Technischer Wandel als kultureller "Trendsetter"? (original) (raw)

Gestaltwandel der Technik

Zeitschrift für Technikphilosophie, 2023

Most of the programmes which we can put into the machine will result in its doing something that we cannot make sense of at all, or which we regard as completely random behaviour"(Turing 1950, S. 459) "Es ist paradox, dass in dem Augenblick, in dem wir vom autonomen zu einem digital vernetzten Subjekt mutieren, wir jene Eigenschaften und Fähigkeiten des modernen Subjekts auf die Roboter projizieren und diese als Quasi-Subjekte auffassen." (Capurro 2017, S. 122)

Epigenetik und Technikfolgenabschätzung. Steht die "Science of Change" auch für gesellschaftlichen Wandel?

In den Biowissenschaften erfährt die Epigenetik gerade einen Hype und hebt sich als eigener Forschungszweig von der Molekulargenetik ab. Sie bildet ein Sammelbecken für Wissenschaftler/innen, die sich grob gesagt mit den von der Umwelt beeinflussten, z. T. vererbbaren Veränderungen der Genexpression beschäftigen, denen keine Veränderungen in der Sequenz des Erbgutes zugrunde liegen. Die Erkenntnisse der Epigenetik werden dabei zuweilen als so revolutionär empfunden, dass sie als die „Science of Change“ bezeichnet wurde. Doch was bedeuten diese Erkenntnisse für die Gesellschaft? Werden sie auch hier Umdenken und Werteverschiebungen verursachen? Diesen Fragen nähert sich die ITAS-Arbeitsgruppe „Epigenetik“ mit einer Klausurwoche und weiterführenden Aktivitäten an, um so die Epigenetik als Thema für die Technikfolgenabschätzung zu erschließen.

Integration statt Sahnehäubchen - Die technologische Basis der Kulturtechniken hat sich verändert

2009

Das Scheitern der Integration der IuKT in den Unterricht resultiert aus falschen Erwartungen an den Einsatz digitaler Medien im Unterricht. Nicht der " Mehrwert " taugt als Kriterium. Die Werkzeugmetapher verstellt den Blick auf den allgemeinbildenden Charakter informatischer Bildung. Die Veränderung der technologischen Basis der Kulturtechniken ist der Schlüssel: Digitale Medien sind Instrumente der Weltaneignung, ihrer Erschließung und Erkenntnis. 1 Nicht mit dem Medium, sondern im Digitalen Medium wird gelernt " Lernen Kinder wirklich durch digitale Medien? " – das ist die falsche Frage. Ob digitale Medien in Schulen eingesetzt werdens ollen, hängt nicht davon ab, ob mit ihnen besser 230

TA-PROJEKTE Epigenetik und Technikfolgen-abschätzung Steht die "Science of Change" auch für gesellschaftlichen Wandel?

2003

In den Biowissenschaften erfährt die Epige-netik gerade einen Hype und hebt sich als eigener Forschungszweig von der Molekular-genetik ab. Sie bildet ein Sammelbecken für Wissenschaftler/innen, die sich grob gesagt mit den von der Umwelt beeinflussten, z. T. vererbbaren Veränderungen der Genexpres-sion beschäftigen, denen keine Veränderun-gen in der Sequenz des Erbgutes zugrunde liegen. Die Erkenntnisse der Epigenetik wer-den dabei zuweilen als so revolutionär emp-funden, dass sie als die "Science of Change" bezeichnet wurde. Doch was bedeuten diese Erkenntnisse für die Gesellschaft? Werden sie auch hier Umdenken und Werteverschiebun-gen verursachen? Diesen Fragen nähert sich die ITAS-Arbeitsgruppe "Epigenetik" mit einer Klausurwoche und weiterführenden Aktivitä-ten an, um so die Epigenetik als Thema für die Technikfolgenabschätzung zu erschließen.

Eine kulturhistorische Betrachtung des technischen Fortschritts

1987

1. Einleitung " Zweifellos gibt es auf der Erde, ja sogar in allen Liindern noch Platz für einen erheblichen Bev61kerungszuwachs ... und ein Wachstum der Wirtschaft. Ich muß jedoch gestehen, daß ich keinen Grund sehe, dies zu wünschen, selbst wenn es unschlidlieh wlJre. Es ist . .. nicht sehr befriedigend, wenn man sich die Welt genauer vorstellt, in der nichts mehr der Spontaneität der Natur überlassen ist: ... und kaum Platz übrig ist, wo ein Busch oder eine Blume wild wachsen k6nnte, ohne im Namen des landwirtschaftlichen Fortschritts als Unkraut ausgerissen zu werden. Wenn die Erde den großen Teil ihrer Anmut verlieren muß, den sie solchen Dingen verdankt, die bei unbegrenztem Wirtschafts-und Bev6lkerungswachstum von ihr verschwinden würde und dies nur zu dem Zwecke, eine gr6ßere, nicht aber auch eine bessere und glücklichere Bev61kerung auf ihr zu erhalten, dann kann ich nur der Nachwelt willen hoffen, daß sie mit einem stationären Zustand zufrieden sein wird, ehe er ihr von den Notwendigkeiten aufgezwungen wird. "

Mechanismen ‚revolutionärer‘ kultureller Transformation nach Kuhn und Rorty

Richard Rorty hat in einem Maße wie nur wenige andere Philosophen die Frage nach der Struktur und den Strategien, der Möglichkeit und der Reichweite von historischem kulturellem und sozialem Wandel gestellt. In seiner von ihm selbst explizit und häufig als ‚historistisch' bezeichneten Theorie erscheinen Geschichtlichkeit und Wandlungsfähigkeit als die charakteristischsten Eigenschaften der menschlichen Natur und seine Reformulierung der berühmten elften Feurbachthese von Karl Marx kann als Credo seiner philosophischen Bemühungen verstanden werden: "Philosophers have long wanted to understand concepts, but the point is to change them [...]." 1 Ich werde im Folgenden versuchen, die rortysche Philosophie gesellschaftlichen Wandels genauer darzustellen und zu diskutieren. Dabei stellt sich die Frage nach den spezifischen Mechanismen und Strategien der kulturellen Transformation, nach ihren epistemologischen und anthropologischen Hintergrundannahmen sowie nach dem Wert, der kultureller Wandlung zugeschrieben werden kann. Zum Abschluss des Vortrags sollen mögliche soziale und intersubjektive Grenzen kultureller Transformation diskutiert werden, denen Rorty in seinem Ansatz meiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt hat. Als Ausgangs-und Bezugspunkt soll bei dieser Auseinandersetzung das Konzept der ‚revolutionären Wissenschaft' dienen, wie Thomas Kuhn es in Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen entwickelt hat und an das Rorty in seinem Buch Der Spiegel der Natur mit dem Konzept des ‚revolutionären Diskurses' anknüpft. Der Einfluss von Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen auf Rorty (und vor allem auf Der Spiegel der Natur) kann meiner Meinung nach kaum überschätzt werden und Kuhn nimmt unter den vielen Helden, die Rorty als Gewährsmänner heranzieht, eine bedeutende Stellung ein. Dies lässt sich unter anderem an der Tatsache ablesen, dass die beiden genannten Bücher bezüglich ihrer Stoßrichtung und ihrer Rhetorik eine frappierende Ähnlichkeit aufweisen. Beide beschreiben ihr Projekt in Anlehnung an Wittgenstein als ein therapeutisches Unternehmen, das die jeweiligen Adressaten von einem Bild befreien möchte, das sie jeweils gefangen hält: 1 Richard Rorty: "Universality and Truth", in: Robert Brandom (Hg.): Rorty and his Critics. Malden: Blackwell 2000, 1-30, hier 25. Stefan Deines Mechanismen ‚revolutionärer' kultureller Transformation nach Kuhn und Rorty 2 Das fesselnde Bild, das Kuhn kritisiert, ist dasjenige, welches die zeitgenössische Wissenschaftstheorie von ihrem Gegenstand zeichnet: sie beschreibt die Entwicklung der Naturwissenschaften als einen Prozess des kontinuierlichen Fortschritts, in dem durch stetige Kumulation von Wissen und Elimination von Irrtümern eine immer größere Annäherung an die Realität, an den wirklichen Zustand der Gegenstände der Welt, stattfindet. Dieses Bild lässt sich als ein Ausschnitt aus dem größeren Gemälde begreifen, von dem Rorty seine Leser befreien möchte: das von der neuzeitlichen Philosophie entworfene Bild vom menschlichen Bewusstsein als einem Spiegel, der die Welt in mehr oder weniger akkurater Weise zu repräsentieren in der Lage ist. Ihre Kritik geht bei beiden konsequenterweise mit der Ablehnung einer Korrespondenztheorie der Wahrheit einher und führt zu einer pragmatistischen Perspektive, die die verschiedenen kulturellen und wissenschaftlichen Theorien, Praktiken und Sprachspiele nicht als Repräsentationen einer außersprachlichen Realität begreift, sondern als Werkzeuge und Instrumente, deren Qualität sich nicht daran bemisst, wie akkurat sie die Realität darstellen, sondern daran, wie gut sie mit bestimmten Problemlagen zurechtkommen und wie nützlich sie dabei sind, bestimmte Zwecke und Ziele zu erreichen.

Zeitschichten des Technischen: Zum Momentum, Alter(n) und Verschwinden von Technik

In: Heßler/Weber (Hg.): Provokationen der Technikgeschichte. Paderborn 2019

Der Beitrag fordert, das Denken zu Temporalität und Technik auszuweiten, in künftigen Arbeiten näher zu theoretisieren und die Frage nach dem Neuen in die Frage nach dem Alten umzukehren. Die Metapher Kosellecks entlehnend, führt er hierzu das Bild von technisch bestimmten „Zeitschichten“ ein, das mehrere Perspektiven eröffnet: nämlich auf die Divergenz von Technisierungsmustern und -pfaden, auf die Polychronie von Technik, dass also zu einer jeweiligen Zeit Techniken aus verschiedensten Zeiten eingesetzt werden, des Weiteren auf Zeiten, die Technik eigen sind oder ihr über Konzepte wie z.B. die „Lebensdauer“ zugeschrieben werden, sowie auf Zukunftsbezüge von Technik. Das Zeitschichten-Bild dient dazu, auf „Sedimentationen“ von „alter“ Technik zu fokussieren und nach dem Verbleib von Technik zu fragen. Diese Umkehrung der Perspektive vom Neuen zum Alten kann an Studien zu technology-in-use, wie David Edgerton sie bezeichnet, anknüpfen sowie an neuere Forschungen zu Reparatur, Wartung, Blackout oder Stillstand, die im Bereich von Technikgeschichte und STS entstanden sind. Darauf basierend forderte Steve Jacksons ein „broken world thinking“: Der Zerfall von Technik solle anstelle des Neuen und seines Wachstums untersucht werden. Die vorgeschlagene Perspektive radikalisiert solche Ansätze insofern, als dass sie nicht mehr nur nach langzeitiger Nutzung, nach Wartung und Verschleiß fragt, sondern nach dem weiteren „Danach“: wie Technik „altert“, wie sie verschwindet, entsorgt oder dem Verfall preisgegeben wird und welches „Nachleben“ sie möglicherweise hat. Dies sind Perspektiven, die einerseits auch an die gegenwärtige Transformationsforschung und deren Suche nach Exnovation und Technikwenden anschlussfähig sind. Andererseits fordern sie diese ebenso wie die grand challenges-Debatten heraus, denn etablierte Technik entwickelt „Momentum“: Oft hat alte Technik hartnäckig Bestand, sie fließt in Neuerungen teils mit ein und hinterlässt durchaus auch unvorhersehbare Folgen, etwa wenn Altlasten, der stillgelegte Bergbau oder Atommüll nach technischer Nachsorge verlangen. In der Innovationsfixiertheit der heutigen Gesellschaft und ihrem Sehnen nach Neuerung geraten solche Zeitdimensionen der technischen Welt leicht aus unserer Wahrnehmung und finden nur in Bereichen wie Techniknostalgie und der Musealisierung alter Technik ihren Platz. Folgten wir jedoch dem Denkmodell der „Zeitschichten des Technischen“ und würden jene Temporalitäten näher untersuchen, die im Zusammenhang mit Technik entstanden sind, so ergäbe sich für die Zeit seit dem 20. Jahrhundert, dass diese längst nicht nur von Beschleunigung geprägt ist: Das Technische ist mit einem neuartigen, extremen Spektrum an Zeiten verflochten, an dessen einem Pol langzeitige, über Generationen hinweg reichende Nachwirkungen stehen und an dem anderen Pol technische „Lebensdauern“, die auf wenige Jahre oder gar nur auf eine Einmal-Nutzung hin konzipiert sind.