und Zeit“, Archiv für Religionsgeschichte 11, 145-178. (original) (raw)

2010 - Performanzkultur: Zur Sichtbarkeit von Religion und religiösen Spezialisten im antiken Rom

Nicht spezifische Zeichen, sondern die Pragmatik dieser Zeichen machen denjenigen Zusammenhang von Handlungen, die wir heute unter "Religion der Römer" zusammenfassen würden, 2 aus. Die die Stadt überragenden Tempel (aedes) waren natürlich der Stolz Roms (wie anderer Städte), aber sie stellen nicht den Normalfall sakraler Räume dar. Kulträume konnten auch offene Plätze, kleine aedicula, konnten Schuppen und Unterschlupfe (mansiones) sein. Ihre Bedeutung und ihre Sichtbarkeit gewannen sie durch die Benutzung, durch Kult in ihnen, durch Prozessionen zu ihnen. Sichtbarkeit ist dann freilich auch eine Frage der Frequenz: Gerade die selten besuchten Kultorte scheinen dem Verfall in besonderem Maße preisgegeben gewesen zu sein, waren Objekte von Renovierungen in Zeiten intensivierten Augenmerkes auf Religion, in Augusteischer Zeit wie im vierten Jahrhundert n. Chr. In diesem Beitrag sollen aber nicht die in den letzten Jahren häufig behandelten Tempel im Mittelpunkt stehen, 3 sondern religiöse Spezialisten, dauerhafte religiöse Rollenträger, Priester. 4 Es liegt nahe, die Perspektive der Performanz gerade an ihnen zu entwickeln, stellen sie doch die hervorragenden Akteure in einer Vielzahl öffentlicher und auch mancher privater Rituale dar. Diese Akteursrolle erstreckt sich allerdings häufig nur auf wenige Handlungen, während eine Vielzahl pragmatischer Handgriffe -insbesondere beim Tieropfer -von einfachem Dienstpersonal ("öffentliche Sklaven", popae/Opferdienern, victimarii/Schlächtern, camilli/kindlichen Helfern) -vorgenommen werden. Für die Erkennbarkeit der Priesterrolle besitzt daher die Kleidung, besitzen bestimmte Akzessoires (die gar nicht pragmatisch zum Einsatz kommen müssen) eine große Bedeutung, dienen der Kennzeichnung der Rolle, lassen sie sichtbar werden. Erst diese Kennzeichnung ermöglicht es überhaupt, auf bildlichen Darstellungen die Rolle zu identifizieren. 5 Die Quellenlage freilich setzt der spezifischeren Frage nach der Performanz Grenzen: Streben nach und Wahrnehmung von dignitas, "Würde", etwa als einer 1 Der Beitrag entspricht im Materialteil im wesentlichen meinem Aufsatz "Römische Priester in der Öffentlichkeit", in: Werner Eck, Matthäus Heil (Hgg.), Senatores populi Romani: Realität und mediale Präsentation einer Führungsschicht (HABES 40), Stuttgart: Steiner, 2005, 283-293. Ich danke dem Verlag für die Erlaubnis zum Wiederabdruck. zentralen Tugend von Angehörigen der Oberschicht, kann man unterstellen, dergleichen wird aber kaum thematisiert. Die ausführlichste Reflexion auf die priesterliche Performanz von Ritualen bietet Ciceros Rede "Für sein Haus", die auf die Restitution seiner enteigneten Stadtvilla zielt und dafür die Rechtmäßigkeit des inzwischen von seinem politischen Gegner Clodius errichteten Heiligtums in Zweifel ziehen muss. Rhetorisch geschickt wird die zwangsläufige Inkompetenz des erst frisch ernannten Pontifex herausgestellt, wird das fiktive Geständnis, frevelhaft gehandelt zu haben, an einem anderen Beispiel durchgespielt, aber bei all dem betont der Redner doch auch, dass er die Entscheidung über die Gültigkeit nicht auf dieser Ebene sucht, sondern an den rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen. 6 Die soziale bzw. sakrale Interaktion mit den Göttern lebt von der Verlässlichkeit des Formalen, übermäßige Frömmigkeit könnte sie eher gefährden. 1 Römische Priester Sacerdos publicus, "öffentlicher Priester" zu sein war wohl für die meisten Senatoren ein erstrebenswertes Gut. So schreibt Plinius an den Imperator Trajan: Da ich weiß, Herr, dass es ein rühmliches Zeugnis für meinen Charakter ist, durch das Urteil eines so trefflichen Prinzeps ausgezeichnet zu werden, bitte ich Dich zu geruhen, der Würde, zu der mich Deine Huld befördert hat, das Augurat oder das Septemvirat hinzuzufügen, da eben Stellen frei sind, damit ich mit dem Recht der Priesterschaft zu den Göttern für dich öffentlich beten kann, zu welchen ich jetzt nur aus persönlicher Frömmigkeit (pietate priuata) bete. 7 Ein Beispiel für solches persönliches Verpflichtungsgefühl liefert Plinius gleich im folgenden Brief. 8 Doch zeigt ein anderer Brief, der in der Sammlung an den Freund Arrianus Maturus gerichtet ist, inhaltlich aber vor allem einen Glückwunschbrief des Arrianus widergibt, einen weiteren Kreis an Motiven: Du beglückwünschst mich, dass ich das Augurat bekommen habe; mit Recht, einmal, weil es schön ist, des erhabenen Prinzeps Ansprüche auch in minder bedeutsamen Dingen zu befriedigen, zum anderen, weil dieses Priestertum an sich altertümlich und fromm (religiosum) ist und auch 6 Cicero, De domo sua 106-129. 7 Plinius, Episulae. 10,13. Übersetzung unter Verwendung der Übersetzung von HELMUT KASTEN (München 5 1984). 8 Plin. epist. 10,14: ...deosque immortales precor, ut ... dadurch etwas entschieden Sakrales (sacrum) und Auszeichnendes erhält, daß es auf Lebenszeit verliehen wird. Andere Positionen, obwohl an Würde annähernd gleich, werden zugewiesen und wieder entzogen; bei diesem spricht das Schicksal nur soweit mit, dass es verliehen werden kann. Mir scheint auch der Umstand einen Glückwunsch zu verdienen, 9 dass ich an die Stelle des Iulius Frontinus getreten bin, dieses hervorragenden Mannes, der mich am Tage der Nominierung in den letzten Jahren immer wieder zur Wahl vorschlug, als wollte er mich an seine Stelle kooptieren. Das hat jetzt der Gang der Dinge so bestätigt, dass es nicht zufällig geschehen zu sein scheint. Dir macht, wie Du schreibst, mein Augurat besonders auch deshalb Freude, weil auch M. Tullius Augur gewesen ist, denn es beglückt Dich, dass ich auch in dessen Ehrenstellungen eintrete, den ich mir für meine Studien zum Vorbild genommen habe ... 10 Nicht religiöse Präferenzen, sondern persönliche Beziehungen und Konstruktionen geistiger Genealogien bestimmen die Wahl der Priesterschaft, wie schon der Brief an Trajan mit der offenen Alternative von Augurat und Mitgliedschaft bei den septemviri epulonum, den für die Ausrichtung von Kultmählern (epula) Verantwortlichen, vermuten ließ. Die Diskrepanz zwischen dem geringen Umfang der benötigten, genauer: durch die Wahl bestätigten Qualifikationen und der Lebenslänglichkeit der Würde legt die Umkehrung eines bekannten Sprichwortes als Maxime nahe: Priester sein, das ist nicht schwer, es zu werden aber sehr! Wie hoch die Dokumentation der Aufnahme unter die collegia sacerdotum publica gewertet wurde und welche Ehrenstellung damit verbunden war, lassen weitere Zeugnisse unschwer erkennen. Auf dem Relief der Ara Pacis vertreten, wie DIETRICH BOSCHUNG gezeigt hat, 11 Priester die Senatorenschaft an prominenter Stelle; auf den Münzen des Jahres nach den Augusteischen Säkularspielen, 16 v. Chr., annoncieren Kultgeräte die Mitgliedschaft in den prestigeträchtigsten stadtrömischen Priesterschaften, bei den Auguren, Pontifices, Quindecimviri sacris faciundis und den Epulones. 12 Spätere Münzen annoncieren die Designation eines Thronfolger mit dem Hinweis auf die cooptatio in omnia collegia. 13 Den Virgines Vestae, den sechs Jungfrauen, die das Feuer im Vestatempel hüteten, und den einzelnen Göttern 9 Das also ist Plinius' eigene Interpretation; vgl. epist. 2,1,8 zum Tod des Frontinus. 10 Plin. epist. 4,8,1-5. 11 In dem in Anm. 1 genannten Band, "Ordo senatorius: Gliederung und Rang des Senats als Thema der römischen Kunst", 97-110, hier 99-103. 12 Coins of the Roman Republic in the British Museum 2,56 = Roman Imperial Coinage 1, Augustus 350. 13 Zum Material ausführlich SCHUMACHER 1978; s. u., Anm. 23. Der römische Flaminat ist mit weiteren Eigenheiten behaftet, an die kurz erinnert sei. 33 Der Flamen Dialis darf weder auf einem Pferd reiten noch soll er das Heer unter Waffen sehen; 34 er soll immer in Rom anwesend sein. Diese Regeln sind in ihrer Gültigkeit umstritten, Livius nimmt eine Vorschrift an, keine Nacht von Rom abwesend zu sein, Plutarch geht von einem Maximum von drei Nächten Abwesenheit aus. 35 Der Sinn dieser Regeln liegt darin, eine Unvereinbarkeit von Priesteramt und höheren magistratischen Funktionen festzuschreiben -und genau darüber entstehen Konflikte und Versuche, pragmatische Lösungen zu finden: Die Flaminate sollen nicht zu Sackgassen in der Karriere jener jung ernannten patrizischen Flamines werden, denen die typischerweise frühe Wahl nach der Analogie anderer Priesterschaften eine glänzende Karriere gerade in Aussicht stellen müsste. Diese Interessenlage kennzeichnet auch die Kompromisse: Es sind Erleichterungen im Einzelfall, Tätigkeiten in Italien, die eine magistratische Laufbahn ermöglichen, ohne die Regeln prinzipiell abzuschaffen. Das gilt in dem für das Jahr 183 v. Chr. von Livius geschilderten Fall eines Flamen Dialis, der die Stadtprätur erhielt: C. Valerius P. f. L. n. Flaccus hatte das Recht für den Flamen Dialis durchsetzt, einen Senatssitz zu erhalten und städtische Ämter bekleiden zu können, und hatte selbst 199 v. Chr. das Amt des kurulischen Aedilen bekleidet. Bei dieser Wahl zum Aedil wurde das Problem, dass er als Flamen Dialis keinen Eid leisten konnte, 36 schließlich so gelöst, dass sein Bruder den Eid für ihn leistete. 37 Das gilt nicht weniger für den Fall des Flamen im Jahr 22 n. Chr., von dem Tacitus ausführlich berichtet; hier blieb der Versuch des Flamen Dialis Servius Cornelius Cn. f. Cn. n. Lentulus Maluginensis vergeblich, nach seinem Suffektkonsulat des Jahres 10 n. Chr. das Prokonsulat von Asia zu erlangen. 38 In der von Tacitus geschilderten Auseinandersetzung verweist Maluginensis auf die Tatsache, dass der Flamen im Krankheitsfalle, aber auch im Falle der Vakanz in seinen rituellen Aktivitäten von den Pontifices vertreten werden kann. 39 JOHN SCHEID hat gezeigt, in welchem Maße die für den Flamen Dialis geltenden Regeln auf eine Repräsentation, eine Inszenierung des von ihm verehrten Gottes selbst hin angelegt sind. 40 Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er, dauernd in die toga praetexta gekleidet, auch der Prototyp des sacerdos publicus ist. Nach dem Geschichtsbild...

Vom Palatium Papae zum Pilgerort: der Lateran im Hoch- und Spätmittelalter, in: Wunder Roms im Blick des Nordens von der Antike bis zur Gegenwart, Exhibition Catalogue Paderborn 2017, ed. C. Stiegemann, Petersberg 2017, pp. 128-133.

Wenn die Barbaren [...] Rom sehen und seine kühnen Werke, staunend wie der Lateran alle sterblichen Dinge überragt: Welches Staunen muss dann mich erfüllen, der zum Himmlischen aus dem Irdischen kam ... und aus Florenz zu gesunden und gerechten Menschen'(Dante, Divina commedia, Par. 31, w. 3l-40; Übersetzung vom Verfasser). Die berühmten Verse zum Lateran, die Dante einem Rompilger des Heiligen Jahres 1300 in den Mund legte, galten einem Ort, dessen Wahrnehmung zu diesem Zeitpunkt widersprüchlicher nicht sein konnte. Nur wenige fahre später, mit dem avignonesischen Exil der Päpste (1309-1377),

Die Lupercalia im kontext der Februar-Feste

Acta Antiqua, 2015

The paper investigates some open questions concerning the Roman Lupercalia. Within the research it appears that several problems touching the Lupercalia as well as other ceremonies within the Parentalia can be solved in regard to the feasts of the month February as a whole.