Das Erbe des DDR Natur- und Umweltschutzes und seine Hinterlassenschaften im vereinten Deutschland (original) (raw)

2021, Martin Sabrow, Tilmann Siebeneicher, Peter U. Weiß (Hg.), „1989 – Eine Epochenzäsur?“, (Göttingen: Wallstein Verlag)

Die von Bärbel Bohley und Katja Havemann vorbereitete und initiierte Bürgerbewegung »Aufbruch 89-Neues Forum« forderte am 11. September 1989 in ihrem Gründungsaufruf einen demokratischen Dialog zwischen Staat und Gesellschaft, um gemeinsam Wege aus der krisenhaften Situation in der DDR zu finden. Die Erstunterzeichner plädierten »für die Abkehr von ungehemmtem Wachstum. Wir wollen Spielraum für wirtschaftliche Initiative, aber keine Entartung in eine Ellenbogengesellschaft. Wir wollen das Bewährte erhalten und doch Platz für Erneu erung schaffen, um sparsamer und weniger naturfeindlich zu leben. Wir wollen geordnete Verhältnisse, aber keine Bevormundung. Wir wollen freie, selbstbewußte Menschen, die doch gemeinschaftsbewußt handeln.« 1 In der zitierten Passage des Aufrufs sprechen sich die Unterzeichner unter anderem dafür aus, »sparsamer und weniger naturfeindlich« zu leben. Die Aktivisten klagten hiermit die Wirtschafts-und Umweltpolitik der DDR an, die sich offenbar wenig von derjenigen kapitalistischer Staaten unterschied, weil auch hier ein wirtschaftliches Akkumulationsmodel, Konsumdenken, eine tayloristische Arbeitsorganisation und ein utilitaristisches, weil ausbeuterisches Verständnis von Natur vorherrschten. 2 Sie stellten mithin die Frage, wie ein ›gutes‹ Leben und dadurch das Verhältnis von Mensch und Natur im Sozialismus zu gestalten sei. 3 Ein ›gutes Leben für alle‹ zielte in diesem Zusammenhang auf eine Gesellschaftsform, die die Natur und ihre Ressourcen erhält, auf einer solidarischen, gerechten Gesellschaft auf baut und wirtschaftsethische Standards im Blick behält. Statt Ausbeutung der Natur und Wegwerfmentalität klagte