Die verpasste Chance einer Politik des Ausgleichs. in: Neue Zürcher Zeitung, S.19. (original) (raw)
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Der Tod ist kein Zufall: Ungleiche Lebenszeitchancen als Herausforderung für die Sozialpolitik
sozialpolitik ch, 2017
Menschen sind vor dem Tod ungleich, und zwar nicht nur hinsichtlich sozialem Status, sondern auch im Hinblick auf ihre Lebenszeitchancen. Menschen mit geringen Lebenschancen verfügen über weniger Bildung, Einkommen, Vermögen und sterben früher als Menschen mit grösserer Ressourcenausstattung. Dieser Zusammenhang lässt sich sowohl global als auch innerhalb von reichen Ländern wie etwa der Schweiz nachweisen. Der vorliegende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die Ursachen ungleicher Lebenszeitchancen. Danach folgt ein Überblick über ausgewählte empirische Analysen. Abschliessend wird auf sozialpolitische Aspekte fokussiert. So liegt es auf der Hand, dass ein fixes Rentenalter, sei das 65 oder 67 Jahre, vor allem jene Menschen benachteiligt, die über ein hohes Risiko verfügen, unterdurchschnittlich früh zu sterben.
Chancengleichheit in der Schule – eine nicht abgegoltene Forderung
Bildungsungleichheit revisited, 2011
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich als junger Student an der Philipps-Universität in Marburg eine Gruppe von Studenten kennen lernte, die in die Dörfer um Marburg fuhr, um Bildungswerbung zu betreiben. "Student aufs Land" hieß die damalige Aktion, durch die über Bildungsmöglichkeiten sowie den Zugang zu weiterführenden Schulen informiert und zu deren Besuch ermutigt wurde. Darüber hinaus leistete die Gruppe praktische Unterstützung etwa durch Hausaufgabenbetreuung und die Organisation von Mitfahrgelegenheiten von abgelegenen Orten zur weiterführenden Schule. Erst mit der Zeit ist mir der größere Zusammenhang deutlich geworden, in dem diese Aktion eingebettet war. Es ging um Bildungswerbung und letztlich um die materielle Einlösung von Chancengleichheit für bisher benachteiligte Personengruppen, hier speziell für Kinder aus ländlichen Bereichen. Die Verwendung der Begriffe Chancengleichheit und soziale Ungleichheit stehen in einem engen Bezug zu Auffassungen von Gerechtigkeit, insbesondere mit Fragen der gleichen oder ungleichen Behandlung von Personen bezüglich der ihnen zugestandenen Rechte und sozialen Güter. Bezüglich elementarer Grundlagen besteht hierzu in modernen Gesellschaften weitgehend Konsens, der sich auch in Formulierungen des Grundgesetzes widerspiegelt. So ist gemäß dem Prinzip der formalen Gerechtigkeit zu fordern, Gleiches gleich zu behandeln, und es ist von der Grundüberzeugung auszugehen, dass alle Menschen von Natur aus gleich geboren sind. Natürlich ist dies nicht als empirische Aussage aufzufassen, sondern als die gemeinsam geteilte normative Annahme, dass alle Menschen von Geburt an grundsätzlich gleichberechtigt sind und für alle die gleichen Rechte und Pflichten in grundsätzlich allen Bereichen des Lebens gelten. Da soziale Ungleichheit damit nicht als naturgesetzmäßig gerechtfertigt angesehen werden kann, ist jede Ungleichbehandlung und jede ungleiche Verteilung sozialer Güter-auch von Bildungsgütern-rechtfertigungsbedürftig. Leitend in der Debatte über Chancengleichheit in der Schule und durch die Schule ist zumeist die in der Soziologie übliche Auffassung nicht-anteilsmäßige Quoten der Teilhabe im Vergleich zu den anteiligen Verhältnissen in der Gesellschaft als Nachweis sozialer Ungleichheit zu werten. Dabei werden heute zur Klassifizierung und Positionierung neben den klassischen Ungleichheitsmerkmalen wie Besitz und Einkommen, Verfügung über Produktionsmittel sowie Stellung im Produktionsprozess, Bildung, das Prestige und Ansehen, das Personen genießen, sowie-Bourdieu folgend-auch Merkmale des kulturellen und sozialen Kapitals berücksichtigt. Die festgestellten Ungleichheiten müssen nicht an sich ungerecht sein, sie sind aber zu hinterfragen und in jedem Fall rechtfertigungsbedürftig. H. Krüger et al. (Hrsg.
Die versäumte Gelegenheit zur Toleranz gegenüber den Juden
Mediaevistik, 2015
Die Christenheit hatte vom Anfang ihrer Geschichte an, und sie hat, auch in ihrer säkularisierten Form, bis heute ein Problem mit den Juden und dem Judentum. Sie hat deshalb den Juden nicht nur Probleme gemacht. Sie hat ,die Juden‘ immer wieder kritisiert, diffamiert, ausgegrenzt, malträtiert und – gipfelnd im unauslöschlichen Makel des Holocaust – versucht, die störende Minderheit auszurotten.
Europäisierte Chancengleichheit?
Berliner Journal für Soziologie, 2009
Zusammenfassung: die europäische union hat die Idee einer nationalstaatlich begrenzten gleichheit der bürger durch die Idee einer europäischen gleichheit aller Marktbürger ersetzt: Alle bürger der eu können in jedem land der eu arbeiten. Auf der basis einer Auswertung einer 2006 in deutschland durchgeführten repräsentativen bevölkerungsbefragung geht der beitrag der Frage nach, ob und in welchem Maße die Idee des gleichen Zugangs zu den nationalen Arbeitsmärkten von den bürgerinnen und bürgern geteilt wird. unsere deskriptiven befunde zeigen, dass die europäisierung der Arbeitsmärkte bei den meisten bürgerinnen und bürgern der bundesrepublik eine hohe Zustimmung findet, auch wenn die Zustimmung je nach nationaler Herkunft und Qualifikationsgrad eines ausländischen EU-Arbeitnehmers schwankt. Die aggregierten Befunde können aber mögliche sozialstrukturelle Spaltungslinien verdecken, die sich durch die bevölkerung ziehen. der Artikel untersucht deshalb, ob sich je nach Interessenlage und sozialstruktureller Position der befragten unterschiedliche einstellungen zur Idee der europäisierung der Arbeitsmärkte ergeben. die Kausalanalysen zeigen, dass die arbeitsmarktbezogenen Personenmerkmale insgesamt keine stark politisierbaren Konfliktlinien erwarten lassen, weil ihr Einfluss auf die einstellung zur europäisierten gleichheitsidee nicht existent bzw. sehr gering ist.
Der Wert ungleicher Lösungen: Wider ein unangebrachets Äquivalenzdenken
Quo Vadis, Rechtsübersetzung, 2017
Das Problem, das bereits seit langer Zeit all jene beschäftigt, die über das Übersetzen nachdenken, ist die Frage nach der Beziehung zwischen dem Ausgangstext und dem Zieltext, wofür meist der Begriff der Äquivalenz verwendet wird. Im Folgenden soll dieser Begriff für das Übersetzen von Rechtstexten in Frage gestellt und durch den Begriff des Kontextes ersetzt werden. Zwei Thesen sollen dafür zu Beginn der Ausführungen aufgestellt werden: 1. Es gibt keine Äquivalenz bei Rechtstexten in unterschiedlichen Sprachen 2. Kontext ist das bessere begriffliche Instrument für die Translation im Recht Diese Thesen werden im Folgenden anhand einer Beschreibung ihrer Funktion im Rahmen des Übersetzens von Rechtstexten auf ihre Nützlichkeit überprüft.
Ungleiche Verteilungen und ungleiche Chancen
Gesellschaftliche Entwicklungen im Spiegel der empirischen Sozialforschung, 2010
Sechzig Jahre Ungleichheitsentwicklung nachzeichnen zu wollen ist in diesem begrenzten Rahmen ein fast unmögliches Unterfangen. Es erfordert von vorneherein Einschränkungen im Gegenstandbereich. Zum ersten blende ich die Entwicklungen in der DDR vor dem Beitritt 1990 aus. Zum zweiten konzentriere ich mich im Hinblick auf die betrachteten Ungleichheitsdimensionen auf diejenigen Dimensionen, für die ich, erstens, mit guten Gründen eine konstant hohe Bedeutung für die Ungleichheitsstruktur insgesamt annehmen kann, und die, zweitens, geeignet sind, Einflüsse wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels auf die Ungleichheitsstruktur widerzuspiegeln. Dies gilt wohl unbestritten einerseits für Geld in Form von Einkommen und Vermögen und andererseits für Erwerbsbeteiligung und die berufliche Positionierung. Trotz einiger Abgesänge auf die Arbeitsgesellschaft bereits vor einigen Jahrzehnten (Gorz 1983) und trotz des vielbeschworenen "Fahrstuhleffekts" (Beck 1986) der gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung bilden beide Bereiche wohl unbestritten immer noch den Kern der Ungleichheitsstruktur und der Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe auch in anderen Lebensbereichen. Allerdings muss bei einer Betrachtung längerfristiger Entwicklungen bedacht werden, dass sich die Bedeutung einzelner Ungleichheitsdimensionen ändern kann. Bei den Einkommen gilt es die Relation zwischen Individuellem Arbeitseinkommen und dem Äquivalenzeinkommen zu beachten, bei beruflichen Positionen im Zusammenhang mit der Destandardisierung von Beschäftigung neben den üblichen Gratifikationen auch die Entwicklung von damit verknüpften Anforderungen und Belastungen Schließlich soll, als wesentliche Vorbedingung für den Zugang zu Geld und Beruf, als weitere zentrale Ungleichheitsdimension der Zugang zu (höherer) Bildung betrachtet werden. Die Betrachtung dieser Ungleichheiten über die historische Zeit orientiert sich an drei Fragen: 1. Wie entwickelt sich das Gesamtvolumen dessen, was verteilt werden kann?