Review of: Corey Robin: Fear. History of a Political Idea (original) (raw)

Rezension zu: Ilan Zvi Baron: How to save politics in a post-truth era? Thinking through difficult times.

2018

Es ist weithin bekannt, dass 'Post-Truth' noch im Jahr der amerikanischen Präsidentschaftswahl 2016 vom Oxford English Dictionary zum "Wort des Jahres" gewählt wurde. Angesichts der bedrohlichen Konsequenzen einer grundlegenden Autoritätsund Legitimitätskrise von Wissenschaft und Journalismus, in Anbetracht weiters einer durch die Deregulierung von Informationsströmen in den neuen Medien und durch 'Echo-Kammern' beförderten epistemischen Tribalisierung der Öffentlichkeit sind seitdem unterschiedliche Reaktionen zu beobachten. Zum einen wird der Ausweg aus diesen Entwicklungen in der Restitution der Autorität von Wissenschaft und einer geteilten epistemischen Basis des öffentlichen Diskurses gesucht; ein Versuch, der allerdings dadurch erschwert wird, dass solchen Rettungsversuchen insbesondere von linker Seite häufig die notwendige epistemologische Grundlage fehlt. Auf der Basis postmoderner Theorie, die das demokratisch-egalitäre Prinzip gleichsam in die E...

Rezension: Hay, Colin: Why We Hate Politics (Cambridge: Polity Press, 2007)

Häufig wird zwischen einer angelsächsischen (sowie US-amerikanischen) Tradition politischen Denkens und einer französischen unterschieden. In dieser Sicht ist für die angelsächsische die Betonung von "checks and balances" und die Teilung der Zentralgewalt repräsentativ, während die französische sich durch etatistische Vorstellungen kennzeichnet, die das Recht des Staates vor die Rechte der Bürger stellen. Demnach müssen die beiden prominentesten französischen politischen Denker des 18. und 19. Jhds -Montesquieu und Tocqueville -als Häupter einer kleinen Gemeinde in der Diaspora erscheinen. Die belgische Ideengeschichtlerin Annelien de Dijn tritt dieser Betrachtungsweise nun in eindrucksvoller Art nachdrücklich entgegen. Denn sie zeigt in ihrer Löwener historischen Dissertation, dass in Frankreich von Montesquieu ein bis ins Zweite Empire (1852-1870) hinein höchst wirkmächtiger Strang politischen Denkens ausging, den sie als "aristocratic liberalism" bezeichnet. Zwar war schon in der Folge der Forschungen Larry Siedentops immer deutlicher geworden, dass das liberale Denken in Frankreich im 19. Jhd. nicht nur nicht marginal, sondern auch keineswegs eindimensional war. Das Spektrum reicht vom laissez-faire-Liberalismus bis zu prodemokratischen Formen liberaler Reflexionen, wobei sich letztere in guter Nachbarschaft zum klassischen Republikanismus konstituieren, denn sie privilegieren gegenüber dem negativen Freiheitskonzept die Selbstregierung der Bürger. De Dijn passt in diese Amplitude nun die Kategorie des aristokratischen Liberalismus ein, der sich zunächst allein durch die Abhängigkeit von Montesquieus "Esprit des lois" definiert. Genauer identifiziert sich dieses Konglomerat von im Einzelnen unterschiedlich gewichteten und ausgebauten Argumenten negativ durch seine Opposition zum extremen Republikanismus der Französischen Revolution -der moralisch überhöhten "démocratie pure" der Jakobiner und ihrer radikalen Wendung gegen die Prinzipien der Gewaltenteilung und Repräsentation zugunsten von "égalité" und Souveränität des Volkes. In positiver Hinsicht wird "aristocratic liberalism" durch seine Konzentration auf institutionelle Mechanismen zum Schutz der Freiheit erkennbar, dabei ausgehend von Montesquieus Begriff der intermediären Körperschaften. De Dijn verfolgt nach einer aufschlussreichen Einleitung zunächst die Formierung ihres Leitkonzepts bei Montesquieu vor dem Hintergrund des politischen Denkens in Frankreich im 18. Jhd. Über die Munitionierung der Kritiker der Revolution (u. a. Jacques Necker) durch Montesquieusches Gedankengut hinausgehend rekonstruiert die Autorin die Rezeption des aristokratischen Liberalismus durch die Royalisten während der Restauration (1814Restauration ( -1830. Dabei erweisen sich diese nach 1814 als an Montesquieu geläu-

Rezension zu: Ralph W. Klein. 1 and 2 Chronicles. Minneapolis 2006 and 2012

Biblische Bücherschau, 2013

Mit den beiden Bänden zur Chronik hat Ralph W. Klein einen Kommentar vorgelegt, der sich nach dem Untertitel der »Hermeneia«-Reihe als »kritisch und historisch« versteht. Er richtet sich in erster Linie an wissenschaftlich Interessierte, bietet aber auch Orientierung, wenn Standpunkte gefragt sind. Klein ist emeritierter Professor für Altes Testament an der Lutheran School of Theology in Chicago (ehemals Christ Seminary-Seminex).

IFB Rezension Höffe Geschichte des politischen Denkens

Der bekannte Tübinger Philosoph Otfried Höffe, der u.a. Publikationen zu Aristoteles, Hobbes, Kant oder Rawls 1 sowie zuletzt auch einen Kritik der Freiheit 2 und einen Sammelband über frühneuzeitliche Utopien 3 vorgelegt hat, gehört zu denjenigen, die immer auch dem politischen Denken beson-dere Aufmerksamkeit gewidmet haben. In dem vorliegenden Band nun, der eine kompakte Geschichte des politischen Denkens bieten will, findet man Ausführungen, die einerseits das Resultat einer langjährigen Beschäftigung mit der politischen Philosophie ist, andererseits auch einem Popularisie-rungsimpuls folgt. Denn sie basiert in ihren Grundzügen auf einer Vorle-sungsreihe von 2015/16, die noch um weitere kleinere Porträts ergänzt wurde. So wird schon signalisiert, daß hier Gewichtungen vorgenommen werden, die man als Leser teilen kann oder nicht, die aber sicher gut be-gründet sind. Die zwölf wichtigsten kanonischen Autoren (Frauen kommen nicht vor, auch nicht die vielfach als politische Denkerin behandelte Hannah Arendt), die Höffe im Inhaltsverzeichnis 4 durch Fettdruck hervorhebt, sind

[Book Review] M. Keevak: Becoming Yellow. A Short History of Racial Thinking

Umfang/Preis: 219 S., $ 29,95 Rezensent: Björn Schmidt, a.r.t.e.s. Forschungsschule, Universität zu Köln In dem Brettspiel "Abenteuer Menschheit", einer Auskopplung der beliebten "Siedler von Catan"-Reihe aus dem Jahr 2003, werden zu Beginn des Spiels farbige Völkerchips auf einer Weltkarte verteilt. Den vier Völkergruppen der Indogermanen, Austronesiern, Indianern und Asiaten entsprechen die Farben Weiß, Braun, Rosa und Gelb.[1] Es sind nicht zuletzt derartige Erfahrungen des Alltags,

Rezension Malcolm Schofield, Cicero: Political Philosophy (OUP 2021)

GNOMON, 2023

«The fame of Cicero flourishes at present», könnte man versucht sein, mit David Hume zu konstatieren. In den letzten Jahrzehnten hat sich ein starkes und zunehmendes Interesse an Ciceros philosophischen Werken, seinen politischen Ideen und an römischem politischen Denken im Allgemeinen wahrnehmen lassen. Das Buch von Malcolm Schofield, erschienen in der Buchreihe ‘Founders of Modern Political and Social Thought’ und Ausdruck der langjährigen Auseinandersetzung des Autors mit seinem Gegenstand, fügt sich nahtlos in diese Tendenz ein. S., eine ausgewiesene Autorität in antiker Philosophie, will mit dem aus seinen 2012 an der Universität Oxford vorgetragenen ‘Carlyle Lectures’ hervorgegangenen Werk ein weites Publikum ansprechen, das nicht auf Cicero-Spezialisten beschränkt ist, sondern auch Historiker des politischen Denkens und der Philosophie umfasst.