cfp Workshop "Idiorrhythmie als narratives Konzept in Literatur und Kultur" (original) (raw)

Irrtum und Literatur – Eine Einleitung

2020

Literarische Texte handeln häufig von Irrtümern. Irren ist Teil der anthropologischen Grundbestimmung des Menschen, und das Nachdenken über Irrtümer gilt als menschliches Spezifikum. 1 In der Philosophie ist der Irrtum seit jeher entscheidendes Movens für Wege zu Wahrheit und Erkenntnis gewesen. Der deutsche Philosoph Jürgen Mittelstraß benennt drei hauptsächliche Auffassungen des Irrtums in der abendländischen Philosophiegeschichte: Irrtum als Teil der Natur des Menschen, als Defekt oder Versagen und als Moment der Wahrheit. 2 Wenn dabei häufig betont worden ist, dass der Weg der Wahrheitssuche nicht über Irrtumsvermeidung, sondern über die Arbeit am und mit dem Irrtum erfolgen muss, 3 so werden Irrtum und Wissen zwar als komplementäre, 4 nicht aber als exklusive Begriffe gehandhabt: Irrtum sei dann, so Mittelstraß, »nicht als Gegensatz der Wahrheit, sondern als die andere Seite der Wahrheit« zu verstehen. 5 Wenn Irren menschlich ist und wir etwa bei Arno Schmidt lesen, dass »[w]ir leben um Alles verkehrt zu machen«, 6 dann müssen wir uns prädestiniert für den Irrtum und entsprechend determiniert fühlen. So wirft das Unvermeidliche des Irrtums zum einen Fragen nach damit verbundenen Bedingungen menschlichen Handelns auf, nach Handlungsfreiheit, Souveränität und Selbstbestimmung. Zum anderen gilt Unvermeidlichkeit auch als wesentliches Unterscheidungskriterium im Rahmen deutscher philologischer und philosophischer Begriffsbestimmungen, wenn es näm

Literaturwissenschaft heute? Ein neuer Sammelband fragt nach Perspektiven einer Disziplin und vergisst dabei zeitweise seinen Gegenstand

Es ist kaum zu übersehen, dass die Literaturwissenschaften sich seit einigen Jahren in einer Phase der Selbstverortung befinden. In Zeiten der Globalisierung, des medialen Wandels, der zunehmenden Bedeutung digitaler Inhalte und Medien verändern sich der Blick auf und der Umgang mit Literatur. Diesen Veränderungen auch konzeptuell Rechnung zu tragen versuchen sowohl die Nationalphilologien wie auch die Komparatistik mit aktuellen Standortbestimmungen. Die Siegener "Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik" fragte im vergangenen Jahr, ob die Germanistik eine "germanistische Wende" brauche,[1] ein Paderborner Kongress war 2010 den Fragen nach der Stellung von Literatur in der Gegenwart nachgegangen[2] und in Mainz fand im Mai 2013 ein Workshop zur "Komparatistik im 21. Jahrhundert" statt, der Vorschläge zu einer zukünftigen Konturierung der Vergleichenden Literaturwissenschaft zusammentragen wollte. Dergleichen Beispiele ließen sich in großer Zahl anführen und so unterschiedlich die Ergebnisse auch sein mögen, sie alle zeigen doch, dass die Literaturwissenschaft sich selbst und ihren Gegenstand hinsichtlich Relevanz und Perspektiven hinterfragen muss, hinterfragen will. Im Dezember 2011 fand an der Universität Graz unter der Leitung von Susanne Knaller und Doris Pichler der bis dato vielleicht wichtigste und facettenreichste Versuch einer wissenschaftlichen Standortbestimmung der Disziplin statt, der ausschließlich renommierte LiteraturwissenschaftlerInnen verschiedenster Provenienzen zu Wort kommen ließ. 2013 sind bei V&R Unipress nun die Ergebnisse der Tagung unter dem programmatischen Titel "Literaturwissenschaft heute. Gegenstand, Positionen, Relevanz" erschienen. Der Band bietet, untergliedert in die schon im Untertitel angesprochenen Kategorien Gegenstand, Positionen und Relevanz, insgesamt 13, teilweise recht umfangreiche Beiträge zur Frage nach der "Literaturwissenschaft heute" und will damit "eine grundsätzliche Diskussion zu möglichen Bestimmungen eines Faches" anstoßen, "dessen Selbstverständnis im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts zwischen traditionell-philologischen Ansätzen und einer großen Bandbreite unterschiedlichster Zugriffe changiert".

»Ambivalente Gischt. Fluide Schäume in Alltag und Kunst«, in: Scholz, Martin / Weltzien, Friedrich (Hg.): Die Sprachen des Materials. Narrative – Strategien – Theorien, Berlin: Reimer, 2016, S. 119-140.

Der Text handelt von einem Material, das luftig und leicht daherkommt und das sich gerade deshalb schwer fassen lässt – in praktischer wie theoretischer Hinsicht. Die Rede ist von fluiden Schäumen. Ein trivialeres und belangloseres Material scheint kaum zu existieren, denn flüssiger Schaum begegnet uns im Alltag laufend: beim Rasieren und Duschen, im Bier oder Cappuccino, bei der Zahnpflege, der Haarwäsche, beim Linsen kochen und Spülen des Geschirrs, bei der Autoreinigung und beim Wohnungsputz, beim Bereiten von Eischnee und so fort. Der Luftikus unter den Materialien wird wegen seiner vergänglichen Banalität und Nebensächlichkeit schnell übersehen. Doch obwohl es seine fragile und fast schwerelose Beschaffenheit nahelegen mag, ist liquider Schaum weder ein theoretisches Leichtgewicht noch ein Thema ohne Substanz. Vielmehr ist er im doppelten Wortsinne subtil: ein zartgliedriges, feines Gewebe aus unzähligen Bläschen, das auf den geringsten Windhauch mit einem Zittern reagiert, und eine knifflige Angelegenheit für das Denken des Materiellen. Fluide Schäume sind »Stoffe in Bewegung«, sie sind ›im Fluss‹ und kennen lediglich metastabile Zustände. Um ihrem prozessualen Charakter gerecht zu werden, bezeichne ich Schaumbildungen im Folgenden als aphrogene Produktionen. Der Begriff der Aphrogenese leitet sich vom griechischen Wort ›aphrós‹, zu Deutsch: Schaum, ab und verweist auf die dynamische Hervorbringung und die kontinuierlichen Transformationsvorgänge, die zum Lebenszyklus dieses ephemeren Materials gehören. Aphrogene Produktionen sind somit gewissermaßen ›Schaumgeburten‹, die wachsen und vergehen; sie sind Materialisierungen im Prozess.

Renate Homann, Theorie der Lyrik. Heautonome Autopoiesis als Paradigma der Moderne

Arbitrium, 2000

Renate Homann, Theorie der Lyrik. Heautonome Autopoiesis als Paradigma der Mo derne. Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1999 Rezensent: Ulrich Schödlbauer Dies ist der einigermaßen seltene Fall eines literaturwissenschaftlichen Buches, in dem die Lektüre des Klappentextes jede weitere Lektüre nicht nur prinzipiell, sondern in extenso überflüssig macht, weil fast alles, was dort auf 751 Seiten an gelehrter Refle xion ausgebreitet wird, nur einen Informationswert für Insider besitzt: So kann man's machen. Sie sei daher vollständig zitiert: »In dieser Arbeit wird eine Theorie der mo dernen Lyrik expliziert und begründet, inwiefern diese zur Selbstverständigung der

Wahrnehmung, Wiederholung, Vertikalität - Zur Theorie und Praxis der Kognitiven Literaturwissenschaft. [Diss. Aisthesis Verlag 2013] Leseprobe

Rez. v. Rüdiger Zymner in ARBITRIUM 32/3, Dez 2014, S. 384-386. Rez. v. Roman Mikulas in WORLD LITERATURE STUDIES Nr. 3 (23) 2014, S. 154-156. Rez. v. Willie van Peer in MONATSHEFTE 4/2014, S. 685-687. Rez. v. Teresa Hiergeist in DIEGESIS 4, H 1 (2015), S. 120-127. Rez. v. Jochen Strobel in GERMANISTIK Bd. 55 (2014), Heft 3-4, S. 539.

Atelier MPH - poetisches Denken

2004

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