Das Werkzeug in der Sammlung - oder: Der König vor Cornelis Gijsbrechts' Staffelei (original) (raw)
in: Cordez, Philipp/Krüger, Matthias (Hrsg.): Werkzeuge und Instrumente, Berlin 2012, S. 67-92 (Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte; 8)
Noch in den Jahrzehnten um 1600 interessierte sich kaum jemand für den cavalletto, alle Aufmerksamkeit galt der cavalletta. Oder anders gesagt: Von vereinzelten Konzeptualisierungsversuchen abgesehen, spielten bis dahin die Werkzeuge der Maler (und anderer Künstler)-etwa die Staffelei (cavalletto), aber auch Pinsel und Palette-im frühneuzeitlichen Kunstdiskurs keine ent scheidende Rolle.1 Dagegen dienten ingenieurtechnische Großgeräte-wie das Schwerlast-Gerüst (cavalletta) (Abb. 1)-oder aber die Instrumente der Wissen schaften und Artes (Schreibfeder, Zirkel, Fernrohr usw.) als herausragende Sinnbilder des menschlichen Ingeniums, als Leistungsbeweise von Erfin dungskraft, Rationalität und Fortschritt.2 Dies änderte sich seit dem späten 16., vor allem dann aber im Laufe des 17. Jahrhunderts entscheidend: Die Dis kussionen und Systematisierungsversuche zur Malkunst (im großen Kontext des ad artem redigere vieler Tätigkeitsbereiche zu sehen)3 bezogen nun zuneh mend auch deren Werkzeuge, Produktionsorte und-Zusammenhänge ein. Die steigende Zahl von Atelierbildern und von Selbstbildnissen beim Arbeitspro zess sind nur zwei der Indikatoren dafür.4 Die Staffelei spielt dabei eine pro minente, vielfältige Rolle: Der Maler (oder nun auch die Malerin) konnte in Distanz zur Leinwand auf der Staffelei die Eingebung einer Idee erwarten oder aber bereits im Furor der Inspiration an ihr arbeiten; die Muse konnte ihren Günstling an der Staffelei beglücken, genauso wie die Hemmnisse der Lebenswirklichkeit jedem Maler die Staffelei zum Kreuz verwandeln konnten-und zumindest die französischen Kunstlexika des späten 17. Jh.s geben als eine Bedeutung von chevalet auch an: ein hölzernes Gerüst zur Bestrafung.5 Parallel dazu förderte auf der praktischen Ebene die wachsende Zahl an dilettanti eine, freilich anders gerichtete, Auseinandersetzungen mit den Werkzeu gen von Zeichnern und Malern. In den ersten Kunstlexika vom Ende des 17. Jahrhunderts und in den Hand-und Lehrbüchern für angehende Maler, dilettierende Liebhaber und Gelehrte nehmen Werkzeuge, Materialien und Produktionsabläufe erstmals eine wichtige Stellung ein (Abb. 2).6 Dieser Wandel der Wertschätzung lässt sich an einem Werk für die Kunst sammlung des dänischen Königs Christian V. besonders deutlich ablesen.