2007: Goppelsröder_Sraffas Geste. Zur späten Philosophie Wittgensteins. Aus: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken 697, S. 405-413. (original) (raw)

"Wittgensteins Metaphilosophie" (Wittgenstein's Metaphilosophy) von Paul Horwich 248p (2013) (Überprüfung überarbeitet 2019)

Willkommen in der Hölle auf Erden: Babys, Klimawandel, Bitcoin, Kartelle, China, Demokratie, Vielfalt, Dysgenie, Gleichheit, Hacker, Menschenrechte, Islam, Liberalismus, Wohlstand, Internet, Chaos, Hunger, Krankheit, Gewalt, Künstliche Intelligenz, Krieg, 2020

Horwich gibt eine feine Analyse von Wittgenstein (W) und ist ein führender W-Stipendiat, aber meinerMeinung nach sind sie alle hinter einer vollen Wertschätzung zurück, wie ich in dieser Rezension und vielen anderen ausführlich erkläre. Wenn man W (und vorzugsweise auch Searle) nicht versteht, dann sehe ich nicht, wie man mehr als ein oberflächliches Verständnis von Philosophie und höherem Denken und damit von allem komplexen Verhalten (Psychologie, Soziologie, Anthropologie, Geschichte, Literatur, Gesellschaft) haben könnte. Kurz gesagt, W hat gezeigt, dass, wenn Sie gezeigt haben, wie ein Satz im Zusammenhang mit Interesse verwendet wird, es nichts mehr zu sagen gibt. Ich beginne mit ein paar bemerkenswerten Zitaten und gebe dann, was ich denke, sind die minimalen Überlegungen notwendig, um Wittgenstein zu verstehen, Philosophie und menschliches Verhalten. Zunächst könnte man feststellen, dass es verdächtig sein sollte, "Meta" vor jedes Wort zu stellen. W bemerkte z.B., dass Metamathematik Mathematik wie jede andere ist. Die Vorstellung, dass wir aus der Philosophie austreten können (d.h. die beschreibende Psychologie des Denkens höherer Ordnung), ist selbst eine tiefe Verwirrung. Eine weitere Irritation hier (und während des akademischen Schreibens in den letzten 4 Jahrzehnten) ist der ständige umgekehrte sprachliche Sexismus von "ihrem" und "ihr" und "sie" oder "er/sie" usw., wo "sie" und "ihre" und "sie" gut machen würden. Ebenso, wird die Verwendung des französischen Wortes "Repertoire", bei dem das englische "Repertoire" recht gut funktioniert. Der größte Mangel ist das (wenn auch sehr häufige) völlige Versäumnis, das zu verwenden, was ich als die enorm leistungsfähige und intuitive Zwei-System-Ansicht von HOT und Searles Framework betrachte, die ich oben skizziert habe. Dies ist besonders ergreifend im Kapitel über die Bedeutung p111 ff. (besonders in den Fußnoten 2-7), wo wir in sehr schlammigem Wasser ohne den Rahmen von automatisierten echten nur S1, propositional DispositionS, COS usw. schwimmen. Man kann auch einen besseren Blick auf das Innere und das Äußere bekommen, indem man z.B. Johnston oder Budd liest (siehe meine Rezensionen). Horwich macht jedoch viele einschneidende Kommentare. Besonders gefiel mir seine Zusammenfassung der Bedeutung von Wes antitheoretischer Haltung auf P65. Er muss "On Certainty" stärker in den Vordergrund stellen, das kürzlich von Daniele Moyal- Sharrock, Coliva und anderen mit viel Aufwand beworfen und in meinen jüngsten Artikeln zusammengefasst wurde. Horwich ist erstklassig und seine Arbeit lohnt sich. Man hofft, dass er (und alle) Searle und einige moderne Psychologie sowie Hutto, Read, Hutchinson, Stern, Moyal-Sharrock, Stroll, Hacker und Baker etc. studieren werden, um eine breite moderne Sicht des Verhaltens zu erreichen. Die meisten ihrer Papiere sind auf academia.edu und philpapers.org, aber für PMS Hacker siehe http://info.sjc.ox.ac.uk/scr/hacker/DownloadPapers.html. Er gibt eine der schönsten Zusammenfassungen, wo uns ein Verständnis von Wittgenstein hinterlässt, das ich je gesehen habe. "Es darf keinen Versuch geben, unsere sprachliche/konzeptionelle Tätigkeit (PI 126) zu erklären, wie in Freges Reduktion der Arithmetik auf logik; kein Versuch, ihr erkenntnistheoretische Grundlagen zu geben (PI 124), wie sie auf der Grundlage von Berichten über ein vormethodikes Wissen beruhen; kein Versuch, idealisierte Formen davon (PI 130) als in gewissem Sinne Logiken zu charakterisieren; kein Reformversuch (PI 124, 132) wie in Mackies Fehlertheorie oder Dummetts Intuitionismus; kein Versuch, sie zu straffen (PI 133) wie in Quines Existenzbericht; kein Versuch, es konsistenter zu machen (PI 132) wie in Tarskis Antwort auf die Lügner-Paradoxien; und kein Versuch, es vollständiger zu machen (PI 133) wie bei der Klärung von Fragen der persönlichen Identität für bizarre hypothetische 'Teleportation'-Szenarien." Abschließend möchte ich vorschlagen, dass W mit der Perspektive, die ich hier gefördert habe, im Zentrum der zeitgenössischen Philosophie und Psychologie steht und nicht obskur, schwierig oder irrelevant ist, sondern schillernd, tiefgründig und kristallklar ist und dass es ist, eines der größten intellektuellen Abenteuer zu verpassen, das möglichist. Wer aus der modernen zweisystems-Sichteinen umfassenden, aktuellen Rahmen für menschliches Verhalten wünscht, kann mein Buch "The Logical Structure of Philosophy, Psychology, Mindand Language in Ludwig Wittgenstein and John Searle' 2nd ed (2019) konsultieren. Diejenigen,die sich für mehr meiner Schriften interessieren, können 'Talking Monkeys--Philosophie, Psychologie, Wissenschaft, Religion und Politik auf einem verdammten Planeten --Artikel und Rezensionen 2006-2019 3rd ed (2019) und Suicidal Utopian Delusions in the 21st Century 4th ed (2019) und andere sehen.

(Hg.): WittgensteinKunst. Annäherungen an eine Philosophie und ihr Unsagbares

2006

»Die Ästhetik lag nicht im Zentrum von Wittgensteins Interessen«, notiert das Wittgenstein-Lexikon lakonisch, »aber die Künste, insbesondere die Musik, hatten einen hervorragenden Platz in seinem Leben.« Es ist diese Spannung zwischen der Ablehnung ästhetischer Theorie und der Bedeutung von Kunst in der alltäglichen Lebenspraxis Wittgensteins, die das Buch aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. In sechs Essays werden Wittgensteins Reflexionen über die Farben ebenso besprochen wie sein Verhältnis zur Musik und seine Arbeit als Architekt; thematisiert wird außerdem die Rezeption seiner Philosophie in der bildenden Kunst und der Literatur wie die filmische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Wittgenstein. Das Gespräch mit Allan Janik schließlich spiegelt den Versuch, diese vielfältigen Bezüge zur Kunst in ihren Auswirkungen auf den ganz eigenen Philosophiebegriff Wittgensteins auszuloten. So wird das, worüber man nach dem Diktum des Traktatus zu schweigen habe, in seiner konstitutiven Funktion als das Unsagbare Wittgenstein’schen Philosophierens gewürdigt.

Gouch Gandin. Bemerkungen zur Intertextualität der Episode von 'Rotte und Harfe' im 'Tristan' Gottfrieds von Straßburg. In: ZfdA 127 (1998), S. 121-148.

ist gerade auf der Jagd, da kommt zu Schiff Gandin nach Tintajel, ein ziemlich exaltierter irischer Ritter und Baron, der die vom Hof mit lachen unde spotten (Gottfried l , v. 13171) quittierte Marotte hat, anstelle von Waffen eine kostbar verzierte Rotte zu tragen und diese niemals abzulegen. Isolde kennt ihn von früher, denn ihr amis / was er gewesen manege wis (v. 13127f.) -mehr ist darüber nicht gesagt. Da Gandin nur für Lohn musizieren will, verspricht ihm Marke: 'welt ir iht, des ich han, daz ist allez getan. lat uns vememen iuwem list, ich gib iu, swaz iu liep ist' (v. 13193-96) Nach dem Vortrag zweier Leichs nimmt Gandin den König beim Wort und fordert unverhohlen, was ihm liep ist -nämlich die Königin. Mehr, als daß dies nicht angehe, weiß Marke auf diese Dreistigkeit des trügenrere (v. 13202) nicht zu entgegnen, und da zwar Gandin bereit ist, sein rehte (v. 13230, 13238) auf das gegebene Wort mit dem Leben zu verteidigen (min lip der ist geveilet / mit kampfe [v. 13236f.]), bei Hofe aber niemand sich findet, der sin leben / an eine wage walte geben, / noch Marke selbe enwolde / niht vehten umbe Isolde (v. 13247-50), kann sich der listige Baron unbehelligt mit der weinenden Königin in sein Zelt am Hafen zurückziehen. Mit der nächsten Flut will er Markes unfreiwillige Gabe nach Irland entführen. Aber die Rechnung ist ohne den zurückgekehrten Tristan gemacht, der sich im Aufzug eines Spielmanns Gandin nun andient, Isolde mit seinem Harfenspiel zu trösten. Das beste Gewand, das im Zelt zu finden sei, will ihm der Entführer dafür zum Lohn geben. Mit dem ersten Lied versiegen Isoldes Tränen und nach dem zweiten ist die Flut so weit aufgelaufen, daß nur noch Tristans Pferd die Königin trockenen Fußes zum Schiff bringen kann. Das ermöglicht ihre Rückentführung, bei der Tristan dem XIIe Siecle, 2 Bde. [Societe des Anciens Textes Fran"ais 46], Paris 1902-05, hier Bd. I, S. 168-175). Bei Eilhart von Oberge fehlt die Episode. Daß Berol -der zweite Gewährsmann der sog. 'version commune' -sie hatte, gilt dem Mehrteil der Forschung aufgrund einer recht apokryphen Allusion der ihm nahestehenden 'Berner Folie' (ed. PAYEN, S. 247-264) als wahrscheinlich: Tristan fragt hier Y seut, ob sie sich erinnere, wer sie aus der Gefangenschaft eines gewissen Gamarien befreit habe (v. 380-383), und erwähnt kurz darauf (v. 390-393) einen Guimarant, dem er beim Versuch, ihr zur Hilfe zu kommen, die Hand abschlug. Sollten diese Namen die gleiche Person meinen (so z.

Jacques Derrida. Gott im-Kommen, in: Für eine schwache Vernunft? Beiträge zu einer Theologie nach der Postmoderne (hg.v. Peter Hardt / Klaus von Stosch, Ostfildern: Grünewald, 2007), 66-83.

Das Werk Jacques Derridas ist von einer bestimmten Form der Zeitlichkeit geprägt: dem futur antérieur. Sie findet sich u.a. auch in Jean-François Lyotards »Definition« von Postmoderne, sowie bei Levinas, Agamben, Badiou, Judith Butler und anderen. Der Beitrag zeichnet nach, welche ethische und politische Bedeutung dieser Zeitlichkeit des "a venir", des im-Kommen-seins im Sinne einer "Zukunft schon jetzt" zukommt, das vom Missverständnis eines "ewigen Aufschubs" befreit werden muss. Anhand von Derridas Verständnis des "im-Kommen" werden für einen theologischen Diskurs schließlich auch biblische Gesten - bis hin zum Gottesverständnis selbst - neu fassbar.

Vom Witz diesseits und jenseits des Lustprinzips: Döblin, Freud und Franz Biberkopf, in: Der jüdische Witz. Zur unabgegoltenen Problematik einer alten Kategorie, hg. v. Burkhard Meyer-Sickendiek und Gunnar Och, München: Fink 2015, S. 83-98.

Der Beitrag liefert eine an Freud angelehnte ökonomische Deutung des (jüdischen) Witzes. Allerdings bezieht er sich dazu nicht allein auf die bekannte Freudsche Studie vom "Witz und seiner Beziehung zum Unbewussten", sondern zudem auf Freuds Studie "Jenseits des Lustprinzips". Mit dieser lasse sich eine alternative Witztheorie entfalten, die im Unterschied zu derjenigen von 1905 den Witz eben nicht als Lusterfüllung im Sinne einer Enthemmung, sondern vielmehr als „Kultivierung einer Angstbereitschaft“ begreift. Die Nagelprobe dieser Witztheorie liefert Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz", der in genauer Kenntnis von "Jenseits des Lustprinzips" seinen Helden nicht nur als Traumatiker entwirft, sondern an ihm auch diesen in Angstsignalen sich manifestierenden Witz profiliert. Berlin Alexanderplatz ist – so die These – Döblins aus Freuds Traumatheorie entwickelte Version des grotesk-komischen Romans.