Editorial 1/2016 Printmedien in Österreich (original) (raw)

In den letzten 30 Jahren ist infolge der Durchsetzung des Neoliberalismus auch der qualitätsvolle Journalismus in den Printmedien in starke Bedrängnis geraten. Auch wenn inzwischen in Buchform Nachrufe auf die Zeitung publiziert werden, erleben die Printmedien in der österreichischen Gesellschaft nach wie vor eine starke Nutzung. Dies ist Anlass genug den österreichischen Printmedien eine eigene Schwerpunktausgabe der MEDIENIMPULSE zu widmen. Denn die Medienkompetenz-Vermittlung im Bildungssystem steht vor der neuen Herausforderung, angesichts des Bedeutungszuwachses von neuen Medien und Kommunikationsformen (IKT, Onlinemedien, Social Media) die Bedeutung klassischer Medien (Printmedien, Hörfunk, TV) neu zu gewichten. Darauf will diese Ausgabe der MEDIENIMPULSE Antworten anbieten. Deshalb schlugen wir im Rahmen des Calls für diese Ausgabe folgende Problemstellungen und Fragen vor: Welcher Wandel der Produktionsbedingungen ist angesichts der verschärften Ökonomisierung des Journalismus in den Print-Redaktionen zu vermerken? Welche Rolle spielen die Printmedien (noch) angesichts der postulierten "digitalen Revolution" in Gesellschaft und Schule? War die sogenannte Printkrise (nur) ein Effekt der neoliberalen Deregulierungen des ökonomischen Imperialismus? Wie verhält es sich mit der heutigen Ressourcen-und Kapitalkonzentration im Bereich der österreichischen Printmedien? Lässt sich angesichts von Print-und Onlinemedien ein Strukturwandel der Öffentlichkeit 2.0 ablesen? Ganz im Sinne dieser Fragen geht Alexander Kaimberger in seinem luziden Artikel dem Begriff der Schleichwerbung nach, indem er einleitend nach dem Mediengesetz zwischen "ungekennzeichneter Werbung" und "unzureichend gekennzeichneter Werbung" unterscheidet. Dabei sucht er eine Antwort auf die Frage, was Medienunternehmen dazu verleitet, ihre gesellschaftliche Verantwortung zu unterwandern und sich auf das Spiel der Werbung einzulassen. Wird damit Information zum rein marktförmigen Gut? Kaimberger konstatiert deshalb eine bedenkliche Ökonomisierung der Printmedien, welche die sozioökonomischen, demokratiepolitischen und kulturellen Funktionen der Medien überdeckst und in den Hintergrund drängt. Insofern liegt mit diesem Artikel eine nachdrückliche Aufforderung zur Medienkritik im Sinne der Gesellschaftskritik vor. Dies betrifft die Felder der Werbung, der Public Relations und des Journalismus gleichermaßen. Insofern geht es um die Konstitution einer Medienethik als Berufsethik. Denn für die führenden Printmedien in Österreich (Kronen Zeitung, Heute und Österreich) sind die Ethikkodizes von Presserat und PR-Ethik-Rat schlicht nicht relevant. Dies untersucht Kaimberger sozialempirisch im Sinne der Aktionsforschung und erläutert eingehend die Ergebnisse seiner Untersuchung. So besteht für die Öffentlichkeit keine Möglichkeit, einen eindeutigen Nachweis über die Entgeltlichkeit von ungekennzeichneter Werbung zu erbringen. Mithin konstatiert der Autor, dass Informationen in den Printmedien in bedenklicher Art und Weise ökonomischen Imperativen unterworfen werden, was auf mehreren Ebenen die unabhängige Information in Frage stellt. Damit steht der Qualitätsjournalismus in einer gefährlichen Lage und ist auch hochgradig gefährdet. Insgesamt betont Kaimberger, dass es im Bereich der Printmedien fünf Problemzonen gibt: zunehmende Ökonomisierung, mangelnde Berufsethik, problemverwaltende Selbstkontrolle, unerfahrene und passive rechtliche Sanktionierung und völlige Intransparenz hinsichtlich der Schleichwerbung in Printmedien. Auch Fritz Hausjell betont in seinem Beitrag, dass Medienethik im Boulevardjournalismus der Printmedien von eminenter Bedeutung ist. Dabei bespricht er eingehend die Magisterarbeit von Melanie Jakab, die Journalisten von "Kronenzeitung", "Österreich" und "Heute" zu diesem Thema befragt hat. Dabei ist es bedeutsam, dass diese drei Printmedien bei der Selbstkontrolle schlicht nicht mitmachen und sich deshalb ganz einfach nicht vor dem Presserat verteidigen. Deshalb ist es bemerkenswert, dass es Jakab gelungen ist, insgesamt sechs