"Feuer - Opfer - Schädelkult". Zur Interpretation eines ungewöhnlichen Baubefunds der Heuneburg-Außensiedlung (original) (raw)
2013, Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie. Tagungsbeiträge der 5. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie. Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 37
Siedlungsbestattungen und Skelettdeponierungen im Bereich von Behausungen sind für die ur-und frühgeschichtliche Zeit ein durchaus gängiges Phänomen. Dennoch stellt der hier zu besprechende, späthallstattzeitliche Befund eine Besonderheit dar. Bereits im Jahr 2000 konnte innerhalb der Außensiedlung der Heuneburg bei Hundersingen (Kr. Sigmaringen) ein mehrphasiger Schwellriegelbau untersucht werden, der nachfolgend im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1171 der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Frühe Zentralisierungs-und Urbanisierungsprozesse" ausgewertet wurde. Das Gebäude besaß, soweit erkennbar, eine Länge von mindestens 7,6 m und war ca. 4 m breit. Den Innenraum bedeckte ein Lehmfußboden, der mit einer ebenerdigen, mehrphasigen Herdstelle ausgestattet war. Die Kalkstein-und Geröllfundamentierung der untersten Lehmplatte dieses Ofens überlagerte eine kleine Grube. Innerhalb dieser Vertiefung fanden sich die Reste einer menschlichen Schädelkalotte, die gemäß einer anthropologischen Bestimmung einem 30 bis 40 Jahre alten Mann zugewiesen werden kann. Die Deponierung von Objekten oder menschlichen Überresten im Bereich von Ofenstellen ist für die Prähistorie nicht ungewöhnlich. Vor allem während der römischen Kaiserzeit kommen intentionelle Niederlegungen im Bereich des Herds nahezu regelhaft vor. Für die frühe Eisenzeit in Mitteleuropa bildet der Befund jedoch eine Besonderheit. Daher soll erörtert werden, welche Möglichkeiten der Interpretation sich im Rahmen einer ausführlichen Befundanalyse ergeben. Unter der Einbeziehung von Schriftquellen und einem diachronen Vergleich archäologischer Befunde aus unterschiedlichen geographischen Regionen werden Deutungsversuche wie der eines "Bauopfers" bzw. eines "Schädel-oder Ahnenkults" kritisch betrachtet und besprochen. R. Karl, J. Leskovar [Hrsg.] (2013), Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie. Tagungsbeiträge der 5. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie. Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich, Folge 37, Linz, 271-282.