‚Paragesellschaften‘. Diskursive Verhandlungen sozialer Kohäsion (original) (raw)

Diskurswolken am gesellschaftlichen Denkhorizont

2019

Wir befinden uns in einem chaotischen Gewimmel – einem diskursiven Gewimmel, immer und uberall – es wimmelt nur so von Aussagen, die um uns herumschwirren. Diskurse wabern umher – sie sind uberall, es gibt kein Entkommen. Diskurse werden ahnlich Gesprachen gefuhrt, in Diskursen wird verhandelt, Themen werden be- oder abgehandelt, Diskurse erortern und bilden Gegenstande, sie diskutieren Dinge, sie sprechen uber etwas, und bringen Aussagen hervor – sie sagen uns, was gesagt werden kann und was nicht und wie uber etwas gedacht wird. Expert_innendiskurse geben uns Hilfestellung bei Entscheidungen, der neoliberale Diskurs verfuhrt uns zur Okonomisierung des Sozialen, der offentliche Diskurs pragt unsere Einstellung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Streitthe men, der mediale Diskurs bestimmt unsere Meinungen uber andere, digitale Diskursphanomene uberraschen uns im Alltag und lassen uns zu Fans, Nerds oder Teilen von Flashmobs werden; Formen von Diskursethik heben den moralischen Ze...

Zivilgesellschaft als Arena gesellschaftskritischer Diskurse

Forschungsjournal Soziale Bewegungen

Zusammenfassung Der Artikel gliedert sich nach den drei zentralen Aspekten der Äußerung von Kritik: Der Rolle und Relevanz von Akteuren, der Bedeutung kommunikativer Prozesse und der Notwendigkeit der Identifikation der jeweiligen Arena, in der soziale Sachverhalte aufeinandertreffen und verhandelt werden. Die Zivilgesellschaft ist hierbei ein besonders zentraler Ort der kontinuierlichen Aushandlung dieser Wechselverhältnisse. Sie ist geradezu par excellence durch kommunikationsintensive Prozesse gekennzeichnet, wie etwa die Rolle von Religionsgemeinschaften als Kommunikationsgemeinschaften in ihr illustriert.

Ein Vorschlag für einen kooperativen Diskurs

1994

Ob es um eine Neuorientierung der Wirtschaft zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung, um eine Vermeidung von moglichen Klimaauswirkungen aufgrund des Ausstoses von Kohlendioxid, um die Verminderung von Umweltbelastungen in Wasser, Boden und Luft oder um eine Umkehr zu einem auf »Sein« statt auf »Haben« beruhenden Lebensstil geht, immer spielt dabei die Frage der Energieversorgung und der Energiepolitik eine masgebliche Rolle. Aber in der Energiepolitik bewegt sich wenig, da die Fronten verhartet sind.

Gespräche als Forschungsgegenstand in der Sozialen Arbeit

Empirical research on social work has so far mostly been carried out on the basis of ex-post-facto-surveys, which never allowed to grasp social reality in itself but, at best, its subjective interpretations. The following contribution advocates the use of conversation-analytical procedures which allow to sketch the local production of social reality and thus to describe the practice of social work as such. A comprehensive survey of literature on recent international research in this field shows that this practice has to deal with partly contradictory conditions of interaction and often achieves something other than what is suggested by theoretically informed norms or by the professional self-conception prevailing in social work. Empirische Forschung in der Sozialen Arbeit geschieht bislang mehrheitlich auf der Basis von Ex-post-facto-Erhebungen, aufgrund derer nie soziale Wirklichkeit selbst, sondern allenfalls deren subjektive Deutungen erfasst werden können. Dieser Beitrag plädier...

Es wird immer anders. Teilhabe und Deliberation in der »Akzidenzgesellschaft«

Shaping Future. Neue Methoden für Partizipation in Forschung und Innovation, 2017

In den letzten Jahrzehnten gerät die Vorhersagbarkeit und Planbarkeit sozio-technologischer Entwicklungen zunehmend unter den Verdacht, ihre Belast barkeit zu verlieren. Ausgehend von Bruno Gransches Annahme einer »Akzidenzgesellschaft«, die sich vor allem durch Veränderlichkeit und Unabwägbarkeit ihrer selbst vergewissert, untersucht der vorliegende Aufsatz die Flexibilität unserer gesellschaftlichen Imaginationswerkzeuge zwischen institutioneller Technik folgen-Abschätzung, demokratischer Deliberation und unternehmerischer Zukunftsvision. Es wird argumentiert, dass eine vor allem durch Kontingenz bestimmte Gesellschaft die Teilhabe an Technikentwicklung nicht nur als ein Instrument zur Aufnahme von Bürgerwünschen verstehen sollte, sondern ebenso als eine Aufforderung zur gemeinsamen Aushandlung pluralistischer Technikvisionen. Im vorliegenden, kurzen Aufsatz werden einige Überlegungen des Technikphilosophen Bruno Gransche zusammengefasst und mit einer aktuellen Bestandsaufnahme der institutionellen Technikfolgen-Abschätzung in den westlichen Industrieländern abgeglichen. Ausgehend von einem philosophischen und diskurstheoretischen Ansatz sollen Grundsteine für eine Aktualisierung der Praxis der partizipativen Technikentwicklung und der Technikfolgen-Abschätzung in zukünftigen Projektvorhaben gelegt werden. Als Systemtheoretiker wusste Niklas Luhmann, welche Effekte Komplexitätssteigerungen für eine Gesellschaft bedeuten: »[…] das Ausmaß an Variabilität hat mit der Komplexität des Gesellschaftssystems zugenommen, und das bestimmt die semantischen Formen, die für eine Beschreibung der Zukunft in Betracht kommen« (Luhmann 2006: 130). Unsere zunehmende Technisierung und Pluralisierung führt also zu einem Zuwachs an gewollter wie auch ungewollter Komplexität und somit zu einer Steigerung der Variabilität, die letztlich in eine Reduktion der Vorhersehbarkeit mündet. Und eine sich dergestalt verändernde Gesellschaft passt ihre Sprechweisen über und Verhaltensweisen gegenüber dem Zukünftigen entsprechend an.

Zwangsverheiratung im sozialwissenschaftlichen und öffentlich‐politischen Diskurs

In recent years, forced marriage increasingly became a focus of attention in public, political and scientific discourses especially with regard to migration processes and the integration of specific migrant communities. Forced marriage is regarded as a form of domestic violence and a human rights violation. This paper scrutinises popular understandings and common scientific definitions of forced marriage by locating it at the intersection of various forms of social inequality in the context of violence and migration. Based on the analysis of interviews with victims and experts, the study identifies traditionalist practices, misinterpretations of religious obligations, socio-economic deprivation, and experiences of discrimination and marginalisation in the context of immigration as the most relevant factors behind forced marriage. We believe that in order to capture the complex interplay of causes and effects of forced marriage one needs a multifaceted approach which 1) questions the existing public and political discourses on e.g. the so called ‘harmful traditional practices’, 2) evaluates the existing intervention and prevention measures, the legal instruments and their implementation (e.g. the Austrian violence protection act or the international trend to raise age limits for marriages with non-European citizens) and 3) continually contrasts these with the experiences of victims and the views of experts.

Assimilation, Integration, Kohäsion, Partizipation – oder: Was wird hier eigentlich verhandelt?

Konfliktfeld Fluchtmigration, 2019

In der politischen und medialen Diskussion werden Migration, die Herausforderungen der wachsenden Mobilität und die Chancen und Risiken von Integration pausenlos verhandelt. Doch müsste von etwas viel Grundsätzlicherem die Rede sein, nämlich von der Ausgestaltung demokratischer und staatlicher Macht, von Kohäsion und Partizipation angesichts vielfacher Herausforderungen zunehmend mobiler und global verfasster Gesellschaften. Denn diese Herausforderungen stellen die bisherigen Prinzipien demokratischer Teilhabe auf nationalstaatlicher Ebene in Frage und verlangen nach neuen Lösungen. 1