Die neuen Solo-Selbständigen zwischen Unternehmergeist und Prekarität (original) (raw)
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(Solo)-Selbständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung
Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, 2017
Im Vergleich zu abhängig beschäftigten Arbeitnehmerinnen ist die berufliche Situation selb- ständig erwerbstätiger Frauen in vielfacher Hinsicht eine besondere. Als Selbständige agie- ren sie als „die eigene Chefin“ und können vor allem organisatorische Aspekte der Erwerbs- tätigkeit nach ihren Vorstellungen gestalten. Zugleich sind sie selbst für die marktförmige Verwertung ihrer Arbeitsleistung zuständig, sie arbeiten auf eigene Rechnung und tragen dementsprechend auch die Risiken ausbleibenden Markterfolgs.
Unternehmerische Selbstständigkeit vor dem Hintergrund des Wandels zur Wissensgesellschaft
Wesentliches Merkmal der modernen Wissensgesellschaft ist nicht allein die Akkumulierung von Wissen, sondern vielmehr die Möglichkeit, neues Wissen zu verbreiten und es auf diese Weise allgemein verfügbar zu machen. Die Verfügbarkeit des Wissens eröffnet nachhaltig Gelegenheiten zur Wertschöpfung. Die Förderung unternehmerischer Selbstständigkeit im Umfeld intensiver Wissensakkumulation, insbesondere der Hochschulen, ermöglicht eine neue, effektive Form des pro-aktiven Wissenstransfers, mit dem sich synergetisch wirtschafts-, gesellschafts- und wissenschaftspolitische Ziele verfolgen lassen. Von den Hochschulen verlangt dieses Modell eine Neuorientierung ihrer traditionellen Transferpolitik.
Die misslungene Formation des Selbst-Unternehmers
Im Herbst 1858 beklagte sich Friedrich Engels vor dem Hintergrund einer Anbahnung zwischen den englischen Chartisten und einem Teil des Bürgertums bei seinem Freund Karl Marx über das ‚bürgerlich‘ gewordene Proletariat: „Bei einer Nation, die die ganze Welt exploitiert, ist das allerdings gewissermaßen gerechtfertigt.“ Es hülfen „nur ein paar grundschlechte Jahre“ . Karl Kautskys Frage bezüglich der Haltung der englischen Arbeiter in Sachen Kolonialpolitik beantwortete er mit dem Hinweis, dass diese damit einverstanden seien, weil sie „flott mit von dem Weltmarkts- und Kolonialmonopol Englands“ zehrten. Abgesehen von der impliziten Enttäuschung über die Entwicklung des englischen Proletariats, steckt in dieser Bekundung die grundsätzliche Erkenntnis, dass die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft die Arbeiter/innenschaft in die Lage versetzte, mittelbar an der Ausbeutung anderer Arbeiter- und Bauernklassen teilzuhaben. Wenn dieser Verdacht schon im 19. Jahrhundert aufkeimte, wie sehr erst tritt diese Struktur der Ausbeutung zweiter Ordnung im Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in der bangladeschischen Stadt Sabhar hervor? Dass ein Werttransfer von einer Arbeiterklasse, die für einen Monatslohn von 75 € auf die Barrikaden gehen muss, auf eine andere stattfindet, die sich diese Kleidung als Wegwerfartikel leisten kann, weil deren Produktion einen Bruchteil des westlichen Lohns kostet, liegt arbeitswerttheoretisch auf der Hand.
Allein erfolgreich oder allein prekär? Bildungs- und Berufsmerkmale junger Singles
2021
Das Leben als Single ist gegenwärtig weit verbreitet. Aufgrund eines ambivalenten Bildes, das von "dem Single" vorherrscht, ist auch die soziale Lage von Singles meist unklar. In dem Beitrag wird gezeigt, dass das Singledasein für Frauen und Männer, die bis ins mittlere Erwachsenenalter niemals oder nur eine äußerst geringe Zeitspanne in einer Partnerschaft verbracht haben, mit unterschiedlichen Lebenslagen einhergeht. (DIPF/Orig.)
Junge Angestellte — Individualisierung contra Solidarität?
Jugendliche Angestellte, 1994
Ein Gespenst geht um in Gewerkschaften und politischen Parteien. Sein Name ist Vergreisung. Hält der Trend zum "Auszug aus den Institutionen" an, sind viele Organisationen dabei, sich in jugendfreie Zonen zu verwandeln. Allein bei der IG Metall, ihres Zeichens größte Einzelgewerkschaft, ging die Zahl der jugendlichen Mitglieder innerhalb von zwei Jahren um ca. 200.000 (zwei Fünftel) zurück. 1992 verbuchte die Organisation den Austritt von 32.000 jungen Leuten. Auch wenn konjunkturelle und demographische Faktoren bei sinkenden Mitgliederzahlen eine Rolle spielen, verweist das soziale Profil der "Organisationslücke" auf ein den gesamten DGB betreffendes strukturelles Problem: Überdurchschnittlich hoch sind die Einbußen bei jungen Frauen und Jungangestellten-ein sicheres Indiz dafür, daß sich die Ausstrahlung der Gewerkschaften in sogenannten "neuen Arbeitnehmergruppen" weiter verringert hat. I Die Organisationsmüdigkeit Jugendlicher beschränkt sich jedoch nicht auf Gewerkschaften und deren Jugendverbände. Betroffen ist das gesamte Netz "intermediärer" Organisationen. Besonders kraß macht sich die Organisationskrise im Parteiensystem bemerkbar. Politische Formationen jedweder Coleur leiden an Nachwuchsmangel. Seit über einem Jahrzehnt empirisch nachgewiesen, hat sich der Trend zur "Überalterung der Mitgliedschaft" bei allen Bundestagsparteien während der 90er Jahre noch beschleunigt (Leif 1993, S. 43). In den parteinahen Jugendorganisationen nimmt der Anteil von Mitgliedern unter 21 Jahren kontinuierlich ab. Selbst die Grünen, einst nahezu ausschließlich von jüngeren Wählerkohorten in die Parlamente gewählt, verzeichnen wachsende Distanz zur jugendlichen "Gesellschaft der Altersgleichen" (zum Begriff: Zinnecker 1981).
Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 2019
Zusammenfassung Existenzgründungen jenseits des 50. Lebensjahres sind ungewöhnlich und unterscheiden sich von vergleichbaren Prozessen im jüngeren Lebensalter. Sie sind weniger von der Lust am Risiko geprägt, sondern von einem reflektierten Umgang mit seiner Karriere, Lebensgeschichte und Vorstellungen zur beruflichen und persönlichen Zukunft. Existenzgründungen in der zweiten Lebenshälfte "heilen" Beschädigungen, die Führungskarrieren mit sich bringen, und schaffen Raum für unerfüllte Wünsche und Lebenspläne. Auf der Basis von biografischen Interviews mit ehemaligen Führungskräften, die sich jenseits der 50 selbstständig gemacht haben, wird eine Typologie der späten Existenzgründung entwickelt. Schlüsselwörter Existenzgründung • Selbstheilung • Biografische Innovation The reflective entrepreneur-start-ups in the second half of life between self-healing, defense against anxiety and innovation Abstract Business start-ups beyond the age of fifty are unusual and are fundamentally different from comparable processes in the younger age. Especially they are biographically anchored and less connected with the desire to take risks, but with a more reflective approach to their own careers, life stories and their own professional and personal future. Start-ups in the second half of life "heal" damage that leadership careers bring with them and create a space for unfulfilled wishes and life plans. On the basis of biographical interviews with former executives who started their own business beyond the age of 50, a typology of late business start-ups is developed.