Frederick Serving Fruit. Die Zukunft und soziale Verantwortung des postkolonialen Museums (original) (raw)

Das Unbehagen im Museum. Postkoloniale Museologien

Das Unbehagen im Museum. Postkoloniale Museologien Hg. von schnittpunkt, Belinda Kazeem, Charlotte Martinz-Turek, Nora Sternfeld, Turia + Kant, Wien 2009. Mit Beiträgen von Martina Griesser-Stermscheg, Araba Evelyn Johnston-Arthur, Serhat Karakayali, Jens Kastner, Belinda Kazeem, Christian Kravagna, Brigitta Kuster, Nicola Lauré al-Samarai, Charlotte Martinz-Turek, Peggy Piesche, Barbara Plankensteiner, Nora Sternfeld, Françoise Vergès, Marion von Osten, Regina Wonisch. Lektorat: Persson Perry Baumgartinger, Übersetzung: Barbara Schröder Entstanden in Kooperation mit translate. Beyond Culture: The Politics of Translation (translate.eipcp.net) Ethnologische Museen sind in den letzten Jahren international vor dem Hintergrund der postcolonial studies und des reflexive turn in der Museumstheorie zunehmend in ihrem Selbstverständnis diskutiert worden und in den Blick öffentlicher Kritik geraten. Einerseits wurden museale Repräsentationen und exotisierende Fremdzuschreibungen radikal in Frage gestellt, andererseits waren es auch Rückforderungsansprüche, die Thema einer immer lauter werdenden Debatte um die Rechtmäßigkeit der Bestände westlicher Museen wurden. Der Sammelband vereint Texte, die sich mit den Implikationen der Debatten in den postcolonial studies für die Ausstellungstheorie auseinandersetzen, und fragt nach Handlungsräumen, die sich aus dieser Kritik am Museum ergeben.

Postkoloniale Volkskunde. Eine Annäherung über das Museum.

Groschwitz, Helmut: Postkoloniale Volkskunde. Eine Annäherung über das Museum. In: Rolshoven, Johanna; Schneider, Ingo (Hrsg.): Dimensionen des Politischen. Ansprüche und Herausforderungen der Empirischen Kulturwissenschaft. Berlin: Neofelis Verlag 2018, S. 263-277.

Das Geschäft mit den Dingen. Der Nahversorger im Museum / Ein Bericht über eine Ausstellung als Prozess

Neues Museum, 2016

Klimesch - Das Geschäft mit den Dingen Der Nahversorger im Museum Eine Ausstellung als Prozess - Volkskundemuseum Wien Fr, 24.04.2015 – Do, 31.12.2015 Im Rahmen eines längerfristigen Ausstellungsprojekts zeigte das Volkskundemuseum Wien bis Ende Oktober 2015 das Sortiment des Haushalts- und Eisenwarengeschäftes Klimesch. Nun macht Klimesch Pause - und kommt wieder. Wir melden uns rechtzeitig. Zwischen der Firma Klimesch und dem Museum bestand eine jahrzehntelange enge Geschäftsbeziehung. Herr Klimesch, dessen Geschäft sich in der Nachbarschaft des Museums befand, versorgte das Museum mit Waren aller Art: Glühbirnen, Schrauben, Werkzeug und mit dem, was sonst noch alles im Museumsalltag gebraucht wurde. Als die Handlung im Jahr 2013 schloss, kaufte das Volkskundemuseum den Restbestand der Waren in Bausch und Bogen – einschließlich der Regale und Geschäftsmöbel. Das Thema der aktuellen Ausstellung ist das Verhältnis der Menschen zu den Dingen im Alltag. Es geht aber auch um die Frage, wie Konsum, Produktion und Handel die Beziehungen zwischen den Menschen untereinander regeln. Nicht zuletzt geht es auch um die Rolle, die ein Museum im Umgang mit den Dingen spielen kann und soll. Das Museum ist selbst ein Umschlagplatz für Dinge und Wissen. Wie in einem Gemischtwarenladen werden hier Geschichte und Gegenwart verhandelt. Die Ausstellung versteht sich als Beitrag zur Diskussion unserer materiellen Kultur und der Funktion von Museen. Nicht nur die Konzeption, auch die Ausstellung selbst ist ein offenes Experiment zum prozessualen Ausstellungsmachen – die im April eröffnete Schau wandelt sich mit dem Eingreifen der BesucherInnen ständig und entwickelt sich weiter. Die Objekte stehen nicht in Vitrinen, sondern agieren in einem Objekttheater, in dem Berühren erlaubt und Mitspielen erwünscht ist! Vermittlungsprogramm Bei der Vermittlung der Ausstellungsinhalte wird mit Dingbiographien, pantomimischen Gebrauchsanleitungen, spielerischem Warentausch und Aspekten der Marktforschung gearbeitet werden. Hier Geht es zum Vermittlungsprogramm! Rahmenprogramm Die "offene Ding-Akademie" Sie versteht sich als Nahversorgung für alle mit Wissen, Ideen, Diskussionsangeboten und politischen Perspektiven. Diese werden hier gemeinsam geboren, durchdacht, gefüttert und wieder verworfen. Die "offene Ding-Akademie" ist darüber hinaus ein Ort des Handelns: Es können ganz konkrete Eingriffe in die Ausstellung geplant und getätigt werden. Dinge können gegen Geschichten und andere Werte getauscht oder mit einer persönlichen Geschichte ins Museum eingebracht werden. Handlungsnotwendigkeiten und Handlungsspielräume werden geschaffen und vielleicht wieder zur Seite gestellt. Mit der "offenen Ding-Akademie" entwickeln wir gemeinsam eine Utopie für neue Formen der Wissensproduktion, in welchen die Dinge, die uns umgeben auch ein Wörtchen mitsprechen. Die Angebote der "offenen Ding-Akademie" bestehen aus gemeinsamer Lektüre, Dingperformances, Podiumsdiskussionen, Workshops und dem Austausch mit ExpertInnen unterschiedlichster Lebenslagen und ihrem jeweiligen Wissenssortiment. Jeder Veranstaltungsbesuch bringt den TeilnehmerInnen je nach Aktivierungsgrad eine bestimmte Anzahl von Punkten, die in einem Studienbuch verzeichnet werden. Selbstverständlich wird am Ende der gesamten Ausstellung feierlich ein Diplom verliehen. Die "offene Ding-Akademie" lädt alle zum Mitdenken, Mitspielen, Mitutopisieren ein, besondere Vorkenntnisse werden dabei nicht benötigt! Idee: Matthias Baitl Kuratorische und dramaturgische Leitung: Herbert Justnik

Postkoloniale Identitäten in radikalen Räumen. Eine raumorientierte Neuerfindung der Museen im Spiegel ihrer gesellschaftlichen Verantwortung

2022

Der folgende Text ist eine erweitere und überarbeitete Fassung eines Vortrags, den ich am 23. Juni 2022 im Deutschen Technikmuseum im Rahmen des zweiten Symposiums Museumsrunde Berlin zum Thema Identität schaffen hielt. Angesichts des heute allgegenwärtigen durchrationalisierten und kommerzialisierten Funktionsraums sowie der stadt-und kulturpolitischen Fortschreibung kolonialer Raumordnungen plädierte der Vortrag für eine neue Radikalität des musealen Raums, in dem sowohl die Identität des Museums in postmigrantischen Gesellschaft(en) neu ausgehandelt wird als auch Besucher:innen und sonst unsichtbare Akteur:innen ihre Identität(en) neu (er-)finden können. Erst durch eine radikale (gegenhegemoniale) Raumordnung kann ein durchgreifende postkoloniale Neuperspektivierung gelingen.

Das Humboldt Lab. Museumsexperimente zwischen postkolonialer Revision und szenografischer Wende

transcript Verlag (=Edition Museum), 2019

Das Humboldt Lab schloss an einen kuratorischen Trend der Einbeziehung von Künstlern in die Ausstellungsproduktion und Vermittlungsarbeit historischer Museen als ›alternative Experten‹, ›bessere Kuratoren‹ und ›kritische Freunde‹ an. Es handelt sich um eine kuratorische Strategie der jüngeren Museologie, bei der Kunstinstallationen und -interventionen als Instrument dekolonialer Blickkorrekturen der Museen dienen. Es geht um die Auflösung negativer Stereotype, die Auffächerung der Perspektiven (›Multiperspektivität‹) und um ›geteilte Zugänge‹ (Kooperation mit Künstlern und Wissenschaftlern aus den Herkunftsgesellschaften der gesammelten Objekte). Ich möchte in Analogie zu ›decolonizing the gaze‹ den Oberbegriff Demusealisierung des Blicks vorschlagen, denn die Kurskorrektur lässt das ›Museale‹ demonstrativ hinter sich. In Berlin ist kein ›Humboldt Museum‹ entstanden. This paper in an investigation of the Humboldt Lab Dahlem (Berlin, 2012–2015) and distinguishes itself from the majority of sociological studies on laboratories by focusing on the concept of a cultural laboratory. Latour and Woolgar’s Laboratory Studies investigates laboratories and laboratory systems in science and technology studies as places to construct and transfer knowledge. In the Humboldt Lab, however, anthropologists and Cultural Studies scholars are laboratory assistants as well as test persons. The following study considers the Humboldt Lab as a cross-disciplinary experimental space, which exists between science, art and scenography. It also examines the process of current transformation in museum and exhibition management in the context of the Scenographic Turn, and discusses the role of postmodern artists in changing institutions and altering knowledge- and working-practices. The Humboldt Lab Dahlem provides a window through which to view both the design processes of the Humboldt Forum during the lab era and the wide-spread revolution taking place in museum culture: Museums are shifting from „collection-driven institutions to visitors-centered museums” (Gail Anderson) and have been transformed into „battlegrounds for the disputation of various individual agendas and state ideologies” (Kylie Message). The study combines project evaluation and discourse analysis. I theorize that the Humboldt Lab Dahlem illustrates the complicity between the postmodern and poststructuralist deconstruction of identity (prototypically embodied in artists as global nomads and “agents of change”) and neoliberal concepts of flexibility and deinstitutionalization. The analysis shows that contemporary art was not only an integral element of the anti-disciplinary and transcultural Humboldt Lab, but that even the role of the Lab was described with stereotypes of critical intervention art (it was about critical questioning, breaking up of structures, production of productive irritation, etc.). Artists played key roles at various levels in the Lab: serving, for example, as mediators (providing translation; negotiating “between cultures” and between different academic disciplines, different media, etc.) and as critics (against the display and representation of colonial collections; against existing working practices and the cultural civil servant “mindset”). By emphasizing contemporary art, the Lab era seems to be the most exciting period in the planning process of the Kulturschloss (Culture Castle) because of the openness of content, as well as form. The Humboldt Lab Dahlem can be characterized as a “creative laboratory” (Rolfe Bart), and it gives a strong indication of the growing importance of scenography, storytelling and marketing strategies in museum culture in recent years. In the past, culture has been opulently staged (for instance in the baroque era), but now both the scenery and the content, theory and authenticity are perceived as design tasks and are being generated (“constructed”) in structured (laboratory) processes. An irony is that the Lab, which took its name from the world-famous Humboldt brothers, stands for the commercialization of the cultural heritage and for a departure from Humboldt’s ideal of the bourgeois educational institution and “Freistätte” of art and science.