Gewerkschaften auf dem Rückzug? Mythen, Fakten und Herausforderungen (original) (raw)
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Gewerkschaften, Betriebsräte und Republik: Fatale Versäumnisse in der Wende
express , 1993
Im Rahmen der ostund mitteleuropäischen Reformen, Revolutionen und Zusammenbrüche l-989 und L990 wirkt die ostdeutsche ItFeierabendrevolutionrr und der Zusammenbruch der DDR merkwürdiq. L/-4 , 49l.) Konstituierten sich anderswo durch rrRefolutionenrrz neue Nationalstaaten, in denen zu einem größeren TeiI die Träger der Reformen von oben und die neuen Eliten aus der Opposition zv den Trägern der neuen Republiken wurden, so wurde dagegen in Deutschland nach der Zustimmung durch USA, UDSSR, Frankreich und England, mit dem politischen Wil1en der Bürger der ehemaligen DDR und der alten Bundesrepublik das System der Bundesrepublik übertragen. I{erkwürdig ist in Deutschland die spezitische Form des Gese77schaftsvertrages. Gemeinhin qilt es a1s das Kennzeichen einer demokratischen Republik, daß sie sich in ihrem Gründungsakt nicht nur eine demokratische Verfassunq qibt, sond.ern daß unter Anteilnahme ihrer Bürger die Machtverteilung zwj-schen Legislative, Exekutive und Judikative entschi-eden wird3. Darüber hinaus konstituiert sich der Einfluß und die scziaLe Machtverteilung der gesellschaftlichen Kräftegruppen und Verbände. solch einen Gründungsakt einer Republik qilt den Bürgern aIs gegenseitiges Versprechen, qewissermaßen a1s Leitlinie ihres zukünftigen Verhaltens und Umgangs auch mit Konflikten untereinander und mit ihren Nachbarn. Fehlt ein solcher Gründungsakt oder wird er wie im Falle Deutschlands wesentlich von den Spitzen der staatl-ichen Exekutive betrieben und von den Bürgern zwar anerkannt aber nicht aktiv gestaltet, so ist bestenfalls zrt erwarten, daß die Ausqestal-tung einer solchen Republik nachträg1ich geschiehan. a'-,ti , Es bl-eibt dann jedoch auch mög1ich, daß sj-ch Konflikte ergeben, die eben wej-L keine gemeinsam anerkannten Werte und Normen in L. Diese ÜberTegungen hahe ich in einem 10 minüxigen Statement auf der Tagung des sB "Gewerks-chaTten mit d.em Rücken an der wand.'" vorgetragen. sie verdaitken zentrale-Anregungen dem Autsatz von C.offe, WohTstand, Nation und RepubTik in: Joas/Roh7i (Hrsg.), Zusammenbruch der DDR, Erankfurt 1992. Ich habe ?iesen übernomnen und sie für meine Zwecke umgestrickt. lleiterhin habe ich Annahmen und Beschreibungen des neuen Buches von C.Leggewie, Druck von rechts-Wohin treibt die BundesrepubTik? I"Iünchen 1993 aufgenommen. 2. Der Begriff wird geprägt von Timothy earton Ash, Im Namen Europas", 7993 und ders., Ein Jahrhundert wird abgewäh7tt 1.991. 3. So wie hier verwendet wird der Konstitutionsakt einer demokratischen RepubTik diskutiert bei Hannah Arendt, Über die RevoTution, I,lünchen 7968 4. Die alte BundesrepubTik DeutschLand ist ein gutes BeispieT für einen soTchen Prozeß. Ihre Demokratie mußte nach 1945 mehr oder weniger verordnet werden. Durch den wirtschaftl-ichen Erfolg fanden ihre poTitischen Normen nach und nach Anerkennung bei ihren Bürgern. Wie stabil aber auch hier ein solcher demokratiseher Grundkonsens ist, das wird gerade erst jetzt getestet.
Die strategische Wahl der Gewerkschaften - Erneuerung durch Organizing?
WSI-Mitteilungen, 2008
Vor dem Hintergrund einer tiefen Krise gewerkschaftlicher Repräsentation fragt der Beitrag nach Ansatzpunkten einer Erneuerung von Organisationsmacht. Gewerkschaften werden als Akteure betrachtet, die eine strategische Wahl bei der Erschließung neuer Machtressourcen besitzen. Organizing-Konzepte, wie sie inzwischen auch hierzulande erprobt werden, sind kein Patentrezept zur Überwindung der Mitgliederkrise. Den deutschen Gewerkschaften können sie aber wichtige Anregungen für eine strategische Neuausrichtung bieten.
Organisationen im Umbruch: Die Gewerkschaften in der Schweiz von 1990 bis 2006
2006
Seit Ende des Ersten Weltkriegs bis zu Beginn der 90er-Jahre blieb die Gewerkschaftslandschaft in der Schweiz erstaunlich stabil Fluder und Hotz-Hart, 1998). Die Verbandsstruktur schien eingefroren: 1990 besassen die schweizerischen Gewerkschaften grossmehrheitlich noch immer die Struktur der branchenbezogenen Industriegewerkschaft, die sich um den Ersten Weltkrieg herausgebildet hatte. Grosse Verbände wie SMUV (Schweizerischer Maschinen-und Uhrenarbeiterverband), GBH (Gewerkschaft Bau und Holz), VPOD (Verband des Personals öffentlicher Dienste) oder VHTL (Gewerkschaft Verkauf, Handel, Transport, Lebensmittel) hatten damals jene Organisationsform gewählt und sie bis in die 90er-Jahre bewahrt. Der Typ der branchenbezogenen Industriegewerkschaft 2 war ein erstes Organisationsprinzip der schweizerischen Gewerkschaftsbewegung. Daneben wurde sie von den gesellschaftlichen Spaltlinien entscheidend mitgeprägt. Nicht nur das schweizerische Parteiensystem war entlang der historischen Trennlinien des frühen 20. Jahrhunderts (Konflikt Stadt-Land, Konflikt Protestanten-Katholiken, Konflikt Arbeit-Kapital) eingefroren. Auch die Gewerkschaften hatten sich entlang einiger dieser Grenzen entwickelt: Die Konfessionslinie führte zu einer Spaltung zwischen sozialdemokratischen und katholischen (sowie protestantischen)
Gewerkschaften im deutschen Einheitsprozess
Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung, 2017
Die Rolle der Gewerkschaften im Prozess der deutschen Einheit fand bislang wenig Beachtung. Dabei gehörten sie von Anfang an zu den Kräften, die die gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation Ostdeutschlands mitgestalteten. In den Beiträgen des Bandes betrachten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie ehemals Aktive aus Ost und West - ausgehend von ihren jeweils unterschiedlichen Perspektiven - die Möglichkeiten, Erfolge und Grenzen gewerkschaftlicher Politik und gewerkschaftlichen Handelns. Im Fokus stehen gewerkschaftliche Kontakte vor 1989, die Phasen von Umbruch und Vereinigung, die Arbeit der Treuhandanstalt und die Tarifpolitik. Herausgearbeitet werden dabei auch die Nachwirkungen des Transformationsprozesses.