,Die Zeit selbst scheint sich wider sie verschworen zu haben'. Die naturgeschichtlichen Eigenzeiten des Bibers von Linné über Buffon bis Goethe (original) (raw)
Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie der Förderungsgesellschaft Wissenschaftliche Neuvorhaben mbH (München) Jägerstr. 10/11 D-10117 Berlin, 1995
(Title: "The universal of nature has no history" -- Hegel's arguments against a temporal development of nature) What was Hegel rejecting in Lamarck’s evolutionary theory and why? Was he in some sense right? Hegel fully assumed the fact of temporal change both in geological and biological nature. But he rejects this as an explanation (Erklärung) of nature. Literature has generally focused on Hegel’s view that explaining nature’s present in terms of its conceptual structure is the requirement for understanding its past. I will show that behind this is the more fundamental idea that nature does not have temporal development, where develop (entwickeln, also evolve) means a self-referential conceptual change, and when this is temporal it occurs in the human sphere with world history, history of philosophy, etc. Positive science is indeed a moment or component in the Entwicklung of mind (Geist), as is nature, but they have no history of their own. While this view does not challenge biological evolutionary theory as such (Lamarck’s, Darwin’s, or that of today), it would question the extent to which evolutionary theory, or any theory of positive science, provides a full explanation.
Zeitschrift und Zeitgeschichte. Die Zeiten (1805–1820) als chronopoetisches Archiv ihrer Gegenwart
Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, 2020
This article discusses periodicals as media formats that are dependent on and correlated with time. This article treats periodical publication as a form of chronopoetics, exploring modes of writing the present at work in journals as well as their varied relationships to history writing. Focusing on Die Zeiten, a historical-political monthly magazine of the Napoleonic Era, this article describes chronopoetic writing as the imbrication of history, as the experience of time in and through medial formats, and describes the more specific rhetorical, material, and medial temporalities of periodicals.
In: Sabine Reinhold und Kerstin P. Hofmann (Hrsg.), Zeichen der Zeit. Archäologische Perspektiven auf Zeiterfahrung, Zeitpraktiken und Zeitkonzepte (Themenheft). Forum Kritische Archäologie 3 (2014) 60–89., 2014
The chronological assessment of archaeological material as well as its cultural and historical interpretation incurs a close symbiosis. Their tie is the European development thinking, whose widespread scientific and social acceptance made archaeological research in its contemporaneous shape possible. Trailblazers of this form of time comprehension were geological, paleontological and ethnographic field observations. Especially the so-called ethnographic present was generalised in terms of stages of human pre- and proto-history and created pictures of phases of long-term cultural stasis: The past was perceived as static and unprogressively. It was opposed antithetically to an accelerating modernity. This opposition was an out-put the fusion of “our” proper time with the scientific situation of watching. Our commonly agreed time conventions have an effect on the scientific handling of cultural and scientific age determination and chronological systems. They cause in respect of content indeterminacy in archaeological interpretation. A comparable indetermination can be stated while dealing with archaeological source material itself. On the one hand archaeological research has to deal with chronological blur or lack of definition. One the other hand the archaeological source material incorporates different time dimensions. These have to be detected in the realm of archaeological research as object characterizing attribute or quality. Further influencing factors contribute to the indeterminacy of scientific conclusion. This contribution questions the effects of these mentioned influencing factors on archaeological practice and its relation to “time” and “time observations”.
Die Erlebnisgeschichte der 'Zeit' in literarischen Texten
1999
Zeitlimit' etc. sind allesamt Begriffe, die noch vor hundert Jahren größtenteils auf absolutes Unverständnis gestoßen wären. Sämtliche Prozesse des modernen Lebens haben 'Eigenzeiten', die sich in weitere 'Unter-Eigenzeiten' aufgliedern: Das Studienjahr teilt sich in Semester und 'vorlesungsfreie Zeiten', ein Universitätsseminar hat seine Eigenzeit (montags von acht bis zehn Uhr, von Mitte Oktober bis Mitte Februar, zuzüglich 'Vor-und Nachbereitungszeit'); diese Zeiten fallen in die 'Studienzeit', die in der Regel von der 'Regelstudienzeit' abweicht. Nebenbei laufen verschiedenste andere Zeiten ab: Pubertät, Midlife-Crisis und die Wechseljahre sind schwierige Zeiten im Leben, in der Vorweihnachtszeit kauft man Geschenke für die Familie, die man in gewissen Zeitabständen auch sieht, und selbst der 100-Meter-Lauf hat seine Eigenzeit. Gleichfalls ist die Fülle wissenschaftlicher Literatur zum Thema 'Zeit' aus verschiedensten Blickwinkeln endlos, da auch hier Unmengen von Zeitsystemen existieren: physikalische, biologische, psychologische, soziale Zeit etc. Daß diese zahlreichen parallelen Zeitsysteme nicht miteinander im Einklang stehen, stört uns für gewöhnlich nicht und wird uns in der Regel überhaupt nur bewußt, wenn wir unter 'Zeitdruck' stehen: Daß die Zeit einer Prüfung mit anderen Maßstäben gemessen wird, wie die Zeit eines lauschigen Abendessens zu zweit bei Kerzenschein und einer Flasche Wein, ist selbstverständlich. Die Vielzahl konkurrierender Zeitsysteme, in der wir uns heute so selbstverständlich bewegen, ist das Produkt einer langen Entwicklung. Zeiterfahrung ist kultur-und epochenspezifisch verschieden; der Zeitbegriff ist in einem hohen Grade historisch. Je weiter wir in die Vergangenheit zurückgehen, desto weniger dieser konkurrierenden Zeitsysteme lassen sich nachweisen. Schließlich ist die von Uhren und Kalendern angezeigte Zeit reine Konvention, die in vergangenen Jahrhunderten anders ausgesehen hat, als sie es gegenwärtig tut, und die gesellschaftlichen Erfordernisse nach Zeitbestimmung waren in älteren Gesellschaften längst nicht so ausgeprägt und allgegenwärtig wie in den stärker durchorganisierten der neueren Zeit und erst recht in den Industriestaaten der Gegenwart.
2010
zu dir Gedicht, Berlins Mauer ist offen jetzt. Wehleid des Wartens, Langeweile in Hegels Schmalland Vorbei wie das stählerne Schweigen … Heil Stalin. Letzter Monstranzen Glanz, hinter Panzern verschanzt. Langsam kommen die Uhren auf Touren, jede geht anders.« 1 So beginnt Grünbeins Gedicht »12/11/89« aus dem Zyklus »Sieben Telegramme«, welcher eine Serie lyrischer Skizzen aus der Zeit unmittelbar nach der Wende bildet. Dieses »Telegramm« berichtet von einem Umbruch im Zeithorizont: Die Phase des gleichförmigen Ausharrens auf Veränderung ist vorbei. Doch was nun beginnt, ist nicht einfach eine neue Zeitepoche, vielmehr findet ein Paradigmenwechsel statt, indem nun eine Mannigfaltigkeit heterogener Zeitordnungen simultan auftritt: »Langsam kommen die Uhren auf Touren, jede geht anders.« Das Anbrechen neuer Prozesse, das hier so optimistisch begrüßt wird-gerade auch als Chance für die Kunst, für das Gedicht-birgt nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl von unterschiedlich laufenden »Uhren« neue Problematiken. Die flexibleren, verstärkt asynchron ablaufenden Zeit-und Lebensmuster des kapitalistisch-liberalen Gesamtdeutschlands bedingen und verlangen neue Umgangs-, Betrachtungs-und Darstellungsformen, auch was das Gedicht betrifft.
Die Zeit der 'Gegenwart' bei Schiller
In: Schillers Zeitbegriffe. Hg. von Helmut Hühn und Peter Schnyder. Hannover 2018, S. 287-303
Die Zeit der >Gegenwart< bei Schiller Das Wort >Gegenwart< ist bis hinein ins letzte Drittel des 18. Jahrhunderts kein Zeitbegriff. Die Trias >Vergangenheit<, >Gegenwart<, >Zukunft< gibt es in substantivischer Form bis Ende des 18. Jahrhunderts praktisch nicht. Zedler definiert:»Gegenwart; in so ferne sie von Creaturen gesagt wird, bestehet sie in derjenigen Relation, da eine Sache mit der andern so zugleich existiret, daß sie sich mit ihrem Wesen bey derselben entweder nahe oder nicht nahe befindet.«1
Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft, 2016
Es gibt wohl aktuell kaum ein dringlicheres Thema als das der Gastlichkeit. Und es sind nicht nur die aktuellen politischen Entwicklungen, die die Literatur-und Kulturwissenschaften zu einer Auseinandersetzung mit der Figur des Gastes zwingen. Es ist auch die reiche Geschichte der Gastfigur in der Literatur und Philosophie, von Homers Odyssee, die als eine ganze Folge von Gastszenen begriffen werden kann, über Platons Symposion bis zu den modernen Texten von Kleist und Kafka hin zu Derridas Reflexionen über das Gastrecht, die die Literatur-und Kulturwissenschaften dazu prädestinieren, sich mit dem Thema des Gastes auseinanderzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als bemerkenswert, dass sich der Baseler Germanist Ralf Simon in seiner Untersuchung zu Erzähltheorie und Gastsemantik diesem Thema nun gestellt hat. Wie er selbst anmerkt, kann er dabei auf umfangreiche eigene Vorarbeiten insbesondere zur Figur des Gastes bei Goethe, E.T.A. Hoffmann u.a. zurückgreifen. Die Idee, die Gastsemantik in den Kontext der Erzähltheorie zu stellen, leitet Simon aus Hans-Dieter Bahrs Schrift Die Sprache des Gastes aus dem Jahre 1994 ab. Eine besondere Prägung bekommt die Untersuchung durch die Einbeziehung der Zeitphilosophie des englischen Philosophen McTaggart: Es geht Simon darum, "die in der Gastszene gegebene Verdoppelung der Erzählung und der Zeit zeittheoretisch zu bedenken" (S. 70), belehrt uns die erste Anmerkung-und das alles auf knapp 78 Seiten. Simons Schrift gibt sich damit von vornherein als eine extrem verdichtete Untersuchung zu erkennen, die in einer manchmal eher essayistischen Form vieles andeutet, damit zugleich anregt und ein ganzes Forschungsfeld aufrollt, das vom Gehalt her auch die Grundlage von breiteren Untersuchungen sein könnte und vermutlich sein wird. Wie bereits angedeutet, geht Simon, der den Gast grundsätzlich als eine "Figur des Dritten" (S. 9) im Sinne Albrecht Koschorkes anspricht, mit Bahr davon aus, dass die Gastszene so etwas wie eine "Urszene der Erzählung" (S. 10) darstelle. Als Urszene der Erzählung stellt Simon den Gast zugleich als eine Figur des Liminalen dar: Im kursorischen Verweis auf Kafkas Parabel Vor dem Gesetz weist Simon auf die "Szene an der Schwelle" (S. 11) hin, die stets einen zeitlichen Index mit sich führe. In der Gastszene gehe es dementsprechend um