Gemeinsame Elternverantwortung (original) (raw)

Göttinger Juristische Schriften

BVerfGE Entscheidungen der amtlichen Sammlung BW Burgerlijk Wetboek (Bürgerliches Gesetzbuch der Niederlande) CA Children Act 1989 Abkürzungsverzeichnis VIII Vol. Volume (Band) vs. versus z.B. zum Beispiel Ziff. Ziffer zit. zitiert ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch 1 Teile dieser Arbeit entstanden im Rahmen des Forschungsprojektes ‚Macht und Ohnmacht der Mutterschaft (MOM)', das vom Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur gefördert wird: ‚Macht und Ohnmacht der Mutterschaft-Die geschlechterdifferente Regulierung von Elternschaft im Recht, ihre Legitimation und Kritik aus gendertheoretischer Sicht', Forschungsprojekt der Stiftung Universität Hildesheim und Georg-August-Universität Göttingen (https://www.uni-hildesheim.de/mom-projekt/), Verbundvorhaben im Rahmen der Förderlinie des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur ‚Geschlecht-Macht-Wissen. Genderforschung in Niedersachsen'. Wir bedanken uns für die Förderung durch das MWK und ebenso für die ausgezeichnete redaktionelle Unterstützung durch Assessorin Wibke Frey. 1.1 Gegenstand und Fragestellung 2 Länder zu lernen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu analysieren sowie Vor-und Nachteile unterschiedlicher Modelle zu diskutieren. Nach Trennung und Scheidung besteht inzwischen die gemeinsame elterliche Sorge in den europäischen Rechtsordnungen in der Regel fort, unabhängig vom Status des Kindes als eheliches oder nicht eheliches Kind. 2 Alleinsorge kann weiterhin aus Kindeswohlgründen angeordnet werden, ist aber seltener geworden. Dagegen stehen Fragen der Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Vordergrund und beschäftigen in Streitfällen, vor allem nach Trennung und Scheidung, häufig die Gerichte. Bei Uneinigkeit der Eltern ist oft strittig, ob ein Elternteil eine bestimmte Entscheidung im Rahmen der gemeinsamen Sorge allein treffen darf und wem die Entscheidungskompetenz zusteht. Dies betrifft auch Fragen der rechtlichen Vertretung des Kindes, wobei europäische Rechtsordnungen deutliche Unterschiede in der Frage aufweisen, ob gemeinschaftliche Vertretung oder Einzelvertretung das grundlegende Prinzip ist. Typische Streitthemen vor Gerichten reichen vom Aufenthaltsbestimmungs-und Umgangsrecht einschließlich der Frage, ob das Gericht den alternierenden Aufenthalts des Kindes im sog. Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils anordnen kann, über Streitigkeiten im Falle eines geplanten oder bereits erfolgten Umzugs eines Elternteils mit dem Kind im Inland, ferner Reisen eines Elternteils mit dem Kind ins Ausland, Entscheidungen zur Kindergarten-und Schulwahl bis hin zur Gesundheitssorge für das Kind (Impfungen u.a.) oder Knabenbeschneidung. Diese Streitfragen finden sich in der Rechtsprechung zahlreicher Länder trotz grundsätzlicher Unterschiede in der jeweiligen Ausgestaltung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung und der Regeln darüber, was ein Elternteil allein entscheiden kann und was beide gemeinsam entscheiden müssen. Die unterschiedlichen nationalen rechtlichen Modelle zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge und der rechtlichen Vertretung des Kindes bewegen sich in einem Spektrum zwischen weitreichender Autonomie des jeweils betreuenden Elternteils auf der einen Seite und einem weitreichenden Kooperationszwang für beide Eltern auf der anderen. Im Mittelpunkt dieser Veröffentlichung steht die rechtsvergleichende Darstellung der Regeln über die gemeinsame Elternverantwortung und ihre Ausübung für mehrere europäische Länder auf dem aktuellen Stand, der bisher fehlte. Ein Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der Rechtsregeln zur Lösung von Elternkonflikten, wenn die Eltern nicht zusammenleben.