Koordination der Forschung an Hochschulambulanzen für Psychotherapie: Status quo und Agenda (original) (raw)
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Koordination der Forschung an Hochschulambulanzen für Psychotherapie
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 2015
Zusammenfassung Forschungsaktivitäten an psychotherapeutischen Hochschulambulanzen (HSA) können einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung und wissenschaftlichen Fundierung von Psychotherapie leisten. Um die vielfältigen Daten, die in HSA in Deutschland gesammelt werden, besser nutzbar zu machen, erscheint eine Koordination der Datenerhebungen und Forschung perspektivisch sinnvoll. In diesem Artikel stellen wir die Ergebnisse einer Umfrage zu den Kernmerkmalen deutscher Hochschulambulanzen (z. B. Fallzahlen, diagnostische Instrumente, verwendete Software) vor und entwickeln auf Basis der Ergebnisse Vorschläge zur besseren Integration der Forschungsbemühungen. Es wurden 53 Hochschulambulanzen in Deutschland identifiziert. Diese erhielten einen Fragebogen zu den jährlichen Fallzahlen, der eingesetzten klinisch-psychologischen Diagnostik, zu den störungsübergreifenden und -spezifischen Fragebögen sowie den erhobenen Patienten-und Therapeutenvariablen und der verwendeten Software. Die Rücklaufquote lag bei 100 %. Insgesamt werden demnach in den deutschen HSA im Erwachsenen-und Kinder-Jugendlichenbereich über 10 000 neue Patienten pro Jahr behandelt. Für die strukturierte und störungsübergreifende Diagnostik werden fast ausnahmslos dieselben Verfahren genutzt. Dem steht eine große Vielfalt von störungsspezifischen Verfahren gegenüber. Die verwendete Datenbanksoftware ist heterogen und nicht vollständig miteinander kompatibel.
Integratives Vorgehen bei den Therapieschulen der Schweizer Charta für Psychotherapie
Psychotherapie-Wissenschaft, 2018
Verschiedene Forschungsergebnisse unterstützen die These, dass die Mehrheit der Therapeutinnen und Therapeuten eine integrative Praxis ausüben. Ausgehend von dieser Annahme wurden im vorliegenden Artikel, auf der Basis der Audioaufnahmen von Therapiesitzungen, Gemeinsamkeiten in der therapeutischen Haltung bzw. in der Anwendung von therapeutischen Techniken zwischen Therapeutinnen und Therapeuten aus verschiedenen Schulen analysiert. Als Grundlage für die Analyse wurden zwei Stichproben von 108 bzw. 162 Sitzungen aus Therapien aus der »Praxisstudie Ambulante Psychotherapie Schweiz« verwendet. Die Audioaufnahmen der Sitzungen wurden entweder mit dem Psychotherapie-Prozess Q-Set oder mit dem PAP-S-Rating-Manual analysiert. Beide Instrumente zeigten deutliche Ähnlichkeiten bezüglich Handlungen und Haltungen von Therapeutinnen und Therapeuten mit unterschiedlichen therapeutischen Orientierungen. Bezüglich der Art der verwendeten Interventionen, die in jeder Therapeut/innengruppe beobach...
Psychotherapieforschung – und ihre Beschränkung durch einen schulenspezifischen Bias
2015
Das Ausuben von Psychotherapie einerseits und Psychotherapieforschung andererseits gehoren unterschiedlichen Handlungsbereichen an – mit jeweils unterschiedlichen Regeln und Kompetenzen. Eine Vermengung beider Bereiche ware ebenso problematisch wie der Versuch, die Regeln eines Bereiches zur Strukturierung des anderen heranzuziehen – also therapeutisches Handeln nach bestimmten wissenschaftsmethodischen Modellen zu strukturieren oder, anders herum, Forschungsmethodik nach therapeutischen Modellvorstellungen beziehungsweise „Schulen“ auszurichten. Ein hervorragendes Modell zur Untersuchung experimenteller Forschungsfragen ist das RCT-Design mit randomisierten kontrollierten Studien. Dies gilt aber nur dann, wenn klar definierbare Ursachen und ebenso klar definierbare Wirkungen hinreichend isolierbar sind und die Realitat brauchbar abbilden. Je groser der Handlungsspielraum zur Gestaltung der Ursachen (Interventionen) ist und je komplexer die relevanten Wirkungen sind, desto weniger t...
Psychotherapie-Wissenschaft, 2019
Die Wissenschaftskommission der Schweizer Charta für Psychotherapie (WiKo), ein Organ der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP), hat mit dem AGUST-Projekt das Vorhaben umgesetzt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anwendung von psychotherapeutischen Interventionen zu untersuchen. Dafür wurden 24 Vertreter acht verschiedener Psychotherapieschulen zu einem APA-Lehrvideo befragt. In drei Forschungskolloquien, die zwischen September 2018 und Januar 2019 stattfanden, wurde das Video in Arbeitsgruppen von ihnen bewertet. Am Beispiel der Klientin des Videos wurden zudem alternative psychotherapeutische Interventionsvorschläge und Therapieziele in den Gruppen erarbeitet sowie deren Begründungen erfasst. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stand dabei das konkrete Vorgehen der einzelnen Schulen. Dabei zeigten sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen. Bei der Bewertung des Videos, der alternativen Reaktionsvorschläge und deren Zuordnung mittels PAP-S-Rating-Manual unterschieden sich die Gruppen weniger als bei der Begründung der alternativen Interventionen, ihrer Beschreibung der Probleme der Klientin des Videos und den Begrifflichkeiten zur Abbildung ihres schulspezifischen Hintergrundes.
ÖBVP NEWS, 2024
In diesem Positionspapier finden sich Ideen zu einer Mehrperspektivität und einem "explanatorischen Pluralismus" (Fuchs 2023) in der Psychotherapieforschung. Es ist die Idee über universitäre Grabenkämpfe oder disziplinäre Reduktionismen hinweg Psychotherapieforschung breit aufzustellen. Die "New Medical Humanities", wie sie gegenwärtig von jungen Nachwuchswissenschaftler*innen in Köln im Gespräch mit der Phänomenologischen Psychopathologie entwickelt werden, würde einen Rahmen dafür bieten. Dieser Ansatz versteht Wissenschaft als Teamarbeit und als mehrperspektivische Arbeitsteilung. Eine (philosophische) Phänomenologie würde hierin als "kooperative Grundlagenwissenschaft" fungieren, die entlang von Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie und Anthropologie disziplinäre Mehrperspektivität zusammendenkt. Auch dieses Anliegen wird von dem Bestreben getragen, auf diese Weise die Vielfalt der Psychotherapie in einer modernen Variante zu bewahren.
Zur Vereinbarkeit von Promotion und Psychotherapieausbildung für Psychologinnen und Psychologen
Hintergrund: Psychologen haben aufgrund wenig planbarer Berufsverläufe vielfältige Qualifizierungswünsche, so zum Teil auch den Wunsch Promotion und Psychotherapieausbildung parallel zu absolvieren. Fragestellung: Unterscheiden sich Promovierende von den Nichtpromovierenden in der Wahl des Ausbildungsablaufes und welche soziodemographischen Faktoren zeichnen Promovierende in Psychotherapieausbildung aus? Methode: Im Rahmen des „Forschungsgutachtens zur Ausbildung von Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen“ wurden 2.501 Psychologen mit Diplom- oder Masterabschluss, die sich in einer Psychotherapieausbildung befinden, befragt. Ergebnisse: Ergebnisse logistischer Regressionsanalysen zeigen, dass Männer und Ausbildungsteilnehmer, die ohne Kinder im Haushalt leben, eine höhere Chance haben in der Gruppe der Promovierenden zu sein. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse legen nahe Promovenden in Psychotherapieausbildung zu unterstützen oder aber den parallelen Qualifikationsweg zu überdenken.
Das Experiment in der Psychotherapie [2024]
Phänomenal - Zeitschrift für Gestalttheoretische Psychotherapie, 2024
Summary in English (article is in German): Gestalt Theoretical Psychotherapy also sees itself as an experimental approach. This does not mean experimenting on the client, but rather the client herself experimenting with the possibilities of her experience and behavior. Such experimentation must not be encouraged arbitrarily in terms of time or content - the conditions and timing must be ripe, and the content and aim of the experiment must arise from the given situation itself. This article addresses these and other preconditions for experimentation in psychotherapy. These are explained and discussed using a number of examples. The focus is not on the client's free experimentation, as is the case in a relatively relaxed situation geared towards self-awareness, but on goal-oriented experimentation to solve problems. Doubts, hurdles and plausible assumptions are identified and discussed as essential aspects in the run-up to such goal-oriented experimentation. The peculiarities of experimentation in the field of living things also result in special requirements for communication. Finally, the range from the individual experiment to the development of an experimental attitude on the part of the client is shown. Zusammenfassung: Gestalttheoretische Psychotherapie versteht sich auch als experimenteller Ansatz. Gemeint ist damit nicht ein Experimentieren an der Klientin, sondern das Experimentieren der Klientin selbst mit Möglichkeiten ihrer Erfahrung und ihres Verhaltens. Ein solches Experimentieren darf weder zeitlich noch inhaltlich beliebig angeregt werden – Bedingungen und Zeitpunkt dafür müssen reif sein, Inhalt und Ziel des Experiments müssen aus der gegebenen Situation selbst erwachsen. Der vorliegende Beitrag geht auf diese und andere Vorbedingungen des Experimentierens in der Psychotherapie ein. Diese werden anhand einiger Beispiele erläutert und diskutiert. Der Fokus liegt dabei nicht auf dem freien Experimentieren der Klientin, wie es in einer relativ entspannten, auf Selbsterfahrung ausgerichteten Situation seinen Platz hat, sondern auf dem zielorientierten Experimentieren zur Problemlösung. Zweifel, Hürde und plausible Annahme als wesentliche Aspekte im Vorfeld eine solchen zielorientierten Experimentierens werden identifiziert und besprochen. Aus den Eigenheiten des Experimentierens im Bereich des Lebendigen ergeben sich auch besondere Anforderungen an die Kommunikation. Abschließend wird die Spannweite vom Einzelexperiment bis hin zur Entwicklung einer experimentellen Einstellung der Klientin aufgezeigt.