Bericht zur Tagung "Philosophie und Politik. Untersuchungen zu Martin Heideggers ‚Schwarzen Heften'", 22.-25. April 2015, Universität Siegen (original) (raw)

Heideggers "Schwarze Hefte" im Kontext. Geschichte, Politik, Ideologie, ed. with Günter Figal, Tobias Keiling, Nikola Mirkovic, Tübingen: Mohr Siebeck 2018.

Die Veröffentlichung der sogenannten »Schwarzen Hefte« hat nicht nur innerhalb der Philosophie, sondern auch über die Fachgrenzen hinaus besondere Aufmerksamkeit erfahren. Die als »Anmerkungen« und »Überlegungen« betitelten Textstücke aus Heideggers nachgelassenen Notizbüchern enthalten antisemitische Ressentiments von einer bisher nicht bekannten Schärfe und Reichweite, die für die Bewertung von Heideggers Position von Bedeutung sind. Die bisher veröffentlichten Bände, die den Zeitraum von 1931 bis 1948 umfassen, sind darüber hinaus von Interesse, weil sie insgesamt neue Erkenntnisse über Heideggers Geschichts-, Philosophie-und Selbstbild ermöglichen. Der vorliegende Band versammelt neue Forschungsbeiträge, die im Januar 2016 auf einer internationalen Fachtagung am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) vorgestellt wurden. Die kritische Lektüre der Texte verbindet sich mit umfassenden Fragen zur Interpretation und Bewertung von Heideggers Philosophie. Die Beiträge des Bandes bieten so eine fundierte philosophische Kontextualisierung und Bewertung der von Heidegger nachgelassenen Notizen.

IFB-Rezension Martin Heideggers "Schwarze Hefte" : eine philosophisch-politische Debatte / hrsg. von Marion Heinz und Sidonie Kellerer.

Der vorliegende Band bietet die Dokumentation einer Siegener Tagung von 2015, die auch schon zur Zeit der Durchführung von den Medien stark be-achtet wurde. Das ist keineswegs eine Nebensache, sondern Teil einer In-szenierung, deren Zweck man nicht zuletzt in einer machtvollen Geste der Diskursbeherrschung sehen kann. Insofern kommt dem Band die Bedeu-tung einer wichtigen Stimme in der Heidegger-Diskussion zu, die auch da-durch von anderen Beiträgen abgehoben ist, daß sie im Suhrkamp-Verlag erschienen ist, wo Heidegger-Literatur sonst eher selten auftaucht. Zwar nennt der Band im Untertitel das Anliegen einer philosophisch-politischen Debatte, doch gibt die Herausgeberin Marion Heinz, die in Siegen Philoso-phieprofessorin ist, bereits zu Beginn der Einleitung des Bandes die Stoß-richtung dieser Debatte vor, wenn sie kategorisch behauptet, was überhaupt erst Resultat einer solchen Debatte sein könnte, daß nämlich die Schwar-zen Hefte " die intrinsische Verbindung von Heideggers Philosophie mit Rassismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus " (Hervorhebung des Rezensenten) bewiesen und somit die von Rorty apostrophierte " okkasiona-listische " Deutung des Verhältnisses von Heideggers Denken und National-sozialismus nicht mehr haltbar sei (S. 10). 1 Dabei fällt zunächst auf, daß

IFB-Rezension Heideggers "Schwarze Hefte" im Kontext : Geschichte, Politik, Ideologie / hrsg. von David Espinet, Günter Figal, Tobias Keiling und Nikola Mirkovi . - Tübingen : Mohr Siebeck, 2018

Heideggers Schwarze Hefte 1 sind sozusagen das rote Tuch der Gegen-wartsphilosophie, an dem sie sich abarbeiten muß, selbst wenn sie der Auf-fassung sein sollte, es handele sich dabei um Texte unter seinem eigentli-chen, unter dem für die Philosophie erforderlichen Niveau. Diese Auffas-sung liegt letztlich auch dem hier vorzustellenden Band 2 zugrunde, dem ei-ne Tagung vom Januar 2016 in Freiburg i.Br. zugrunde liegt. Es ist inner-halb kürzester Zeit ein weiterer Band, in dem es nicht zuletzt um das Ver-hältnis Heideggers und seines Denkens zur Politik, zum Nationalsozialismus und zum Antisemitismus geht. 3 Noch ebbt also die Fokussierung auf die 1 Z.B.).-ISBN 978-3-465-04245-7 : EUR 24.80 [#4218].-Rez.: IFB 15-3 http://ifb.bsz-bw.de/bsz433610735rez-1.pdf-Martin Heidegger : die Wahrheit über die "Schwarzen Hefte" / von Friedrich-Wilhelm von Herrmann und Francesco Alfieri.-Berlin : Duncker & Humblot, 2017.-335 S. : Ill., Faks. ; 24 cm.-(Philoso-phische Schriften ; 94).-ISBN 978-3-428-15124-0 : EUR 39.90 [#5377].-Rez.: IFB 17-3 http://informationsmittel-fuer-bibliotheken.de/showfile.php?id=8532-Heideggers Weg in die Moderne : eine Verortung der "Schwarzen Hefte" / hrsg. von Hans-Helmuth Gander und Magnus Striet.-Frankfurt am Main : Klostermann, 2017 [ersch. 2016].-272 S. ; 20 cm.-(Heidegger-Forum ; 13).-ISBN 978-3-465-04269-3 : EUR 24.80 [#5076].-Rez.: IFB 17-3 http://informationsmittel-fuer

IFB-Rezension Vier Hefte I und II : (Schwarze Hefte 1947 - 1950) / Martin Heidegger. [Hrsg. von Peter Trawny]. - Frankfurt am Main : Klostermann, 2019.

Ein mit deutlich unter zweihundert Seiten liegender Band der sogenannten Schwarzen Hefte Martin Heideggers werden hier, wiederum ediert von Pe-ter Trawny, vorgelegt. 1 Sie komplettieren unser Bild des Nachlaßdenkers Heidegger, doch wird man wohl sagen dürfen, daß der vorliegende Band nur mehr oder weniger Eingeweihten etwas sagen dürfte. Es handelt sich um ein höchst intrikates Textgewebe, in dem der typisch Heideggersche Sprachspielcharakter gewissermaßen Urstände feiert. Davon sollen gleich noch einige Kostproben geboten werden, nachdem kurz die editorische Dimension des Bandes umrissen sei. Wie alle Bände dieser Reihe enthält auch dieser Texte, die Heidegger nach den einigermaßen vage berichteten Vorgaben für den Schlußteil der Ge-samtausgabe vorgesehen hatte. Weil es sich, wie allgemein bekannt sein dürfte, dabei um eine Ausgabe letzter Hand handelt, bietet sie keinen kri-tisch edierten Text, sondern nur ein vergleichsweise mageres Nachwort, in dem nur kurz auf die Textkonstitution eingegangen wird. Trawny sagt so etwa, er "habe Heideggers eigentümliche Rechtschreibung sowie seinen Satzbau da und dort, jedoch sehr zurückhaltend, den Regeln angeglichen" (S. 188). Sodann habe er "bestimmte Besonderheiten" des Schreibstils von Heidegger "in seiner ursprünglichen Form belassen", auch seien "die von Heidegger bekannten Bindestrich-worte" nicht vereinheitlicht worden, son-dern sie werden "mit wenigen Ausnahmen so" wiedergegeben, "wie sie in

„Jetzt sei Wir-Zeit“. Heideggers Schwarze Hefte im Lichte der Selbstkritik seines Ns-Engagements

Philosophy and Society, 2021

The article analyzes Heidegger’s relation to National Socialism based on his private writing in the “Black Notebooks,” published in their entirety (nine volumes) this year. Although it is indisputable that Heidegger was an enthusiastic adherent of the National Socialist program between 1930 and 1934, his private writings show his avowed philosophical delusion that the National Socialist ‘revolution’ in Germany was going to bring about a new beginning of philosophy beyond the metaphysical tradition. The article shows how Heidegger criticized National Socialism after 1934, and the circumstances of his resignation from the post of Re- ctor of Freiburg University in that year.

IFB-Rezension von Hermann/Alfieri: Martin Heidegger. Die Wahrheit über die Schwarzen Hefte

Man empfindet heutzutage vielleicht eine gewisse Skepsis bei Büchern, die einem " die Wahrheit " über irgend etwas oder irgend jemanden präsentieren wollen. Gegenüber solch emphatischen Wahrheitsansprüchen, nimmt man sie nicht cum grano salis als Vermarktungstrick, stellt man nämlich beson-ders hohe Ansprüche, auch wenn man nicht unbedingt " nichts als die Wahrheit " erwartet, um einmal den Titel eines Buches von Dieter Bohlen zu zitieren. So findet man denn auch in dem vorliegenden Buch 1 nicht nur " die Wahrheit " über die inzwischen einigermaßen berüchtigten Schwarzen Hef-te, 2 sondern auch eine Menge Polemik. Diese Polemik ist z.T. (siehe den Anhang des Buches) sehr spezifisch auf die italienische Diskussion bezogen und daher, weil dem deutschen Leser viele Namen der Beteiligten kein Begriff sind, etwas schwer einzuschätzen. Zwar sind auch De Cesare, Vattimo und andere beteiligt, die hierzulande natürlich bekannt sind, aber insgesamt hat man den Eindruck, daß der Be-richt vor allem den Zweck hat, zu zeigen, daß man in Italien auf Peter Traw-nys Deutungen bzw. sein Buch nicht besonders eingegangen ist. Friedrich-Wilhelm von Herrmann, der im übrigen grundsätzlich gegen die Publikation der Schwarzen Hefte war und sich bei Verlag und Nachlaßverwaltung ent-1

IFB-Rezension Politische Unschuld? : in Sachen Martin Heidegger / Bernhard H. F. Taureck, Hrsg. - München ; Paderborn : Fink, 2008

, 2008.-208 S. ; 22 cm.-ISBN 978-3-7705-4537-7 : EUR 24.90 [#0049] Die Auseinandersetzung um die Frage, inwieweit das Denken Martin Heideg-gers genuin nationalsozialistisch war, ist Gegenstand der Sammlung höchst unterschiedlicher Aufsätze in dem von Bernhard Taureck herausgegebenen Sammelband, der seine Inspiration offenbar der von Emmanuel Faye veröf-fentlichten jüngsten Darstellung Heideggers verdankt. Der französische Philo-soph Faye, der sich in der Nachfolge Descartes' sieht, betrachtet Heidegger nicht als jemanden, der sich für eine kurze Zeit politisch-moralisch irrte, son-dern als denjenigen, der den Nationalsozialismus in die Philosophie eingeführt habe und sogar in der Organisation seiner Nachlaßpublikationen dafür gesorgt habe, daß seine nationalsozialistische Weltanschauung über die Niederlage von 1945 hinaus bewahrt wird. 1 Mit der Frage nach der Rolle des Nationalso-zialismus im Denken Heideggers-die zugleich die Frage nach dem Verhältnis von Nationalsozialismus und Philosophie aufwirft-steht in mehr oder weniger direktem Zusammenhang die Frage nach der Schuld an dem vom Nationalso-zialismus verursachten Leid. Denn wenn das Denken Heideggers an und für sich nationalsozialistisch wäre, so müßte man wohl folgern, könnte es für eine im eigentlichen Sinne philosophische Beschäftigung mit ihm wenig Rechtferti-gung geben, da jedes Weiterdenken von Heideggers Denkansätzen nur in Va-riationen eines an sich nationalsozialistischen Ansatzes zu gelten haben wür-de. Nun ist aber die Auseinandersetzung um diese Frage nicht gerade allerjüng-sten Datums, da es zahlreiche Publikationen dazu gibt, auf die hier nicht im einzelnen verwiesen werden kann. Es mag genügen, auf die derzeit kontro-vers diskutierte Schrift von Victor Farías hinzuweisen, die mit einer langen Ein-1 Heidegger : die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie ; im Umkreis der unveröffentlichten Seminare zwischen 1933 und 1935 / Emmanuel Faye. Aus dem Französischen von Tim Trzaskalik.-1. Aufl.-Berlin : Matthes & Seitz, 2009.-557 S. ; 23 cm.-(Traversen ; 5).-Einheitssacht.: Heidegger <dt.>.-ISBN 978-3-88221-025-5 : EUR 39.90 [#0383].-Rez. in IFB: