Böse Bolschewisten, edle Emigranten. Die Ufa, der „Russenfilm“ und DIE GEHEIME MACHT (1928) (original) (raw)
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In Stalins Gefolgschaft: Moskau und die KPD, 1928-1933
In Stalins Gefolgschaft: Moskau und die KPD, 1928-1933, 2007
Bislang galten die deutschen Kommunisten der Weimarer Republik als gehorsame Befehlsempfänger Moskaus, die peinlich darauf bedacht waren, nicht von der Linie der Komintern abzuweichen. Dass die Beziehungen zwischen KPD und Komintern jedoch sehr viel widersprüchlicher und komplexer waren, zeigt nun Bert Hoppe auf der Basis von jüngst zugänglich gewordenen Dokumenten aus osteuropäischen Archiven. Hoppe schildert nicht nur, wie Stalin die Politik der KPD beeinflusste, indem er sein System persönlicher Gefolgschaft auf die deutsche Partei übertrug - er zeigt auch, dass das Verhältnis zwischen den deutschen und sowjetischen Kommunisten häufig von Missverständnissen und Argwohn, die aus ihrer unterschiedlichen politischen Sozialisation erwuchsen, geprägt war. Diese Faktoren, so kann Hoppe nachweisen, führten schließlich zu dem paradoxen Ergebnis, dass der sowjetische Diktator seinen Willen in Streitfällen zwar stets gegen die KPD-Spitze durchsetzen konnte, die Moskauer Führung ihre Politik bezüglich der deutschen Partei letztlich aber als eine durchgehende Reihe von Misserfolgen betrachten musste.
"Lasst den Arbeiter im Kino sich erholen" Zum Verständnis sowjetischer Muße in den 1920er Jahren
2021
Зритель вовсе не идет в кино "поагитироваться". Он идет туда отдыхать, использовать свой досуг, и уже наша задача придумать и устроить так, чтобы этот нужный ему отдых и досуг были бы максимально использованы с целью организации чувств и воли зрителя в нужном направлении. 1 Кино на культурном фронте, И. П. Трайнин 2 , 1928 год Der Zuschauer geht überhaupt nicht ins Kino, um "agitiert" zu werden. Er geht dorthin, um sich zu erholen, seinen dosug 3 zu nutzen, und es ist wohl unsere Aufgabe, alles zu bedenken und so einzurichten, dass diese, für ihn [den Zuschauer] notwendige Erholung und der dosug maximal genutzt werden, um die Gefühle des Zuschauers zu organisieren und dessen Willen in die richtige Richtung zu lenken. Kino an der Kulturfront, I. P. Trajnin, 1928 Der vorliegende Aufsatz widmet sich zwei zusammenhängenden Problemen, und zwar-in einem umfassenden Sinne-dem Verständnis von dosug und Erholung (отдых) in der frühsowjetischen Epoche sowie der Detailfrage nach der 1 Il'ja P. Trajnin, Kino na kul'turnom fronte, Moskva 1928, 35. 2 Il'ja Pavlovič Trajnin (1887-1949); in den 1920er Jahren Vorsitzender des Zentralen Repertoirekomitee des Volkskommissariats der Aufklärung der RSFSR (Glavnyj repertuarnyj komitet narkomata prosveščenija RSFSR), Vorstandsmitglied des Filmstudios Sovkino (Sovetskoe kino), Herausgeber der Zeitschrift Sovetskij ėkran (Sowjetische Leinwand). 3 Der Begriff dosug (досуг) wird hier und im Folgenden nicht übersetzt, sondern als terminus technicus beibehalten, da die Bedeutung zwischen "Freizeit" und "Muße" changiert. Vgl.
Filmblatt, 2021
In der Gegenwart angesiedelte Geschichten über das Leben von jüdischen Einwanderern aus Osteuropa wurden in Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik kaum produziert. Solche Geschichten, die sich um Generationenkonflikte und das Aufeinanderprallen orthodoxer und säkularer Lebensweisen drehen, kamen ab Mitte der 1920er Jahre aus Amerika. Im Milieu jüdischer Emigranten aus Osteuropa spielen etwa Edward Slomans His People (Seine Söhne, 1925), Edward F. Clines Old Clothes (Alles für die Firma, 1925), Harry A. Pollards The Cohens and the Kellys (Cohn contra Miller, 1926) und vor allem Alan Croslands The Jazz Singer (Der Jazzsänger, 1927) mit dem immens populären jüdischen Entertainer Al Jolson. Wie Kerry Wallach in Passing Illusions. Jewish Visibility in Weimar Germany (Ann Arbor 2017) ausführt, wurden diese amerikanischen Filme in der jüdischen Presse der Weimarer Republik als Vorbilder angesehen. Am Beispiel von Büchern, Illustrierten und eben auch deutschen Filmen wie Überflüssige Menschen (1926) von Alexander Rasumny und Mensch ohne Namen (1932) von Gustav Ucicky analysiert Wallach die öffentliche Sichtbarkeit, Selbstidentifizierung und Verwechslung von Juden und Jüdischkeit ("Jewishness") sowie die bewussten Formen ihrer Sichtbarmachung, Erkennbarkeit oder auch Unkenntlichmachung. Zu begrüßen ist, dass sie dazu auch die bislang kaum genutzte Filmberichterstattung in der jüdischen Presse, die die unterschiedlichen divergierenden Richtungen des deutschen Judentums von orthodox bis zionistisch widerspiegelte, hinzuzieht und beispielsweise den jüdischen Diskurs über die stereotype-auch antisemitische-Inszenierung von Juden im Film beschreibt. Mittlerweile sind damals wichtige Zeitungen wie die CV-Zeitung, die Jüdische Rundschau und die Jüdisch-liberale Zeitung digitalisiert und im Portal "Compact Memory" einsehbar (http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm). Auch wenn Wallachs Schlussfolgerungen aufgrund der im Vergleich mit anderen Zeitungen doch quantitativ geringen Bedeutung von Film und Kino in den jüdischen Zeitungen auf einer teilweise allzu schmalen Quellenbasis stehen und über eine spezifische Filmrezeption in der jüdischen Gemeinde weiterhin nur wenig bekannt ist, regen sie doch zum Weiterdenken an. Sie resümiert: "Film criticism in the Weimar Jewish press reveals that Jewish audiences welcomed the opportunity to
Michael David-Fox und .deI: deut~ehen faschistisc~en ~echten. Dazu traf ~r sic?, wie .ein Doku~~e~t belegt, personIIch mIt dem Alplall-MItglIed Grabowsky zu ell1er funf-bIS sechsstundIgen Sit_ zung. Grabowsky informierte die Analytiker des Volkskommissariats jür aUsWärtige Angelegenheiten auch über die Ausrichtung der verschiedenen Nationalbolschewisten wobei er sich vor allem auf den Tat-Kreis konzentrierte, aus dem eine Reihe vo~ Alplan-Mitgliedern kam. Die Tat hatte so etwas wie eine Ostideologie entwickelt, die von der Vorstellung eines deutsch-slawischen Zwischeneuropas ausging, das Ost und West teilte.'9 Gerade solche sowjetophilen Tendenzen in der radikalen Rechten Wurden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 allerdings eingeschränkt und unterdrückt. Dennoch berichtete Politbüro-Mitglied Lazar' Kaganovic Stalin im August 1932 von seiner Lektüre der Gesprächstranskripte sowjetischer Diplomaten in Deutsch_ land. Es ging vor allem um das nationalsozialistische Afplan-Mitglied Reventlowund den militärischen Agenten, Abenteurer und Professor für Militärgeographie, Oskar Ritter von Niedermayer, der als Organisator der geheimen militärischen Zusammencu'_ beit zwischen Reichswehr und Roter Armee acht Jahre in der UdSSR gelebt hatte. Niedermayer habe der sowjetischen Botschaft in Berlin angeboten, Kontakte zu Hermann Göring he~lstellen und damit eine ständige Verbindung zur NSDAP aufzubauen. 3o "Die Mitschriften zeigen", schrieb Kaganovic an Stalin, dass selbst faschistische Elemente uns vertrauen müssen, dass sie die Beziehungen, die zwischen uns entstanden sind, nicht stören wollen. Das ist natürlich äußerst wichtig, weil diese Elemente, wie es aussieht [ ... ], in Deutschland an der Macht bleiben werden. 31 Kaganonvics naive Auffassung vom prosowjetischen Potential des deutschen Faschismus stammt von jemandem, der vermutlich wusste, was Stalin hören wollte. Sie zeigt, dass das Engagement für die konservative Revolution keine Einbahnstraße war, denn Kaganovic extrapolierte zweifellos aus Kontakten zu jenen Teilen der deutschen Rechten, die zur Zusammenarbeit mit den Sowjets bereit waren. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass das Kalkül Stalins und seiner Satrapen bei ihren Erwartungen an Bündnisse mit der entgegengesetzten Seite des politischen Spektrums nicht aufging.
ILCEA, 2012
My essay deals with the nowadays completely forgotten novel Insurrection in Poshansk by the Austrian Exile-writer Robert Neumann (1897-1975) which was published simultaneously in English and German (Die Puppen von Poshank) in 1952. This novel is one of the earliest fictional representations of the Soviet forced-labour-camps, basing on the accounts of Gulag-survivors but avoiding to simulate a kind of eye-witness-report. It shows a biting satire of the totalitarian system instead. My essay will contextualize the novel within the contemporary Gulag-debate and within literary concepts of the time, trying to bring this provocative text back into cultural memory.